1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Ein Weckruf für den Datenschutz

Bettina Marx6. September 2013

"Datenschutz ist Menschenrecht", sagt EU-Kommissarin Reding. Sie will Bürger und Unternehmen in der EU mit einem neuen Datenschutzrecht besser schützen. Dabei zählt sie auf Unterstützung aus Deutschland.

https://p.dw.com/p/19d2Z
EU-Kommissarin Viviane Reding vor der Bundespressekonferenz in Berlin. Foto: imago/Reiner Zensen
Bild: imago

"Für mich war die Affäre Snowden ein Weckruf, um endlich Nägeln mit Köpfen zu machen", sagt EU-Justizkommissarin Viviane Reding in Berlin. Seit fast anderthalb Jahren verhandelt sie mit den Mitgliedsstaaten und dem EU-Parlament über eine Novellierung des europäischen Datenschutzrechtes. Im Januar 2012 hat sie Vorschläge für eine europäische Datenschutzverordnung und eine Datenschutzrichtlinie auf den Tisch gelegt. Bisher wurden 4000 Änderungsanträge eingebracht. Im Herbst soll es nun endlich in die entscheidende Phase gehen.

Dafür erhofft sich Reding die Unterstützung Frankreichs und Deutschlands. Vor allem setze sie dabei auf Bundeskanzlerin Angela Merkel. Die deutsche Regierungschefin habe mehrfach unterstrichen, dass Europa einen starken Datenschutz brauche.

"Deutschland ist das Mutterland des Datenschutzes", so Reding. Das deutsche Datenschutzrecht, das wiederum auf dem europäischen Datenschutzrecht von 1995 aufbaue, habe starke Schutzregeln, die für sie inspirierend seien. Es gehe darum, dies in ganz Europa durchzusetzen.

Auf die Mitarbeit Großbritanniens dagegen verzichtet die resolute EU-Kommissarin gern. "Ich kümmere mich nicht um die Briten. Das ist verloren. Die agieren nur noch mit den Amerikanern zusammen und wollen überhaupt keine europäischen Gesetze", erklärt sie und fügt hinzu: "Ich habe keine Zeit für unnötige Diskussionen". Um in Europa etwas bewegen zu können, zum Wohle der EU-Bürger und der europäischen Unternehmen, brauche sie die Unterstützung Frankreichs und Deutschlands.

Neue Vorwürfe gegen die NSA

Die 1995 verabschiedete europäische Datenschutzrichtlinie sei von den einzelnen Mitgliedsstaaten unterschiedlich in nationales Recht überführt worden. Dadurch sei ein Flickenteppich von unterschiedlichen Regelungen entstanden. Der solle nun durch ein einheitliches Recht abgelöst werden. Dies werde für alle Unternehmen gelten, die in Europa tätig seien. Sollten sich ausländische Unternehmen nicht daran halten, würden sie mit harten Strafen belegt, die bis zu zwei Prozent ihres weltweiten Jahresumsatzes betragen könnten. Bisher seien die Bußen so geringfügig gewesen, dass die Firmen keinen Anreiz hatten, sich an das europäische Recht zu halten. "Wenn man ein zahnloser Tiger ist, kann man zwar schreien, aber beißen kann man nicht. Im Augenblick können wir eigentlich nur schreien. Ich will dafür sorgen, dass das Gesetz Biss bekommt und effektiv durchgesetzt werden kann."

Spähaffäre: Berlin mauert

Unterstützung bekommt die Luxemburgerin Viviane Reding von Thomas Heilmann, dem für Datenschutz zuständigen Berliner Justizsenator. Für beide Politiker, die Mitglieder christlich-demokratischer Parteien sind, sei das christliche Menschenbild von großer Bedeutung, erklären sie vor der Bundespressekonferenz in Berlin. Daher setzten sie sich für den Datenschutz als Menschenrecht ein. Die neuesten Enthüllungen, dass der amerikanische Geheimdienst NSA und der britische Geheimdienst GCHQ auch verschlüsselte Daten knacken können, sind für sie ein weiterer Beleg für die Notwendigkeit eines starken europäischen Datenschutzrechtes.

Die britische Zeitung "The Guardian" und die amerikanische "New York Times" hatten berichtet, dass NSA und GCHQ in der Lage seien, viele gängige Verschlüsselungssysteme zu brechen. Betroffen seien persönliche Daten und digitale Kommunikation, aber auch Bankgeschäfte, die über das Internet abgewickelt würden. Außerdem sei es den Geheimdiensten gelungen, Schwachstellen in die Verschlüsselungssysteme einzuschleusen, die sie gezielt ausnutzen könnten. Die Zeitungen stützen sich mit ihren Berichten auf die Enthüllungen des ehemaligen NSA-Mitarbeiters Edward Snowden, der mittlerweile in Russland vorläufiges Asyl erhalten hat.

Edward Snowden am Moskauer Flughafen. Foto: EPA/ GUARDIAN
Whistleblower Edward Snowden hat den Ausspäh-Skandal publik gemachtBild: picture-alliance/dpa

Die Bundesregierung reagierte gelassen auf diese Enthüllungen. "Wenn man hier und da mal eine Computerzeitschrift liest, wird man feststellen, dass dieser Verdacht nicht neu ist", sagte Vize-Regierungssprecher Georg Streite. "Sie können davon ausgehen, dass die Bundesregierung auch diesen Dingen nachgeht." Das Bundesinnenministerium erklärte: "Wir haben keine Anhaltspunkte dafür, dass die Behauptungen von Herrn Snowden zutreffend sind; insofern raten wir weiter zur Verschlüsselung." Es gebe sicher Geheimdienste, die Mails ausspähen, allerdings nicht Dienste befreundeter Länder, sagte Sprecher Jens Teschke.