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Ein Konzert macht Schule

Marita Berg17. März 2014

Es soll das größte Schulkonzert werden, das es je in Deutschland gegeben hat: Mit dem "Dvořák-Experiment" möchten die ARD-Rundfunkanstalten Schüler in ganz Deutschland für klassische Musik begeistern.

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Dvorak-Experiment Marita Berg An: Suzanne Cords 17.03.2014 08:48 Ein Mitglied der WDR Big Band im Gespräch mit Schülern Footo: @WDR
Bild: WDR

Mit einem neuen Musikprojekt wollen die neun ARD-Sender in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Musikrat Schule machen. Am 19. September 2014 können Schüler in ganz Deutschland gleichzeitig ein klassisches Konzer erleben: Um 11.15 Uhr erklingt dann die 9. Sinfonie von Antonín Dvořák "Aus der Neuen Welt", gespielt vom NDR-Sinfonieorchester unter der Leitung seines Chefdirigenten Thomas Hengelbrock. Schüler der Klassen fünf bis zwölf können "Das Dvořák-Experiment - Ein ARD-Konzert macht Schule" dann in den Funkhäusern der ARD, im Unterricht per Video-Livestream oder im Radio verfolgen.

"Das ist ein Projekt für hoffentlich alle Schüler in Deutschland, um sie an die klassische Musik heranzuführen", sagt Dirigent Thomas Hengelbrock. "Viele haben nämlich gar keine Beziehung dazu. Wir hoffen, den Schülern mit unserer Schulsinfonie klarzumachen, was das eigentlich für tolle Musik ist."

5 vor 12 für den Musikunterricht

Auch sein Leben sei durch Musik reich und glücklich geworden, erklärt Thomas Hengelbrock sein Engagement für das Dvorak-Experiment: In der klassischen Musik stecke ein irrsinniger Reichtum, der das Leben tiefer und differenzierter mache. "Vielleicht können wir mit dieser Schulsinfonie ein bisschen dazu beitragen, eine Lanze für die klassische Musik zu brechen", hofft er, zumal das Schulfach Musik einen "lausigen Stellenwert" habe.

Hengelbrock über die Emotionen klassischer Musik

Tatsächlich kommt der Musikunterricht in den Schulen in Deutschland heute meist viel zu kurz. Die Ausfallquote ist erschreckend. An Haupt- und Realschulen fallen über 60 Prozent der Unterrichtsstunden aus, an Gymnasien rund 35 Prozent. Oftmals fehlt es an Fachlehrern oder der Musikunterricht findet nur im Wechsel mit Kunstunterricht statt. "Es ist 5 vor 12 für das Thema der musikalischen Bildung in Deutschland", meint Christian Höppner vom Deutschen Musikrat, dabei sei eine qualifizierte und kontinuierliche musikalische Bildung vor allem in den prägenden Jahren der Kinder- und Jugendzeit besonders wichtig.

Abenteuerlust wecken

Für das erste deutschlandweite Schulkonzert am 19. September wurde Dvořáks Sinfonie "Aus der Neuen Welt" ausgewählt; ein Werk, mit dem Thomas Hengelbrock die Abenteuerlust der Schülerinnen und Schüler wecken möchte: "Gerade dieses Werk steht für Aufbruch", sagt der Chefdirigent des NDR-Sinfonieorchesters: "Als Dvořák nach Amerika ging, hat er sich dort von Farbigen Spirituals vorsingen lassen. Er hat sich auch mit der Musik der Indianer beschäftigt, und man kann diese Einflüsse in seiner Sinfonie spüren."

Der tschechische Komponist Anton Dvorák Foto: picture-alliance/Leemage
Mit Anton Dvorák Klassik lieben lernenBild: picture-alliance/Leemage

Das Schulkonzert wird kein normales Konzert sein. Thomas Hengelbrock wird moderieren, daneben sind Live-Schalten zu den beteiligten Schulen geplant. Schüler können dann direkt mit Hengelbrock sprechen: "Ich glaube, das wird ganz spannend sein, denn wir wollen alles ein bisschen erklären." Zu viele Erläuterungen soll es allerdings auch nicht geben, denn die Musik spreche für sich selbst, betont er. "Wir freuen uns alle sehr auf dieses Projekt."

Mitmachangebote

Zur Vorbereitung haben die Landesrundfunkanstalten viele Mitmachangebote geplant. Schüler und Lehrer können sich auf der Homepage des ARD-Schulkonzerts für die Teilnahme am Projekt anmelden. Hier findet man musikpädagogisches Begleitmaterial, Ideen für eine eigene Auseinandersetzung mit Dvořák, Hinweise auf Arrangements der Sinfonie, die für Schulchor oder -orchester geeignet sind. Darüber hinaus gibt es zahlreiche Aktionen, die die Musiker der ARD-Ensembles anbieten: Workshops, Videoprojekte und Arbeitsgruppen, in denen Schüler ihre eigenen Konzerteinführungen erarbeiten können.

Kinder sitzen im Publikum Copyright: NDR
Das Klassikpublikum der nächsten GenerationBild: NDR

So bietet das NDR Jugendsinfonieorchester "Schnupperkurse für künftige Dirigenten" an. Und beim MDR können Schüler während der "Sommerferien mit Dvořák" einen Tanz-Workshop besuchen. Der HR stellt ein "Super-Dvořák-Orchester" mit etwa 250 Mitgliedern von Schülerorchestern zusammen und auch die WDR Big Band hat schon konkrete Pläne: "Sie wird sich mit einer kleinen Combo an dem Projekt beteiligen, mit einem 'verjazzten Dvořák'", erzählt Mirjam von Jarzebowski von der WDR-Musikvermittlung "Plan M": "Die Musiker werden mit Schülern eines Gymnasiums und mit einem Schulchor über ihrem persönlichen Zugang zu Dvořák sprechen, mit ihnen über Themen aus Dvořáks Neunter improvisieren und dann am 19. September gemeinsam in einem Konzert im WDR-Sendesaal singen und spielen."

Einsatz der Medien

Wenn genügend Schüler, Lehrer und Schulen aus ganz Deutschland mitspielen, soll es das Projekt "Ein ARD-Konzert macht Schule" zukünftig einmal jährlich geben, ausgerichtet jeweils von einer anderen Landesrundfunkanstalt.

Jugendorchester bei der Probe Foto: NDR
Beim ARD-Konzert spielt auch der Nachwuchs mitBild: NDR

Für Thomas Hengelbrock bietet das Projekt jedenfalls die wunderbare Chance, Kinder und Jugendliche zu erreichen, die sonst vielleicht niemals den Weg in ein klassisches Konzert finden würden. Und der Einsatz der Medien gehört für den Dirigenten dazu: "Dieses Konzert ist im Internet zu sehen und zu hören und damit eigentlich weltweit. Klassische Musik kommt im Konzert oder auch im Fernsehen oftmals sehr langweilig rüber. Wir müssen uns deshalb alle Gedanken machen, wie das besser werden kann, damit wir die Geschichten, die durch Musik erzählt werden, an den Mann und die Frau kriegen."