1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

EU bremst Biosprit aus

17. Oktober 2012

Die Europäische Kommission geht auf Distanz zu den einst hochgelobten Biokraftstoffen der ersten Generation. Für deren Verbrauch sollen weniger Anreize gesetzt werden.

https://p.dw.com/p/16ROW
Zapfhahn vor einer Zapfsäule mit der Aufschrift 'Ethanol' (Foto: dapd)
Bild: dapd

Nach energischen Protesten von Klimaschützern und Entwicklungshelfern senkt die Europäische Union ihre Quote für Biokraftstoffe auf Nahrungsmittelbasis. Ihr Anteil an erneuerbaren Energien bis zum Jahr 2020 soll im Verkehrssektor von zehn auf fünf Prozent zurückgefahren werden, wie die EU-Kommissare für Energie und Klimaschutz, Günther Oettinger und Connie Hedegaard, in Brüssel mitteilten.

Die übrigen fünf Prozent sollen demnach aus Biokraftstoffen der zweiten Generation kommen, die zum Beispiel aus Abfall, Algen oder Stroh gewonnen werden können. "Alles andere wäre nicht nachhaltig", begründete Hedegaard die Kurskorrektur. Hintergrund seien die alarmierenden Ergebnisse aktueller Studien, wonach die Klimabilanz von Biosprit in der Gesamtschau nicht zwingend besser ausfällt als die herkömmlicher Treibstoffe. Etwa dann, wenn zur Produktion von Biokraftstoffen bestehende Anbauflächen für Nahrungs- und Futtermittelpflanzen umverlagert und dafür an anderer Stelle Wälder gerodet werden. In diesem Fall könne Biosprit - obwohl in der Verbrennung klimafreundlicher als Öl, Gas oder Kohle - letztlich sogar ebenso hohe Treibhausgasemissionen verursachen wie fossile Kraftstoffe.

Algen (Foto: EbS)
Treibstoff aus Algen: Die Zukunft?Bild: EbS

Deshalb schlägt die Kommission auch vor, Biosprit, der keine deutlichen Einsparungen an Treibhausgasen bringt, ab 2020 nicht mehr mit staatlichen Mitteln zu fördern. Die EU-Staaten und das Europaparlament müssen den Oettinger/Hedegaard-Plan noch billigen.

Unzufriedenheit

Sowohl Umwelt- als auch Agrarverbände zeigten sich unzufrieden mit den Kommissionsvorschlägen. Das Fünf-Prozent-Ziel sei keine Lösung, kritisierte der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND): Eine komplette Abschaffung der Zielvorgaben wäre sinnvoll gewesen. Auch Greenpeace geht die geplante Neuregelung nicht weit genug. Die Organisation kritisierte, dass Brüssel damit nicht sicherstelle, dass moderne Biokraftstoffe das Klima nicht schädigen.

Aus Sicht des Bundesverbandes der deutschen Bioethanolwirtschaft wird durch den Vorstoß aus Brüssel das Ziel der CO2-Minderung im Verkehr konterkariert. "Diese Kehrtwende der europäischen Biokraftstoffpolitik ist ein fundamentaler Vertrauensbruch", schimpfte Geschäftsführer Dietrich Klein. "Investoren werden sich kaum noch einmal auf den Bestand politischer Entscheidungen verlassen und in neue Biokraftstoffanlagen investieren." Zudem seien weder genügend Abfälle und Reststoffe noch Technologien vorhanden, um die Produktion der notwendigen Biospritmengen zu gewährleisten.

Der Deutsche Bauernverband sprach sich gegen eine Beschränkung von Biokraftstoffen aus. Es sei nicht richtig, dass die europäische Biokraftstoffpolitik das globale Angebot an Getreide verknappe oder gar den Hunger in Entwicklungsländern verschlimmere, unterstrich der Bauernverband in Berlin. "Für Hunger und Unterernährung in den Entwicklungsländern sind vor allem mangelnde Investitionen in die Landwirtschaft und die mangelnde Beachtung von Eigentumsrechten verantwortlich." Entwicklungsorganisationen wie Oxfam hatten hingegen errechnet, dass man mit den für Treibstoff in der EU genutzten Anbauflächen viele Millionen Menschen hätte ernähren können.

wa/sti (dapd, epd, dpa, kna)