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EU droht Bosnien mit Annäherungsstopp

12. April 2013

Grund dafür ist die noch immer gesetzlich festgeschriebene Diskriminierung von Minderheiten in Bosnien. Ohne einen Beschluss in dieser Frage werde es keinen Weg in die EU geben, sagte Erweiterungskommissar Füle.

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Stefan Füle (Foto: dapd)
Stefan FüleBild: dapd

Bei einem Besuch in Sarajevo drohte EU-Erweiterungskommissar Stefan Füle (Artikelbild) Bosnien-Herzegowina damit, den Annäherungsprozess an die Europäische Union bis auf weiteres zu stoppen. Das Land sei bis heute der Forderung der EU nach einem Abbau der in der Verfassung festgeschriebenen politischen Diskriminierung von Minderheiten wie Juden, Roma und anderer nationaler Gruppen nicht nachgekommen, sagte Füle vor Journalisten. Ohne einen Beschluss in dieser Frage werde der europäische Weg von Bosnien-Herzegowina eingefroren. Füle forderte die politischen Parteien in Bosnien auf, umgehend eine Lösung zu finden. Ein Ultimatum der Europäischen Union für die Reform des Minderheitenrechtes war am Donnerstag abgelaufen.

Belastendes Erbe des Friedensvertrags von Dayton

Füle bezog sich mit seinen Aussagen auf eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) aus dem Jahr 2009. Darin hatte das Gericht Bosnien vorgeworfen, Minderheiten zu diskriminieren. Eine Regelung aus dem international verhandelten Friedensvertrag von Dayton 1995 erlaubt es nur Mitgliedern der Volksgruppen der Serben, Kroaten und Muslime, Mandate im Oberhaus des Parlaments oder im dreiköpfigen Staatspräsidium zu übernehmen. Wer einer ethnischen Minderheit angehört, kann diese Ämter nicht erhalten. Dieser ethnische Proporz wurde im Friedensvertrag von Dayton als Mittel gesehen, alle Seiten zufriedenzustellen. Mit dieser Regelung verstößt Bosnien allerdings gegen die europäische Menschenrechtskonvention.

EU-Kandidatenstatus in weiter Ferne?

Die Verfassungsänderung zum Minderheitenrecht ist die letzte verbliebene Bedingung der Europäischen Union, die Bosnien noch erfüllen muss, bevor der Status eines Beitrittskandidaten verliehen werden kann. Das Land hoffte bislang, noch in diesem Jahr offiziell den Antrag auf Beitritt zur EU stellen zu können.

Füle forderte die politischen Parteien in Bosnien auf, umgehend eine Lösung zu finden. Eine neue Frist für die Reform des Minderheitenrechts werde nicht gesetzt, fügte Füle an. Ob den Parteien des Landes in dieser Frage ein Kompromiss gelingen wird, ist unklar. Zu unterschiedlich sind die Vorstellungen darüber, welche Verfassungsänderungen das Urteil des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte erfordert. Während die serbischen Politiker diese Änderungen auf ein Minimum beschränken wollen, drängen die bosniakischen Parteien auf tiefgreifende Reformen. Die Kroaten vertreten eine andere Haltung: Sie wollen das Urteil dazu nutzen, ihren politischen Einfluss im Land zu erhöhen.

qu/kle (afp, rtre)