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Strengerer Datenschutz

Martin Koch21. Oktober 2013

Datenschutz im Internet soll EU-weit einheitlich werden - und strenger. Bei 28 Mitgliedsstaaten ein schwieriges Unterfangen. Zudem kämpfen viele Unternehmen dagegen, manche sogar heftiger als Google und Facebook.

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Computertastatur und Vorhängeschloss (Foto: Fotolia)
Bild: Schlierner - Fotolia.com

Klick! Ein Häkchen macht den Unterschied: Damit signalisiert der Internet-Nutzer, ob er die Weitergabe seiner Daten erlaubt oder nicht. So soll es jedenfalls künftig europaweit gehandhabt werden, wenn es nach dem Willen der Datenschützer geht.

Nun beschloss in Straßburg der Ausschuss des Europaparlaments für "Bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres" (LIBE) einen Entwurf zur neuen Datenschutzgrundverordnung. Er ist gewissermaßen die Reaktion auf einen Vorstoß der EU-Kommission vom vorigen Jahr für mehr Datensicherheit.

In die richtige Richtung

Datenschützer sind sich länderübergreifend einig, dass eine Verschärfung der Richtlinien dringend erforderlich ist. Denn die virtuelle Realität sieht zurzeit so aus: Internetnutzer werden oftmals auf subtile Weise - und ohne es zu merken - gezwungen, ihre Daten weiterzugeben - aufgrund von Klauseln, die in seitenlangen "Allgemeinen Geschäftsbedingungen" versteckt sind, oder durch vorgegebene Grundeinstellungen.

Außerdem können Unternehmen, die ihren Hauptsitz nicht in der Europäischen Union haben, die Bestimmungen zum Datenschutz elegant umgehen. Oder sie suchen sich innerhalb der EU ein Land mit möglichst laxen Regelungen. Irland und Großbritannien sind deshalb besonders beliebte Firmensitz-Adressen.

Thilo Weichert (Foto: Markus Hansen ULD)
Weichert: "Am meisten profitiert der ganz normale Internetnutzer"Bild: ULD/Markus Hansen

Das soll durch EU-weit einheitliche Bestimmungen anders werden. Der LIBE-Ausschuss schlägt vor, dass es Internetnutzern erleichtert werden soll, persönliche Daten löschen zu lassen. Zudem sollten sie explizit zustimmen müssen, welche ihrer Daten von Unternehmen gespeichert werden dürfen. Und sie müssten ein Recht darauf haben zu erfahren, an welche Firmen, Behörden oder Geheimdienste ihre Daten weitergegeben wurden.

Für den Datenschutzbeauftragten des deutschen Bundeslandes Schleswig-Holstein, Thilo Weichert, gehen diese Maßnahmen in die richtige Richtung. Denn vor allem der normale Internetnutzer werde von ihnen profitieren: "Er hat dann eine bessere Möglichkeit, seine Rechte durchzusetzen und eine bessere staatliche Unterstützung durch Aufsichtsbehörden, Verbraucherverbände und auch durch die Gerichtsbarkeit."

Keine Fesseln mehr

Auch Benjamin Bergemann vom Verbraucherschutzverein "Digitale Gesellschaft" begrüßt die geplante Verschärfung der Richtlinien zum Wohle der Verbraucher. Der Datenschutz-Aktivist lobt besonders den in der neuen Datenschutzrichtlinie vorgesehenen Punkt "Daten-Portabilität": "Das heißt, dass ich meine Daten von einem Online-Dienst zum nächsten mitnehmen kann. Wenn ich also nicht mehr bei Twitter sein will, muss mir das Unternehmen alle Kontaktdaten in einer elektronisch zugänglichen Form übergeben, sodass ich mit ihnen zu meinem neuen Anbieter wechseln kann."

Benjamin Bergemann (Foto: privat)
Bergemann: "Google und Facebook sind nicht die schärfsten Gegner"Bild: Privat

Bisher sei es so, sagt Bergemann, dass viele sich nicht von ihren bisherigen Social-Media-Anbietern verabschieden, damit sie nicht "alle ihre persönlichen Daten und Freunde verlieren" und "wieder von Null anfangen" müssten. Dieses Gefesselt-Sein an einen Anbieter wäre künftig nicht mehr erlaubt.

Gravierende Schwachpunkte

In vielen Punkten geht der Vorschlag des LIBE-Ausschusses über den Entwurf der EU-Kommission hinaus und erntet Lob sogar von Kritikern. Allerdings enthält er auch einige gravierende Schwachpunkte, sagt Benjamin Bergemann.

So werde die sogenannte Profilbildung nicht strikt genug verhindert: Auch durch nicht-personalisierte Daten wie zum Beispiel die IP-Adresse des Computers seien Rückschlüsse auf Konsumverhalten, Vorlieben und besondere Interessen des Internetsurfers möglich.

Dieses sogenannte "Tracking" versetzt Unternehmen in die Lage, Werbung maßgerecht auf einen Internetnutzer zuzuschneiden. Dann taucht die Reklame immer wieder auf, selbst wenn er mittlerweile auf ganz anderen Seiten surft. Und, so Bergemann, genau diese harmlos erscheinenden Daten waren es, die von der Spionagesoftware "XKeystore" des US-Geheimdienstes NSA erfasst und ausgewertet wurden.

Überraschende Profiteure

Der Handel mit Internet-Daten ist ein Milliarden-Geschäft. Suchmaschinen wie der Marktführer Google oder soziale Netzwerke wie Facebook und Twitter generieren ein schier unerschöpfliches Reservoir an Daten, die gewinnbringend vermarktet werden können. So hat zum Beispiel der Google-Konzern im dritten Quartal dieses Jahres aus einem Umsatz von fast 15 Milliarden US-Dollar einen Reingewinn von drei Milliarden Dollar erzielt.

Gerade der Suchmaschinen-Gigant steht immer wieder in der Kritik, weil er Daten seiner Nutzer automatisch in andere Sparten des Unternehmens überträgt, zum Beispiel in das konzerneigene soziale Netzwerk Google+.

Europaparlament will mehr Datenschutz

Umso mehr überrascht, dass es gar nicht Google, Facebook und andere Internet-Unternehmen sind, deren Lobbyisten besonders energisch gegen die verschärften Datenschutzpläne schießen: "Das sind vor allem ganz traditionelle Modelle wie die deutschen Adresshändler, außerdem Banken und Versicherungen, die ein Interesse daran haben, möglichst viel über die Liquidität ihrer Kunden zu erfahren", sagt Benjamin Bergemann von der "Digitalen Gesellschaft". Je strenger die Privatsphäre geschützt werde, desto schwieriger sei es für diese Unternehmen, an gewinnbringende Verbraucherdaten zu gelangen. Facebook und Google seien zwar auch betroffen, so Bergemann, aber die arbeiteten von vornherein mit der Zustimmung ihrer Kunden, sodass sie von schärferen Regelungen nicht betroffen wären.

Drastische Strafen

Trotzdem ist es nach Ansicht von Thilo Weichert wichtig, dass eine EU-weite Datenschutzgrundverordnung künftig auch die Zuständigkeit bündelt. Dadurch hätten die Bürgerinnen und Bürger klare Ansprechpartner und Unternehmen müssten befürchten, dass angedrohte drastische Strafen auch tatsächlich angewendet werden.

Im aktuellen Entwurf der Richtlinie steht als Höchstsatz ein Betrag von fünf Prozent des Jahresumsatzes oder 100 Millionen Euro. Das zahlt nicht mal der Suchmaschinen-Krösus Google einfach so aus der Portokasse.