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Machtwechsel verläuft nach Plan

29. August 2014

Recep Tayyip Erdogan ist auf dem Höhepunkt seiner Macht. Unmittelbar nach seiner Vereidigung zum neuen Präsidenten ernannte er seinen bisherigen Außenminister und neuen AKP-Chef Davutoglu zum künftigen Premierminister.

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Amtseinführung für Präsident Erdogan (Foto: Getty Images)
Bild: AFP/Getty Images

In der Türkei hat eine neue Ära begonnen: Zum ersten Mal seit Gründung der Republik übernimmt mit Recep Tayyip Erdogan ein direkt vom Volk gewählter Staatspräsident die politische Führung des Landes. Er war am 10. August zum Nachfolger seines Parteikollegen Abdullah Gül gewählt worden, der das Präsidentenamt seit 2007 inne hatte. Wenige Stunden nach der Wachablösung an der Staatsspitze beauftragte Erdogan den neugewählten Vorsitzenden der Regierungspartei AKP, Ahmet Davutoglu, mit der Regierungsbildung.

Erdogan musste beide Ämter als Partei- und Regierungschef niederlegen, um an die Staatsspitze rücken zu dürfen. Die sozialdemokratischen Abgeordneten der oppositionellen CHP verließen aus Protest gegen den neuen Präsidenten noch vor der Vereidigung den Plenarsaal. Ihrer Ansicht nach hätte Erdogan seinen Posten als Regierungschef sofort nach dem Sieg bei der Präsidentschaftswahl niederlegen müssen und nicht erst zwei Wochen später. Vertreter der Oppositionspartei MHP verweigerten dem neuen Staatschef den Applaus.

Große Macht in einer Hand

In seiner ersten Rede betonte Erdogan, dass er den Beitritt der Türkei in die Europäische Union, demokratische Reformen und die endgültige Beilegung des Konflikts mit den Kurden als vorrangiges Ziel seiner Amtszeit betrachte. Der 60-Jährige will das bisher weitgehend repräsentative Amt des Präsidenten mit mehr Einfluss versehen: Er strebt den Wechsel von einer parlamentarischen Demokratie zu einem Präsidialsystem mit größeren Machtbefugnissen für das Staatsoberhaupt an. Die dafür notwendige Verfassungsänderung will die AKP nach der Wahl im Juni 2015 durchsetzen - eine zwei Drittel-Mehrheit vorausgesetzt.

Die Folgen für die Politik und Wirtschaft am Bosporus unter der Führung des neuen Staatsoberhaupts sind derzeit noch nicht absehbar, da Erdogans Führungsstil in der Bevölkerung zu großen gesellschaftlichen Spannungen geführt hat. Das Land steht vor großen Strukturproblemen, die dringend gelöst werden müssen. Zudem wird das Wirtschaftswachstum von einem chronischen Handelsbilanzdefizit belastet. Die Importabhängigkeit von Energie und Rohstoffen ist zu hoch und große Investitionsprojekte sind häufig von ausländischem Kapital abhängig.

"Kein Platz für die Diktatur"

Nach der Vereidigung in Ankara ging die Polizei in Istanbul am Abend mit Wasserwerfern und Tränengas gegen eine kleinere Demonstration vor. Auf der Einkaufsmeile Istiklal Caddesi versammelten sich rund 150 Regierungsgegner. Auf einem Transparent war zu lesen: "Kein Platz für die Diktatur". Die türkische Opposition befürchtet eine systematische Aushöhlung der Gewaltenteilung, zumal Erdogan seit seinem Amtsantritt als Regierungschef vor elf Jahren als eigentlicher starker Mann der Türkei gilt. Sein fünfjähriges Mandat als Präsident kann einmal verlängert werden. Nach derzeitiger Mehrheitslage darf sich Erdogan also gute Chancen ausrechnen, bis 2024 an der Staatsspitze zu stehen.

hf/rb (afp, dpa)