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Ein Waffendeal und seine Folgen

Greta Hamann/ Clarissa Neher19. Dezember 2013

Rüstungsgeschäft mit politischem Beigeschmack: Brasilien kauft 36 Kampfjets in Schweden - und gibt US-Waffenhersteller Boeing einen Korb. Wird damit der große Bruder aus dem Norden provoziert?

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Kampfjet 39 Gripen F der Firma Saab (Foto: JONATHAN NACKSTRAND/AFP)
Bild: Jonathan Nackstrand/AFP/Getty Images

Fast zwei Jahrzehnte brauchte die brasilianische Regierung, um diese Entscheidung zu treffen: Mit welchem Land, mit welchem Unternehmen soll der große Rüstungsdeal stattfinden? Seit Mittwoch (18.12.2013) steht es fest: Brasilien beauftragt den schwedischen Konzern Saab mit dem Bau von 36 Kampfjets im Wert von 4,5 Milliarden US-Dollar.

Damit hat sich Brasilien gegen die anderen beiden Wettbewerber entschieden: Boeing aus den USA und den französischen Konzern Dassault Aviation. Eine Entscheidung mit großer Tragweite, glauben verschiedene US-Medien.

Bereits kurz nachdem das brasilianische Verteidigungsministerium verkündete, den Auftrag nach Schweden zu geben, gab es die ersten Reaktionen: "Brasilien brüskiert die USA", schreibt die New York Times, die Entscheidung käme "plötzlich", meint die Washington Post und die Nachrichtenagentur Reuters will sogar aus brasilianischen Regierungskreisen gehört haben, dass die NSA-Spionage in Brasilien Grund für die Auftragsvergabe an die Schweden - und nicht an die US-Amerikaner - gewesen sei.

"Entscheidung kam nicht plötzlich"

"Die Medien spielen das hoch“, sagt dagegen Oliver Stuenkel, Professor am brasilianischen Forschungsinstitut "Fundação Getúlio Vargas" in São Paulo im Gespräch mit der DW. "Brasilien hat sich für die schwedischen Kampfjets entschieden, weil sie billiger sind." Außerdem spiele die Frage des Technologietransfers eine große Rolle. Im Vertrag mit dem schwedischen Unternehmen Saab soll auch der Austausch von technologischem Wissen vereinbart worden sein.

Dilma Rousseff schüttelt Barack Obama die Hand. (Foto: dpa)
Da verstanden sie sich noch gut: Dilma Rousseff und US-Präsident Obama bei einem Besuch im April 2012Bild: AP

Antônio Jorge Ramos, Professor an der Universität von Brasília und aktueller Berater des brasilianischen Verteidigungsministeriums glaubt ebenfalls nicht, dass die Regierung in einer Kurzschlussreaktion gehandelt hat: "Seit mehr als 15 Jahren wird über das Thema diskutiert, man hat sich lange über die jeweiligen Vor- und Nachteile ausgetauscht. Von einer Überraschung kann hier keine Rede sein", sagt der Experte im Interview mit der DW.

USA sind unbeliebt bei den Brasilianern

Trotzdem, die Beziehungen zwischen dem nord- und dem südamerikanischen Land sehen derzeit nicht besonders rosig aus: "Hätten die Angebote aus Schweden und den USA komplett gleich ausgesehen, Brasilien hätte sich angesichts der aktuellen Situation auf keinen Fall für die US-Amerikaner und somit für Boeing entschieden", sagt der Experte für internationale Beziehungen, Oliver Stuenkel.

"In Brasilien ist es zurzeit nicht populär, pro USA zu sein." Hätte Brasilien den Deal mit Boeing abgeschlossen, wären die Popularitätswerde der brasilianischen Präsidentin Dilma Rousseff sicherlich nicht in die Höhe gestiegen, meint Stuenkel.

Grund für den schlechten Ruf der Amerikaner: Die nationale Sicherheitsagentur NSA hörte nicht nur das Telefon der Präsidentin Dilma Rousseff, sondern auch zahlreicher anderer Brasilianer ab. Die Verstimmungen um dieses Thema führten sogar so weit, dass Rousseff einen lange geplanten Staatsbesuch bei US-Präsident Obama im Oktober absagte.

Brasilien braucht die USA

Eisige Stimmung also zwischen Brasilien und den USA. Doch das Eis wird wieder schmelzen und beide Länder werden sich wieder annähern, sind sich die Experten einig: "Brasilien will die Beziehungen zu den USA nicht komplett aufs Spiel setzen", sagt Oliver Stuenkel. Langfristig seien die Nordamerikaner weiterhin wichtig, damit Brasilien eine breite Mischung an internationalen Wirtschafts- und politischen Beziehungen habe.

Edward Snowden. (Foto: Foto: Irina Oho/dpa)
Seine Enthüllungen haben Verstimmungen zwischen Brasilien und den USA provoziert: Edward SnowdenBild: picture-alliance/dpa

Valeriano Costa ist Meinungsforscher und Professor für Soziologie an der Universität "Unicamp" in Campinas. Im Interview mit der DW bestätigt auch er diese These: "Brasilien will die USA nicht weiter bestrafen. Damit würde sich das Land nur selbst schaden."

Brasilien ist zurzeit auf der Suche nach seinem Platz in der globalen Politik: Der lang geplante Kauf der Kampfjets soll ein Schritt hin zu mehr Unabhängigkeit sein, sagt Oliver Stuenkel. Und wer global ernst genommen werden möchte, benötige eine starke Luftwaffe, so der Experte.