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Es kriselt in der Fußball-Musterehe

Stefan Nestler18. Juni 2013

Die Deutsche Fußball-Liga kritisiert den Deutschen Fußball-Bund. Und der schießt zurück – in ungewöhnlich scharfer Form. Auch Bundestrainer Löw mischte sich jetzt in die Diskussion ein.

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DFB-Chef Niersbach und DFL-Präsident Rauball. Foto: Getty Images)
Bild: Alex Grimm/Bongarts/Getty Images

"Wenn ein Mann, der noch kein halbes Jahr bei der DFL angestellt ist, so ziemlich alles und jedes im Verband, dazu noch sachlich falsch, infrage stellt, ist dies anmaßend und völlig unangebracht", sagt Wolfgang Niersbach. Der Zorn des Präsidenten des Deutschen Fußball-Bunds (DFB) richtet sich gegen Andreas Rettig. Der Geschäftsführer der Deutschen Fußball-Liga (DFL) hatte in einem Interview mit der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" eine Reform der DFB-Spitze und mehr Mitsprache der DFL gefordert, etwa wenn, wie jetzt, der Posten des DFB-Sportdirektors neu vergeben werden soll. "Die Entscheidung über den Sportdirektor kann keine exklusive Entscheidung des DFB sein", findet Rettig. "Da geht es auch um Interessen des Ligaverbands."

Löw weist DFL-Vorschlag zurück

Rückendeckung erhält Rettig vom Chef der DFL-Geschäftsführung, Christian Seifert, der zudem dafür plädiert, dass der künftige Sportdirektor auch für die Nationalmannschaft zuständig ist. "Viele Klubs in der Bundesliga haben gute Erfahrungen damit gemacht, wenn der Sportdirektor tatsächlich verantwortlich ist für den gesamten sportlichen Bereich." Bisher ist die Nationalmannschaft mit Bundestrainer Joachim Löw und Manager Oliver Bierhoff weitgehend eigenständig. "Die sportliche Linie für die A-Mannschaft bestimmt alleine der Bundestrainer", machte Löw in einem Interview mit der "Bild"-Zeitung unmissverständlich klar und schob noch nach: "Bei allem Respekt vor Herrn Seifert: Meine Chefs sind Präsident Wolfgang Niersbach und Generalsekretär Helmut Sandrock."

DFL-Geschäftsführer Andreas Rettig. Foto: Getty Images
DFL-Geschäftsführer Andreas RettigBild: Getty Images

Der Sportdirektor des DFB kümmert sich bisher um andere Bereiche wie die Nachwuchsarbeit, die Trainerausbildung und den Breitensport. Innerhalb nicht einmal eines Jahres hat der DFB gleich zwei Sportdirektoren verloren. Erst ging Matthias Sammer als Sportdirektor zum FC Bayern München. Sein Nachfolger Robin Dutt ließ sich nach nur neun Monaten von seinen Pflichten entbinden, um Trainer des Bundesligisten Werder Bremen zu werden.

Kritik an sportpolitischem Auftreten 

Bei dem jetzt aufgeloderten Streit zwischen DFL und DFB geht es jedoch um mehr als nur diese Personalie. DFL-Geschäftsführer Rettig macht den DFB auch für das schlechte Abschneiden des U-21-Teams bei der EM in Israel verantwortlich. Bundestrainer Joachim Löw hatte entscheiden können, die besten Nachwuchsspieler auf die sportlich eher fragwürdige USA-Reise der A-Nationalmannschaft mitzunehmen. Bei der EM in Israel wurden die Leistungsträger schmerzlich vermisst. "Ich habe die Gesamtverantwortung nicht verstanden", wundert sich Rettig. Der DFL-Geschäftsführer kann auch nicht nachvollziehen, dass der DFB sich nicht um die Finalrunde der EM 2020 bewerben will, sollte die schon dreimal bei EM-Vergaben gescheiterte Türkei kandidieren. Türkische Clubs, so Rettig, schuldeten deutschen Vereinen noch Millionensummen, darauf hätte der DFB durchaus einmal aufmerksam machen können. "Ich kann mich nur wundern", entgegnet DFB-Chef Niersbach. "Denn bei meinen ständigen Kontakten mit Ligapräsident Reinhard Rauball haben wir uns immer einvernehmlich abgestimmt, etwa bei so wichtigen Themen wie der EM-Bewerbung 2020 oder den Sicherheitsfragen."

Lewis Holtby stürzt nach einem Foul des niederländischen Torwarts Jeroen Zoat. Foto: dpa
Die U 21 (hier Lewis Holtby) holte sich bei der EM in Israel vorwiegend Niederlagen und SchrammenBild: picture-alliance/dpa

Mehr Einfluss

Die Ende 2000 gegründete Deutsche Fußball-Liga (DFL) führt die Geschäfte des Ligaverbands, des Zusammenschlusses der deutschen Proficlubs. Die DFL vergibt die Lizenzen der ersten und zweiten Bundesliga. Sie entscheidet auch darüber, wer die teuren Fernseh-, Hörfunk- und Internetrechte der Ligen erhält. An diesen Rechten verdient auch der Deutsche Fußballbund (DFB) mit. In einem Grundlagenvertrag ist geregelt, wer wofür zuständig ist. Bisher galt das Verhältnis der beiden Verbände als vorbildlich und wurde auch international gerne als Musterbeispiel für eine gelungene sportpolitische Konstruktion angeführt. Doch offenbar streben die Proficlubs nun nach mehr Einfluss in der Dachorganisation. Der DFB ist mit 25.000 Vereinen und etwa 6,8 Millionen Mitgliedern der größte Sportfachverband der Welt.