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Festnahme aus politischen Gründen?

1. Mai 2014

Die Festnahme des Chefs der Sinn-Fein-Partei in Nordirland, Gerry Adams, hat in der pro-irischen Partei scharfe Kritik ausgelöst. Von einer politisch motivierten Aktion ist die Rede, die dem Friedensprozess schaden soll.

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Gerry Adams (Foto: Getty)
Bild: Peter Muhly/AFP/Getty Images

Wegen eines Mordfalls aus dem Jahr 1972 wird Gerry Adams seit Mittwoch von der Polizei in Belfast vernommen. Seine nationalistische Partei Sinn Fein ist empört. Die Vizevorsitzende Mary Lou McDonald sprach von einer politisch movierten Festnahme, um Adams und der Sinn Fein zu schaden.

Der stellvertretende Erste Minister, Martin McGuinness, der ebenfalls der Sinn Fein angehört, sprach von einem Versuch, den Friedensprozess zu stören. Die Bürger sollten vor der Europawahl in drei Wochen beeinflusst werden, kritisierte er. McGuinness machte "dunkle Kräfte" in der nordirischen Polizei für die Festnahme seines Parteifreundes verantwortlich. Sie seien bösartig und lehnten den Friedensprozess in Nordirland ab.

Dementis aus Belfast und London

Dem trat der protestantische Erste Minister, Peter Robinson, entgegen. Es bestünden keine politischen Motive für die Festnahme. Auch der britische Premierminister David Cameron erklärte, es habe keinen politischen Einfluss gegeben. Ein Sprecher sagte in London, die Festnahme sei eine Angelegenheit der Polizei. "Es war einer breiten Öffentlichkeit bekannt, dass es in dieser Sache seit einer Weile Ermittlungen gab."

Mord an zehnfacher Mutter

Adams war im Zusammenhang mit dem Mord an der zehnfachen Mutter Jean McConville durch die katholische Untergrundorganisation Irisch-Republikanische Armee (IRA) festgenommen worden. Die damals 37-Jährige war vor den Augen ihrer Kinder von der IRA entführt und getötet worden. Ihre Leiche wurde 2003 an einem Strand in der Grafschaft Louth entdeckt. Die IRA hatte sie verdächtigt, ein Spitzel gewesen zu sein, was ihre Familie stets bestritt.

Schwierige Ermittlungen

Sie stand jahrzehntelang auf einer Liste von "Verschwundenen". 1999 gab die IRA zu, 9 von 16 Personen auf der Liste ermordet und ihre Leichen versteckt zu haben. Einer der Söhne McConvilles, der die Entführung seiner Mutter damals mit ansehen musste, sagte in einem Interview der BBC, er kenne die Namen der Täter von damals, werde sie aber nicht verraten: "Wenn ich der Polizei jetzt auch nur eine kleine Sache sagen würde, dann würden diese Leute mich oder ein Familienmitglied oder eines meiner Kinder erschießen."

Adams betrachtet sich als unschuldig

Adams erklärte unmittelbar vor seiner Festnahme, er wolle freiwillig aussagen. Mit dem Mord habe er nichts zu tun. Der 65-Jährige gehörte damals zum Führungskreis der IRA, die jahrzehntelang mit blutiger Gewalt für die Loslösung Nordirlands von Großbritannien und den Anschluss an die mehrheitlich katholische Republik Irland kämpfte.

Der Konflikt wurde 1998 im sogenannten Karfreitagsabkommen beigelegt, an dem Adams maßgeblich mitwirkte. Die Sinn Fein gilt als sogenannter poltischer Arm der IRA, die sich 2005 endgültig vom bewaffneten Kampf lossagte. In der nordirischen Regierung teilen sich die früher verfeindeten Kräfte der Region heute die Macht.

uh/sti (dpa,rtr)