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Endlich Urteil im Fall Jalloh

13. Dezember 2012

Fast acht Jahre nach dem Feuertod des afrikanischen Asylbewerbers Jalloh in einer Dessauer Gefängniszellen ist ein erster Schlussstrich gezogen worden. Der angeklagte Polizist wurde zu einer Geldstrafe verurteilt.

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Justizbeamte sichern das Gericht (Foto: dapd)
Bild: dapd

Das Magdeburger Landgericht sprach den Beamten der fahrlässigen Tötung für schuldig und verhängte eine Strafe in Höhe von 10.800 Euro. Der aus Sierra Leone stammende Asylbewerber Oury Jalloh war am 7. Januar 2005 bei einem Brand in einer Arrestzelle an einem Hitzeschock gestorben. Jalloh soll dort eigenhändig mit einem Feuerzeug eine Matratze entzündet haben, obwohl er an eine Liege gefesselt war.

Der Angeklagte Andreas S. hätte Jallloh nicht ohne optische Überwachung lassen dürfen, weil dieser stark betrunken gewesen sei und Drogen genommen habe, sagte die Vorsitzende Richterin, Claudia Methling. Auszuschließen sei von der Strafkammer, dass das Feuer durch einen technischen Defekt oder eine andere Person außer Jalloh ausgelöst worden sei. Die Kammer hielt dem Beamten auch zugute, dass er Jalloh nicht hätte retten können.

Mehr als die Staatanwaltschaft fordert

Die Staatsanwaltschaft hatte ihm vorgeworfen, nicht schnell genug auf den Feueralarm reagiert zu haben. Die Nebenklage, die die Familie Jallohs vertritt, hatte eine Verurteilung wegen Körperverletzung mit Todesfolge sowie Freiheitsberaubung gefordert. Die Verteidigung hatte auf Freispruch plädiert.

Nachstellung der Situation in der Zelle (nachgestellte Szene)(Foto:dpa)
In dieser Lage soll sich Jalloh selbst angezündet habenBild: picture-alliance/ dpa

Mit dem Strafmaß ging das Gericht über den Antrag der Staatanwaltschaft hinaus. Die Anklage hatte eine Geldstrafe von 6300 Euro gefordert. In einem ersten Verfahren war der Polizist 2008 freigesprochen worden. Das Urteil wurde 2010 vom Bundesgerichtshof aufgehoben.

Revision nicht augeschlossen

Die Verteidigung des Polizisten nannte das Urteil unangemessen. Verteidigung und Nebenklage wollen innerhalb einer Woche entscheiden, ob sie in Revision gehen.

Die Menschenrechtsorganisation Pro Asyl bezeichnet den Prozess als "rechtsstaatliches Desaster". Gericht und Staatsanwaltschaft seien von Anfang an entschlossen gewesen, dem Verfahren die unhinterfragte Version zugrunde zu legen, Jalloh habe sich in seiner Zelle selbst angezündet. Auch die Präsidentin der Internationalen Liga für Menschenrechte, Fanny-Michaela Reisin, kritisierte das Festhalten des Gerichts an der Selbstentzündungstheorie. Während des Prozesses seien genug neue Indizien an den Tag gefördert worden, die eine Abkehr von dieser Annahme hätten veranlassen können.

Mit einer Mahnwache hatte vor dem Gerichtsgebäude eine Gruppe von Aktivisten an den Tod Jallohs vor acht Jahren erinnert. Aus ihrer Sicht war das Geschehen in der Polizeizelle Mord. Eine Einschätzung, der das Gericht nicht folgte.

gmf/qu (afp.dapd,dpa, epd)