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Ein lauter Knall und kaum Echo

Peter Lessmann und Uta Knapp (dpa)18. Januar 2013

Es wurde gemeckert, kritisiert und geschimpft. Zur ganz großen Abrechnung mit dem ThyssenKrupp Aufsichtsrat kam es nicht. Gerhard Cromme zeigte sich betroffen, zog aber keine persönlichen Konsequenzen.

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Gerhard Cromme Aufsichtsratsvorsitzender der ThyssenKrupp AG, spricht während der Hauptversammlung zu den Aktionären. (Foto:dpa)
Hauptversammlung von Thyssen Krupp AGBild: picture-alliance/dpa

Mit verschränkten Händen vor dem Gesicht lauscht ein alter Herr auf der Bühne nahezu regungslos den Ausführungen von Aufsichtsratchef Gerhard Cromme am Rednerpult. Berthold Beitz, der 99 Jahre alte Ehrenvorsitzende des Aufsichtsrates und Firmenpatriarch von ThyssenKrupp, ist selbst zur Hauptversammlung gekommen. Kurz zuvor hatte er dem stark in der Kritik stehenden Vorsitzenden des Kontrollgremiums noch einmal den Rücken gestärkt, indem er sich bei einem demonstrativen Schulterschluss mit Cromme ablichten ließ.

Das Bild hat Symbolkraft: Da mag der Konzern mit noch so massiven Problemen kämpfen, die Kruppstiftung, mit gut 25 Prozent größter Einzelaktionär des Unternehmens, hält fest zum Aufsichtsrat und seinem Vorsitzenden. Und dieser räumt in seinem Bericht über die Arbeit des Aufsichtsrates im vergangenen Geschäftsjahr zumindest eine Mitverantwortung für das Milliardendebakel und die Skandale in dem Konzern ein: "Ja wir haben zu lange vertraut, wir hätten früher handeln können", sagt Cromme. Und fügt dann aber schnell hinzu: "Aber wir haben gehandelt"

Berthold Beitz, Ehrenvorsitzender des Aufsichtsrates von ThyssenKrupp AG, spricht während der Hauptversammlung zu den Aktionären. (Foto:dpa)
Der Strippenzieher - Berthold Beitz hat mit seinen 99 Jahren noch viel Einfluss.Bild: picture-alliance/dpa

"Größte Teflonpfanne der Republik"

Doch manche Aktionären halten diese Worte für leer: Einer möchte Cromme als Versammlungsleiter gleich abwählen lassen, wird von dem sichtlich aus dem Konzept geratenen Aufsichtsratschef aber abgebügelt. Ein anderer bezeichnet den Aufsichtsratschef von ThyssenKrupp als "größte Teflonpfanne der Republik", weil ihm kein Makel anhaften will. Und Thomas Hechtfischer, Geschäftsführer der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz, zitiert den früheren Deutsche-Bank-Chef Hermann Josef Abs: "Es ist einfacher, eine eingeseifte Sau am Schwanz zu packen als einen Aufsichtsrat in die Verantwortung zu nehmen."

Immer wieder gerät auch der immense Einfluss der Kruppstiftung auf den Dax-Konzern ins Zentrum heftiger Kritik. Über ein sogenanntes Entsenderecht kann die Stiftung unter der Leitung des Krupp-Patriarchen seit 2007 bis zu drei Mitglieder in das Kontrollgremium schicken - ganz ohne Beschluss der Hauptversammlung. "Herr Beitz und die Stiftung haben es versäumt, dort entsprechende Expertise einzubringen und sollten sich deshalb künftig zurücknehmen und den Aufsichtsrat freier agieren lassen", fordert Aktionärssprecher Ingo Speich von Union Investment. "Denn wohin führt es, wenn ein deutscher Industriekonzern, der sich im globalen Wettbewerb behaupten muss, im Schatten der Villa Hügel von einem Patriarchen nach Gutsherrenart geführt wird?", fragt Speich.

ThyssenKrupp in der Krise

Hoffnung Hiesinger

Cromme gilt als möglicher Nachfolger von Beitz an der Spitze der Stiftung. Stellung nehmen will Cromme dazu nicht: "Da Herr Beitz sich allerbester Gesundheit erfreut, stellt sich die Frage nicht." Nahezu einhelliges Lob erntet dagegen der ehemalige Siemens-Manager Heinrich Hiesinger, der von Cromme nach Essen geholt worden war. Er habe den neuen Chef mit dem Auftrag geholt, in dem Konzern für saubere und klare Strukturen zu sorgen, sagt Cromme. Angesichts der sich häufenden Probleme hatte Hiesinger bei ThyssenKrupp die Notbremse gezogen.

Gerhard Cromme (l-r), Aufsichtsratsvorsitzender der ThyssenKrupp AG, Berthold Beitz und der Vorstandsvorsitzende Heinrich Hiesinger unterhalten sich am vor Beginn der Hauptversammlung miteinander. (Foto: dpa)
Der Hoffunungsträger der Aktionäre - Heinrich Hiesinger (rechts außen) ehemaliger Siemens-ManagerBild: picture-alliance/dpa

Auch bei dem Aktionärstreffen fordert der gebürtige Schwabe wieder einen fundamentalen Wandel der Konzernkultur: "Seilschaften und hierarchisches Denken sind überholt, langsam und, wie wir aktuell sehen, sie können zerstörerisch sein." Dabei kann er auch auf die Unterstützung der Aktionäre bauen. "Henry the Lion", sagt ein Kleinaktionär, "Heinrich der Löwe, bringen Sie uns nach vorne!".