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Endlich Strom

Gero Rueter14. Juni 2015

Zwei Milliarden Menschen leben weltweit ohne Strom. Schon im kommenden Jahrzehnt könnten diese Zahl deutlich zurückgehen. Sinkende Preise für Solarmodule und Batterie stimmen zuversichtlich. Einige Hürden aber bleiben.

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Menschen installieren Solarsysteme auf dem Dach. (Foto: Mobisol)
Bild: Mobisol

Solarstrom hat in ländlichen Regionen ohne Stromanschluss und viel Sonne eine große Zukunft, da sind sich die Experten einig. Schon bald könnte die Solarenergie zur wichtigsten Stromquelle werden. "In den ländlichen Regionen ist die Solarenergie normalerweise die kostengünstigste Quelle für Licht, Radio und Fernseher", sagt Professor Peter Adelmann, Experte für dezentrale Elektrifizierung und Gründer des "Institute for Decentral Electification" in Ulm.

In den ländlichen Regionen setzen sich derzeit vor allem zwei Arten von Solarsystemen durch: kleine Solar-Systeme für die individuelle Versorgung einer Familie und sogenannte Mini-Grid-Systeme für die Versorgung von größeren Einheiten wie Krankenhäusern, Hotelanlagen, Gewerbebetrieben oder kleinen Dörfern.

Solarenergie via SMS

Kleine Solar-Systeme sind vor allem in einigen afrikanischen Ländern zunehmend beliebt. Sie bestehen in der Regel aus einem Solarmodul, einem Stromspeicher, LED, einem Radio und einem Ladeanschluss für das Handy. "Solche kleine Systeme kosten um die 100 Dollar - Radio inklusive. Größere Systeme, an denen auch noch ein sparsamer Fernseher angeschlossen werden kann, gibt es für 200 Dollar. Allerdings ohne Fernseher", sagt Adelmann.

Ein Mann schaut auf seinem Solarset Fernsehen (Foto: Mobisol)
Die größeren Pico-Solarsysteme mit Batterie reichen auch für den Fernsehabend.Bild: Mobisol

Diese kleinen sogenannten Pico-Solarsysteme liefern den Strom für die Hütte oder das Haus, die Solarmodule haben eine Leistung von 10 bis 100 Watt und die Speicher können bis zu anderthalb Tagen ohne Nachschub laufen.

Verkauft werden die Systeme über Händler. Zunehmend setzt sich aber auch ein Bezahlsystem per SMS durch. Kunden, die sich die Anfangsinvestition nicht leisten können, zahlen dann mit Ihrem Handy eine Monatsgebühr. "Bei diesem sogenannten ‘Pay as you go‘-Systemen bezahlen die Nutzer jeden Monat fünf Dollar für die kleinen oder zehn Dollar bei den größeren Systemen", so Adelmann. Können die Käufer nicht bezahlen, erkennt der Anbieter dies und schaltet die Stromversorgung automatisch ab.

Laut Adelmann verbreiteten sich die kleinen Solarsysteme vor allem in Tansania und Kenia sehr gut. "Schätzungsweise 500.000 Pico-Solarsystemen gibt es dort inzwischen. Damit bekommen etwa zwei bis 2,5 Millionen Menschen bereits Strom."

Weltweit wurden nach seinen Schätzungen bislang rund 2,5 Millionen Pico-Solarsysteme verkauft. Verläuft das Wachstum dieses Marktes so weiter, dann dürften es 2016 "schon mindestens fünf Millionen Systeme sein", so der Experte vom "Institute for Decentral Electification" in Ulm.

Auf einem Markt wird ein Solarsystem vorgestellt. (Foto Mobisol)
Großes Interesse: Werbung für das Stromsystem in RuandaBild: Mobisol

Finanzierung als Schlüssel zum Erfolg

Vertrieben werden die Systeme vor allem von Firmen aus Australien, USA und Deutschland. In das Geschäft der mikrofinanzierten Ratenzahlung über das Handy ist auch das Berliner Unternehmen Mobisol eingestiegen. Per SMS zahlen die Kunden ihren Strom und nach 36 Monaten gehört ihnen dann auch das komplette System. Der Strom ist ab dann quasi kostenlos.

Nach eigenen Angaben hat das Unternehmen in den letzten zwei Jahren über 15.000 Solarsystem zwischen 30 und 200 Watt in Ländern wie Tansania, Ruanda und Kenia installiert. "Wir wollen in den nächsten Jahren Millionen von Haushalten in Entwicklungsländern mit sauberem Strom versorgen und damit gleichzeitig einen Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung und zum weltweiten Umweltschutz leisten", beschreibt Mobisol-Gründer Thomas Gottschalk die Mission des Unternehmens.

Solarstrom statt Diesel?

In vielen Teilen der Welt sind weiterhin Dieselgeneratoren in Betrieb. Sie liefern den notwendigen Strom für Krankenhäuser, Gewerbe, Fabriken, Mobilfunkanlagen, Hotels und versorgen mehre Häuser in der Nachbarschaft über ein eigenes Leitungsnetz.

Dieser Strom ist der Regel sehr teuer. Nach einer aktuellen Studie von der deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) kostet er beispielsweise in Tansania zwischen 0,34 und 0,48 Dollar pro Kilowattstunde. "Solarstrom mit Batterie sind in den meisten Fällen da günstiger", sagt Stefanie Werler, Projektmanagerin im Bereich erneuerbare Energien bei der GIZ.

Obwohl sich der Umstieg auf Solarstrom mit Batterie inzwischen lohnen könnte, erfolgt er weiterhin zögerlich. "Wir müssen mit dem Vorurteil aufräumen, dass die Fotovoltaik teuer ist", so Werler. Zudem seien die Systeme in Tansania noch nicht bekannt. Darüber hinaus bestünden Hürden wegen der hohen Anfangsinvestitionen. Außerdem zahlten sich die Systeme auch erst nach fünf bis zehn Jahren ab. Das sei für viele unattraktiv, so Stefanie Werle. Sie und ihre GIZ-Kollegen vor Ort haben aus diesem Grund viel zu tun. "Wir schulen, klären auf und suchen nach Modellen der Finanzierung wie zum Beispiel Leasing-Modelle."

Menschen schauen auf einen Laptop. (Foto Mobisol)
Schulung für das automatisierte AbrechnungssystemBild: Mobisol

Das Africa-EU Renewable Energy Cooperation Programme versucht ebenfalls Unterstützung für Politik und Business bereitzustellen. Vor Kurzem gab es so eine umfangreiche Dokumentation zur Innovation von Mini-Grid-Systemen heraus. Stefanie Werle ist überzeugt, dass der Weg der ländlichen Elektrifizierung mithilfe der Solarkraft für Bevölkerung und Wirtschaft von Vorteil ist. "Fotovoltaik hat in Afrika ein riesiges Potential. Große Teile der Bevölkerung haben keinen Zugang zur Elektrizität. Und deshalb kann diese Elektrizität einen riesen Schub für die wirtschaftliche Entwicklung dieser Länder bringen."