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Sanktionen gegen Janukowitsch möglich

Bernd Riegert21. Februar 2014

Im Prinzip hat die EU Sanktionen gegen die ukrainische Führung beschlossen. Wen genau die Einreiseverbote und Kontosperren treffen sollen, ist noch unklar. Sie sind ein Druckmittel für die EU-Unterhändler in Kiew.

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Catherine Ashton in Brüssel (Foto: AP)
Sanktionen ohne konkrete Angaben: Lady Catherine Ashton in BrüsselBild: picture alliance / AP Photo

Die hauptsächliche Verantwortung für die Eskalation der Lage in der Ukraine liege bei Präsident Viktor Janukowitsch, sagte die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton nach stundenlangen Beratungen der meisten EU-Außenminister in Brüssel. Deshalb müsse Janukowitsch einer politischen Lösung der Krise zustimmen, forderte die EU-Chefdiplomatin in einer knappen Stellungnahme vor der Presse.

Die Europäische Union hat Sanktionen gegen all jene verhängt, die für Gewalttaten und Menschenrechtsverletzungen gegen Demonstranten und Sicherheitskräfte verantwortlich gemacht werden können. Diese Personen sollen mit Einreiseverboten und einem Einfrieren ihrer Konten und Vermögenswerte in der Europäischen Union bestraft werden. Wer diese Personen sein sollen und wann die Sanktionen genau in Kraft treten, blieb aber noch offen.

Sanktionen können je nach Entwicklung umgesetzt werden

Catherine Ashton erläuterte, die Umsetzung der Sanktionen sei Arbeitsgruppen übertragen worden und sie hänge von der weiteren Entwicklung in Kiew ab. "Die Minister im Rat waren wirklich alarmiert und geschockt von der Gewalt, die sich in Kiew entfaltet. Das wird unser weiteres Handeln bestimmen", sagte Lady Ashton. Mit der politischen Einigung auf Sanktionen in Brüssel soll den EU-Vermittlern, die zwischen Regierung und Opposition in Kiew pendeln, offenbar der Rücken gestärkt und der Druck auf die ukrainische Führung erhöht werden.

Bis in die frühen Morgenstunden (Ortszeit) berieten am Freitag in der ukrainischen Hauptstadt noch die Außenminister aus Deutschland und Polen, Frank-Walter Steinmeier und Radoslaw Sikorski, mit Staatspräsident Viktor Janukowitsch. An Gesprächen nähmen auch Oppositionsführer, der Parlamentspräsident und Abgeordnete teil, hieß es. Der französische Außenminister Laurent Fabius, am Donnerstag ebenfalls mit Steinmeier und Sikorski in Kiew unterwegs, flog inzwischen nach Angaben aus Delegationskreisen für eine länger geplante Reise nach China. Nach Angaben des ukrainischen Präsidialamts wurde eine Vereinbarung zur Lösung der Krise getroffen, die am Mittag unterzeichnet werden soll. Seitens der anderen Verhandlungspartner gab es dazu noch keine Stellungnahme.

Der niederländische Außenminister Frans Timmersmans äußerte die Hoffnung, Janukowitsch sei zu einem "Vergleich" mit den EU-Vermittlern bereit. "Er soll eine Übergangsregierung bilden, er soll die Verfassung reformieren und freie und faire Wahlen ermöglichen." Nachrichtenagenturen berichteten am Donnerstag, der ukrainische Präsident könnte Neuwahlen noch in diesem Jahr akzeptieren. Sie berufen sich auf Äußerungen des polnischen Premierministers Donald Tusk in Warschau. Sein Außenminister Sikorski sprach in Kiew von "Fortschritten". Viele Probleme seien aber noch ungelöst.

EU-Außenminister und Präsident Janukowitsch an einem Tisch (Foto: picture alliance)
Schwierige Verhandlungen: EU-Außenminister (r.) und Präsident Janukowitsch an einem TischBild: picture-alliance/dpa

Liste mit betroffenen Personen soll zügig erstellt werden

Parallel zu den laufenden Verhandlungen in Kiew bereiten die Botschafter der Europäischen Union eine Liste mit Personen vor, die für die Tötung von Demonstranten und Sicherheitskräften verantwortlich gemacht werden. Sanktionen gegen diese Personen könnten in ein oder zwei Tagen juristisch umgesetzt werden, sagte der niederländische Außenminister. Auf die Nachfrage eines Reporters, ob auch Präsident Janukowitsch auf dieser Schwarzen Liste stehen werde, antwortete Frans Timmermans: "Die Sanktionen können auf jeden angewendet werden, der sich schwerer Menschenrechtsverletzungen schuldig gemacht hat. Da machen wir keinen Unterschied zwischen hochgestellten und normalen Personen."

Die EU-Außenminister beauftragten ihre Botschafter vor Ort, Menschenrechtsverletzungen und Gewalttaten genau zu dokumentieren. Der niederländische Außenminister wollte nicht ausschließen, dass Prozesse vor dem Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag angestrengt werden könnten. "Das ist durchaus möglich. Die Verstöße gegen die Menschenrechte werden jetzt dokumentiert. Diese Dokumente kann man dann in Gerichtsverfahren verwenden. Das kann im Land, aber auch vor einem internationalen Gericht verwendet werden." Auf ein generelles Waffenembargo konnten sich die Minister in Brüssel nicht verständigen, wohl aber auf ein Exportverbot für Polizeiausrüstung wie Schlagstöcke, Tränengas oder Wasserwerfer.

Steinmeier und Sikorski mit Vitali Klitschko und Arseni Jazenjuk (Foto: picture alliance)
Steinmeier und Sikorski trafen in Kiew auch die Oppositionsführer Klitschko (r.) und JazenjukBild: picture-alliance/dpa

Vorwürfe Russlands werden zurückgewiesen

Catherine Ashton, die EU-Außenbeauftragte, forderte die Regierung in der Ukraine auf, mit größter Zurückhaltung vorzugehen und die Lage zu entschärfen. Die Opposition wurde gleichzeitig aufgefordert, "sich von jenen zu distanzieren, die radikale Aktionen und Gewalt wollen". Ashton machte aber klar, dass sie die hauptsächliche Verantwortung für die "inakzeptable Gewaltanwendung" bei der Regierung sieht. Sie habe die Pflicht, ihre eigenen Bürger zu schützen.

Der niederländische Außenminister Timmermans betonte, die EU wolle und müsse weiter mit Russland über das Schicksal der Ukraine sprechen. Russland und die EU hätten eine gemeinsame Verantwortung für die Stabilität des gemeinsamen Kontinents. "Auch wenn die Russen gerade nicht ans Telefon gehen oder sonst wie nicht mit uns sprechen wollen, werden wir weiter nach Kontakt suchen", kündigte Timmermans nach der Sitzung der Außenminister an.

Zuvor hatte der russische Außenminister Sergej Lawrow der EU vorgeworfen, sie erpresse die Ukraine. Auf die Frage eines russischen Journalisten, ob die EU nicht auch Mitschuld an der Eskalation der Gewalt in der Ukraine trage, weil sie gewalttätige Demonstranten unterstütze, reagierte die EU-Chefdiplomatin verärgert. "Ich bleibe dabei, dass es lächerlich ist, Dinge miteinander gleichsetzen zu wollen, die unterschiedlich sind, um daraus dann politische Schlussfolgerungen zu ziehen. Ihre Analyse weise ich zurück." Sie sei auf dem Maidan-Platz gewesen und könne sehr wohl beurteilen, von wem die Gewalt ausgehe, so Ashton.