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Eskalation, bis es "bumm" macht

9. April 2014

Es knirscht wieder mächtig im Nahost-Gebälk - zwischen Israelis und Palästinensern, aber auch zwischen Jerusalem und Washington. US-Außenminister Kerry macht schon Kanonengeräusche nach, um die Lage zu beschreiben.

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US-Außenminister John Kerry und Israels Ministerräsident Benjamin Netanjahu (Foto: Brendan Smialowski/AFP/Getty Images)
Bild: Brendan Smialowski/AFP/Getty Images

Der israelische Regierungschef Benjamin Netanjahu (Foto rechts, mit US-Außenminister John Kerry) hat der Mehrheit seiner Minister bis auf weiteres jeden Kontakt zu deren palästinensischen Kollegen untersagt. Nur die Chefunterhändlerin bei den kriselnden Friedensgesprächen mit den Palästinensern, Zipi Livni, und das Verteidigungsministerium seien ausgenommen, sagte ein ranghoher Regierungsvertreter in Jerusalem.

Kontaktsperre für Regierungsmitglieder

Die Kontaktsperre ist Netanjahus erster konkreter Schritt in Reaktion auf eine diplomatische Offensive der Palästinenser bei den Vereinten Nationen. "Die Palästinenser haben gegen die Vereinbarungen bei den Friedensgesprächen verstoßen", sagte der Sprecher. Die Palästinenser hatten sich verpflichtet, während der Friedensgespräche keine diplomatische Offensive für einen eigenen Staat zu starten. Nachdem Israel aber 26 palästinensische Häftlinge nicht wie vereinbart freigelassen hatte und auch noch den Bau von 700 Siedlerwohnungen im seit 1967 besetzten Ostjerusalem ausschrieb, fühlten sich die Palästinenser nicht mehr an ihre Zusage gebunden. Die Palästinenserführung stellte Beitrittsgesuche zu 15 internationalen Konventionen, um auf diesem Weg ihre internationale Anerkennung gegen den Widerstand Israels voranzubringen.

Unterdessen wurden Äußerungen von US-Außenminister John Kerry vor einem Senatsausschuss in Washington in israelischen Medien als Schuldzuweisung an Israel für die Krise der Gespräche gewertet. Kerry hatte am Dienstag vor dem Ausschuss gesagt: "Unglücklicherweise wurden die Häftlinge nicht an dem Samstag freigelassen, als sie freigelassen werden sollten. So verging ein Tag, so verging Tag zwei, dann Tag drei. Und am Nachmittag (des dritten Tages), als sich eine Einigung andeutete, wurden 700 Siedlungseinheiten in Jerusalem angekündigt. Und 'bumm', das war der Augenblick. Jetzt stehen wir da, wo wir sind."

Mit scharfen Worten reagierte darauf der israelische Wirtschaftsminister Naftali Bennett, Chef der rechtsextremen Siedlerpartei "Jüdisches Heim": "Israel wird sich niemals dafür entschuldigen, in Jerusalem zu bauen", sagte er. Und mit Bezug auf Kerrys Begriff 'bumm' fuhr er fort: "Jahrelang wurde versucht, uns mit Explosionen und Bomben aus der ewigen Hauptstadt des jüdischen Volkes zu verdrängen, das wird nicht passieren." Kritisch äußerte sich auch der Minister für Innere Sicherheit, Jizchak Acharonovitch. Das US-Außenministerium betonte inzwischen, Israel und Palästinenser hätten beide Schritte getan, die nicht hilfreich seien. Ähnlich äußerte sich der Sprecher von US-Präsident Barack Obama, Jay Carney.

Der israelische Wirtschaftsminister Naftali Bennett, Chef der rechtsextremen Siedlerpartei Jüdisches Heim (Foto: DW/Tania Krämer)
Mächtig sauer auf Kerry: der israelische Wirtschaftsminister Bennett, Chef der Siedlerpartei "Jüdisches Heim"Bild: DW/Tania Krämer

Abbas bittet Arabische Liga um Finanzhilfe

Die arabischen Staaten geben dagegen Israel allein die Schuld daran, dass die Nahost-Friedensgespräche in eine Sackgasse geraten sind. Marokkos Außenminister Salaheddin Mezouar sagte bei einem Treffen der Außenminister der Mitgliedstaaten der Arabischen Liga in Kairo, es sei ein Fehler gewesen, dass Israel Ende März nicht die letzte Gruppe palästinensischer Häftlinge freigelassen habe.

An dem Treffen nahm auch Palästinenserpräsident Mahmud Abbas teil. Ihm ging es dabei um politischen Rückhalt und ein "finanzielles Sicherheitsnetz", wie es Palästinenser-Vertreter ausdrückten. Die Palästinenser befürchten nämlich, dass Israel wie schon früher die Weiterleitung palästinensischer Steuereinnahmen unterbrechen könnte. Abbas wolle die Verbündeten bitten, der Autonomiebehörde monatlich bis zu 100 Millionen Dollar Ausgleichszahlungen zu überweisen, sollte Netanjahu die Zolleinnahmen tatsächlich sperren, hieß es weiter.

sti/kle (afp, dpa, rtr)