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Experten warnen vor Fracking

Jens Thurau31. Juli 2014

Fracking auch in Deutschland? Das Umweltbundesamt (UBA) macht in einem Gutachten klar: Die Risiken der Gasförderung aus tiefen Gesteinsschichten sind zu groß.

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Anlage zum Fördern von Schiefergas in Polen (Foto: JANEK SKARZYNSKI/AFP/Getty Images)
Bild: Janek Skarzynski/AFP/Getty Images

Maria Krautzberger ist sich sicher: "Wir brauchen in Deutschland das Fracking-Gas nicht", sagt die neue Präsidentin des Umweltbundesamtes (UBA), die erst seit Mai auf dem Chefsessel der Bundesfachbehörde sitzt. Vor ihr liegt ein 600 Seiten starkes Gutachten ihres Hauses, dass sich mit den Risiken der umstrittenen Methode befasst, Gas aus tiefen Gesteinsschichten zu fördern. Krautzbergers Zusammenfassung lautet: Die Gefahren für die Umwelt sind zu groß, das Fracking sollte in Deutschland zwar nicht verboten, aber durch harte Auflagen praktisch unmöglich gemacht werden. Und gegen ein generelles Verbot ist die resolute neue UBA-Chefin nur deshalb, weil es wohl rechtlich schwer durchsetzbar wäre.

Beim Fracking wird ein Gemisch aus Wasser und Chemikalien unter hohem Druck in die Erde gepresst und sprengt das im tiefen Gestein, etwa im Schiefer, gebundene Gas frei, dass dann gefördert werden kann. Vor allem in den USA hat es zuletzt einen wahren Fracking-Boom gegeben. Die Amerikaner konnten ihre Abhängigkeit von Energieimporten drastisch senken - und auch ihren Ausstoß an Treibhausgasen: Gas ist bei der Verbrennung weniger klimaschädlich als etwa Kohle. Kritiker befürchten aber vor allem, dass die Chemikalien in das Grundwasser gelangen könnten.

Maria Krautzberger (Foto: Jan Woitas/dpa)
Krautzberger: "Unser Land sollte sich stärker auf umweltfreundlichere Energieformen konzentieren"Bild: picture-alliance/dpa

Gesetz kommt im Herbst

Und deshalb hat das Fracking in Deutschland kaum Freunde: Vor einigen Wochen haben die beiden SPD-Minister Sigmar Gabriel (Wirtschaft) und Barbara Hendricks (Umwelt) ein Eckpunktepapier vorgelegt. Kernpunkt: Spätestens im Herbst wollen sie ein Gesetz vorlegen, dass das Fracking von Schiefergas bis zu einer Tiefe von 3000 Metern zunächst bis 2021 ganz untersagt und nur unter strenger Auflagen zu Forschungszwecken erlaubt. In der CDU-Fraktion gibt es zwar einige Befürworter der Methode, aber allgemein wird erwartet, dass sich Wirtschafts - und Umweltministerium mit ihrer Sicht in der Regierung durchsetzen. Die Tiefe von 3000 Metern ist dabei gut gewählt. Alle Schiefergasvorkommen, die halbwegs wirtschaftlich förderbar wären, liegen in Deutschland in einer Tiefe zwischen 1000 und 2500 Metern.

Das Gutachten des Umweltbundesamtes unterstützt die kritische Sicht: "Fracking ist und bleibt eine Risikotechnologie, und braucht daher enge Leitplanken zum Schutz von Umwelt und Gesundheit", erklärte Maria Krautzberger jetzt. So eng sind die Leitplanken, dass sich kein Unternehmen noch trauen wird, einen Antrag zu stellen.

Debatte um Schiefergasförderung

"Kein Heilsbringer für den Umweltschutz"

Wer es dennoch versucht, soll nach Ansicht des UBA eine umfängliche Umweltverträglichkeitsprüfung vorlegen. In Wasserschutzgebieten soll das Fracking sowieso ganz verboten werden. Und natürlich auch in Naturschutzgebieten oder in der Nähe von Seen oder Talsperren. Und dass etwa die USA ihre Klimabilanz durch das Fracking verbessert haben, ist für die UBA-Präsidentin auch kein Grund: "Die Fracking-Technik ist kein Heilsbringer für den Klimaschutz, der uns den Umstieg auf die erneuerbaren Energien erleichtern kann. Es wäre besser, unser Land konzentrierte sich stärker auf nachweislich umweltfreundliche Energieformen", erklärt Krautzberger lapidar. Und weist noch auf eine weitere Gefahr hin: Die Flüssigkeit, die wieder an die Erdoberfläche kommt, kann - so befürchten UBA-Experten - neben den toxischen Chemikalien selbst andere giftige Stoffe aus dem Erdinneren ans Tageslicht bringen, "etwa Schwermetalle, aromatische Kohlenwasserstoffe oder örtlich sogar radioaktive Substanzen".

Andere Länder setzten dagegen auf das Fracking. Polen will möglichst rasch seine tiefen Gasvorkommen fördern, um die Abhängigkeit von russischem Gas zu verringern (im Artikelbild eine Anlage der US-Firma Chevron in Polen). Und die britische Regierung will das Freisprengen des Tiefengases in außergewöhnlichen Fällen sogar in Nationalparks erlauben.