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Entwicklungshilfe mit Hindernissen

Florian Mebes11. Juni 2012

Israels Blockadepolitik hat für die Infrastruktur in den palästinensischen Gebieten schwere Folgen. Betroffen sind Projekte, die von Deutschland unterstützt werden. Dabei geht nicht nur Geld verloren.

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Eine palästinensische Frau, die einen Korb auf dem Kopf trägt, passiert eine Solar nahe des Dorfes Susya in der Westbank (Foto: AP)
Bild: AP

Als im Frühjahr 2009 das Licht in den Höhlen von Susya anging, schien eine weitere israelisch-palästinensische Kooperation Früchte zu tragen. Die Organisation "Comet-ME" (Community, Energy and Technology in the Middle East) hatte, finanziert vom Auswärtigen Amt in Berlin, in den südlich von Hebron gelegenen Hügeln Solar- und Windkraftanlagen installiert, um das Leben ein wenig angenehmer zu gestalten. Die in Höhlen, Zelten oder Wellblechhäusern lebenden Bauern und Viehhirten gehören zu den Ärmsten im Westjordanland. Die israelischen Behörden stellen den Palästinensern dort keinerlei Infrastruktur zur Verfügung. Schulen, Straßen, Strom- und Trinkwasserversorgung – davon können die Menschen hier nur träumen und müssen den mühseligen Weg über Schotterstraßen in die nächst größere palästinensische Stadt Yatta auf sich nehmen, um diese zivilisatorischen Vorzüge zu genießen.

Unklare Rechtslage

Palästinensische Kinder machen bei Gaslampe und Kerzenlicht ihre Hausaufgaben (Foto: EPA/ALI ALI) Schlagworte ALTERNATIVE ENERGY, ALTERNATIVE ENERGY, Alternative-Energie, Alternativ-Energien
Hausaufgaben bei Stromausfall: Alltag für viele palästinensische KinderBild: picture-alliance/dpa

"1300 Menschen profitieren von unserer Initiative, die nur kleine, aber elementare Erleichterungen im alltäglichen Leben mit sich bringen", erklärt Aya Shoshan, die Organisations- und Entwicklungsmanagerin von Comet-ME. Dann kam im Januar 2012 die Anordnung, die Arbeiten einzustellen. Der Abriss drohte. "Der rechtliche Status ist unklar und natürlich berichten wir unseren Geldgebern", fügt Shoshan hinzu. Der Geldgeber ist die Bundesrepublik Deutschland. Außenminister Guido Westerwelle und Entwicklungshilfeminister Dirk Niebel hatten bei ihrem Israelbesuch Anfang des Jahres und bei der Visite des israelischen Verteidigungsministers Ehud Barak in Berlin im März den Vorfall angesprochen – hinter verschlossenen Türen. Auch die deutsche Botschaft stehe in diesen Belangen in engem Kontakt mit den zuständigen israelischen Behörden, versichert eine Sprecherin des Auswärtigen Amtes gegenüber der Deutschen Welle. In der Folge wurden die Energiespender selbst zwar nicht abgerissen, aber einige Ställe und Unterkünfte von Dorfbewohnern, denen die Anlagen letztendlich hätten zugute kommen sollen.

Ungleiche Behandlung

Das ist die Krux in Sachen Entwicklungshilfe im sogenannten "Gebiet-C" im Westjordanland, in dem Israel die Hoheit über Verwaltungs- und Sicherheitsfragen hat. Baugenehmigungen erteilen die Israelis - und die sind für Palästinenser oder für Infrastrukturprojekte, die den Palästinensern dienen sollen, mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht zu bekommen. Die israelischen Siedlungen in den "C-Gebieten" thronen wie Oasen westlichen Fortschritts auf den Hügeln in Nachbarschaft zu den palästinensischen Dörfern. "In der Region, in der wir aktiv sind, gibt es 18 Siedlungen, von denen einige selbst von der israelischen Regierung als illegale Außenposten angesehen werden, und diese sind an die Strom- und Trinkwasserversorgung angeschlossen", ergänzt Shoshan und die Wut über die Ungleichbehandlung ist ihr anzumerken. "Seit Beginn der israelischen Besatzung des Westjordanlandes wurde nicht eine neue palästinensische Stadt errichtet." Doch die Bevölkerung in den palästinensischen Gebieten inklusive des Gaza-Streifens ist in den letzten zehn Jahren um rund 25 Prozent gewachsen.

Ein junger Palästinenser hilft der Organisation Comet ME beim Aufbau der Energieanlage (Foto: Thomas Schneider)
Ein palästinenscher Junge hilft beim Aufbau eines Energieprojekts von Comet-ME im WestjordanlandBild: Thomas Schneider

Ungewisse Zukunft

In der weiteren Aufteilung hat im "Gebiet-B" die Palästinensische Autonomiebehörde die Verwaltungs- und Israel die Sicherheitshoheit. Im "Gebiet-A" obliegt beides den Palästinensern. Hier dürfen sie ihren eigenen Staat proben. "Gemäß dem Entwicklungsplan der Palästinensischen Autonomiebehörde konzentrieren wir uns bei unseren großen Infrastrukturprojekten auf das "A-Gebiet"", erklärt Jan van der Ploeg, der Berater für Großprojekte bei der Europäischen Kommission in Ramallah. Wie etwa beim Neubau der Regierungskomplexe in Nablus für rund 17 Millionen Euro und in Jenin, etwa 20 Millionen Euro, bei denen Planungssicherheit erforderlich ist. "Die Schwierigkeiten, auf die wir hier stoßen, liegen eher in der termingerechten Fertigstellung der Bauten", führt van der Ploeg weiter aus. Da die "A-Gebiete" wie Inseln aus den anderen Verwaltungsgebieten ragen, in denen immer wieder spontan ein israelischer Checkpoint errichtet werden kann, ist der Transport von Baumaterialien oder die Anwesenheit der palästinensischen Arbeiter am Arbeitsplatz nicht immer gewährleistet.

Außenminister Guido Westerwelle und der Minister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, Dirk Niebel, zu Besuch beim Ministerpräsidenten der Palästinensischen Autonomiegebiete, Salam Fayyad. (Foto: dapd)
Druck hinter den Kulissen: Minister Niebel (li.) und Westerwelle mit Premier Fayyad (r.)Bild: dapd

In den vergangenen fünf Jahren stellte die Europäische Union jährlich etwa 40 bis 50 Millionen Euro zur Verfügung, für Entwicklungshilfe im Westjordanland und im Gaza-Streifen. "Im Gaza-Streifen begegnen wir ganz anderen Problemen, da es dort aufgrund der israelischen Blockade an allem mangelt. Für den Aufbau der Infrastruktur unter internationaler Federführung wurden die Einfuhrrestriktionen allerdings gelockert", sagt van der Ploeg im Gespräch mit der Deutschen Welle, und zählt wichtige Projekte wie ein Klärwerk und den Ausbau des Grenzübergangs "Kerem Shalom" zu Israel auf, der in Zukunft 700 LKW am Tag abfertigen soll, um die Versorgung der 1,6 Millionen Bewohner Gazas sicherzustellen.