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Tod eines Dichters

9. Juni 2008

Er war einer der bekanntesten deutschsprachigen Autoren der Gegenwart: Peter Rühmkorf. Ein literarisches Multitalent: Dichter, Dramatiker und Essayist. Nun ist er 78-Jährig an Krebs gestorben.

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Der Autor Peter Rühmkorf (78), aufgenommen während einer Pressekonferenz in Hamburg (Archivfoto vom 20.10.2004). +++(c) dpa - Bildfunk+++
Peter Rühmkorf während einer PressekonferenzBild: picture-alliance/dpa

Wie der Rowohlt-Verlag in Hamburg am Montag (09.06.) mitteilte, starb Peter Rühmkorf bereits am Vortag im Alter von 78 Jahren. Vor einem Jahr war der Schriftsteller unheilbar an Krebs erkrankt. Die Krankheit sei für ihn ein furchtbares Martyrium, sagte der Schriftsteller vor wenigen Monaten in einem Interview. Dennoch habe er keine Angst vor dem "Absprung" in andere Welten. "Der Tod ist ein interessantes Thema, aber er ist für mich nicht das böse Gespenst".

Literarisches Multitalent

Als Schriftsteller wurde Rühmkorf als empfindsamer Poet und als politischer Mahner gefeiert. Er veröffentlichte Gedichte, Essays und Erzählungen. Besonders gefeiert wurde er für seinen Umgang mit der deutschen Sprache. Rühmkorf nutze ihre gesamte Bandbreite, von intellektuellen Bildungszitaten zu schnodderigen Wortspielen. 1993 erhielt er den Büchner-Preis, der zu den renommiertesten deutschen Auszeichnung für Literatur zählt. Sein letztes großes Werk veröffenlichte Rühmkorf 2004. "Tabu II" nannte er die Sammlung mit Passagen seiner Tagebücher von 1971 bis 1972. 2008 erschien mit "Paradiesvogelschiß" eine Sammlung von Gedichten.

Oft waren es politische Entwicklungen, die Peter Rühmkorf zum Schreiben trieben. "Immer wenn ein politisches Glaubensfeld für mich zusammenbrach, ist hinterher ein besonderer Sog daraus entstanden, aus dem sich dann neue Gedichte entwickelt haben", sagte der Schriftsteller einmal. Dazu gehörten die Stundentenrevolte in den späten sechtziger Jahren ebenso wie die deutsche Wiedervereinigung.

Therapie statt Propaganda

Auch wenn er in zahlreichen Essays klare politische Positionen bezog: Als Agitator verstand sich Peter Rühmkorf nicht. Das hielt aber nicht davon ab, sich als Wahlkämpfer für die Sozialdemokratische Partei (SPD) zu engagieren. Genauso konsequent wandte er sich gegen die konservative Politik von Bundeskanzler Konrad Adenauer in der Nachkriegszeit. Dabei bleiben politische Themen aber Essays vorbehalten. Gedichte schrieb Rühmkorf aus einem anderen Grund. "Es hat das Verfassen von Kunst auf allen Eben etwas mit Therapie, vor allem aber mit Kompensation zu tun."

Schreiben hatte für Rühmkorf stehts etwas Magisches: "Das Schreiben ist eine Art Selbstverdoppelung. Man stellt Schatten vor sich her, ein zweites Ich, an dem man sich aufrecht hält. Eigentlich möchte man ein ideales Ich von sich selbst verfassen." Mit seinem eigentlich ich hatte Rühmkorf hingegen lebenslang zu kämpfen. Zeitlebens hatte er mit Schlafstörungen und heftigen Angstattacken zu kämpfen. Einmal nannte er sich selbst eine "bröckelige Existenz."

Große Geschichten ohne große Worte

Die Schriftstellerin Ulla Hahn nannte Rümkorf ein großes Vorbild. "Er brauchte keine großen Themen, keine großen Worte, um große Geschichten zu erzählen". Durch den Tod Rühmkorfs verliere Deutschland "einen Schriftsteller von großer Lebensklugheit, einen Dichter von Rang und einen scharfzüngigen, politisch engagierten Chronisten", sagte Kulturstaatsminister Bernd Neumann. (dan)