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Eurokrise: Russen befürchten Übergreifen

Bernd Johann, Tatyana Senik14. September 2012

Viele Russen machen sich Sorgen, dass die EU-Schuldenkrise eine Wirtschaftskrise in Russland auslösen könnte. Das könnte auch die Protestbereitschaft im Land verstärken, wie der DW-Trend für Russland zeigt.

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Euro-Banknoten und Rubel-Banknoten. (Foto: RIA Novosti)
Bild: RIA Novosti

Fast zwei Drittel (63 Prozent) der russischen Bürger befürchten, dass die EU-Schuldenkrise eine Wirtschaftskrise in Russland auslösen könnte. Dies ergibt der aktuelle DW-Trend für Russland. Dafür hat das ukrainische Büro des Markt- und Meinungsforschungsinstituts IFAK im Auftrag der Russischen Redaktion der Deutschen Welle 1000 Russen vom 20. August bis 3. September 2012 repräsentativ befragt.

Auch wenn viele Menschen in Russland ein Übergreifen der EU-Schuldenkrise auf die russische Wirtschaft befürchten, überwiegt das Vertrauen in die wirtschaftliche Kompetenz der eigenen Regierung. So geben in dem aktuellen DW-Trend 51 Prozent der Befragten an, dass sie glauben, die russische Regierung sei in der Lage, eine Wirtschaftskrise zu bewältigen. 33 Prozent sind hingegen skeptisch, was die wirtschaftliche Lösungskompetenz ihrer Regierung angeht.

Infografik DW-TREND September 2012 (Grafik: DW)

In der jüngeren Generation ist das Vertrauen in die Wirtschaftskompetenz der Regierung größer als unter den älteren Menschen. Bei den 18- bis 29-Jährigen meinen 56 Prozent, die russische Regierung werde eine Wirtschaftskrise in den Griff bekommen. Unter den 40- bis 49-Jährigen sind nur noch 46 Prozent dieser Überzeugung.

Dieser relativ große Vertrauensvorschuss bedeutet für die Regierung aber auch eine Herausforderung. Denn gerade wirtschaftliche Probleme könnten die Bürger zu neuen Protesten auf die Straßen führen, wie der DW-Trend belegt. Unter den russischen Bürgern überwiegt die Einschätzung, dass die Protestbereitschaft auch im Herbst unverändert bleibt. 44 Prozent der Befragten sind dieser Ansicht. Der Anteil derer, die von einer Zunahme der Protestbereitschaft ausgehen, liegt bei 22 Prozent, während 20 Prozent eher mit einer Abnahme rechnen. Hier zeigt sich damit ein eher ausgeglichenes Verhältnis.

Infografik DW-TREND September 2012 (Grafik: DW)

Tatsächlich wäre allerdings derzeit nur jeder Zehnte bereit, selbst an Protesten teilzunehmen. Dabei ist die Protestbereitschaft weniger ein Phänomen der jüngeren Generation. Denn während sich unter den 18- bis 29-Jährigen acht Prozent vorstellen können bei Protesten mitzuwirken, sind dies unter den 40- bis 49-Jährigen mit 14 Prozent fast doppelt so viele. Eine mögliche Erklärung: Insbesondere die ältere Generation musste viele Enttäuschungen erleben.

Infografik DW-TREND September 2012 (Grafik: DW)

Dabei spielen wirtschaftliche Forderungen eine weitaus größere Rolle als Forderungen nach Demokratie und Menschenrechten. Denn nur 14 Prozent der Befragten geben an, dass politische Missstände wie zum Beispiel Wahlfälschungen, Verfolgung von Regimekritikern, Einschränkung von Menschenrechten sie zur Teilnahme an Demonstrationen motivieren könnten. 64 Prozent könnten sich jedoch vorstellen, wegen wirtschaftlicher Missstände wie überzogener Preiserhöhungen, sozialer Ungerechtigkeit oder dem Abbau sozialer Leistungen an Protestaktionen teilzunehmen.

Der DW-Trend vom September 2012 zeigt damit sehr deutlich: Die russischen Bürger haben zwar Vertrauen in die Regierung unter Präsident Wladimir Putin. Sie glauben jedenfalls, dass die Führung ihres Landes negative Auswirkungen der EU-Schuldenkrise bewältigen könnte. Aber gerade im wirtschaftlichen Bereich ist auch die Proteststimmung unter der Bevölkerung sehr ausgeprägt. Wenn Putin dem Vertrauen nicht gerecht werden kann, dass große Teile der Bevölkerung in seine Wirtschaftskompetenz haben, dann droht nicht nur der Wirtschaft des Landes ein erheblicher Schaden, sondern auch der Regierung Putins.