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Ein echter Beuys für acht Euro

30. Januar 2010

Kunst bildet und ist für alle da. Doch sie gilt als teuer und elitär. Um Hemmschwellen abzubauen, verleihen Artotheken in Deutschland Kunst. Kostenlos oder gegen geringe Gebühr kann man hier Bilder mieten.

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Artothek Bonn (Foto: DW/Gerd Mörsch)
Viele Bilder fürs heimische WohnzimmerBild: DW

Das Konzept ist nicht neu, Kunstverleih gab es schon zu Beginn des 19. Jahrhunderts. In Deutschland kam er in den späten 1960er Jahren wieder richtig in Schwung. Damals war Demokratisierung von Kunst angesagt und man knüpfte so wieder an die Verleih-Tradition an. Das Konzept ist einfach - eine Artothek ist eine Bilderleihe. Sie funktioniert wie eine öffentliche Bibliothek. Statt Büchern kann man dort Werke zeitgenössischer Kunst für eine geringe Summe ausleihen und mit nach Hause oder ins Büro nehmen. Wer also regelmäßig echte Bilder statt Plakate oder billige Drucke in seiner Wohnung aufhängen will, sollte Mitglied in einer Artothek werden.

Zeit für Kunst

Artothek Bonn (Foto: DW/Gerd Mörsch)
Hallo! Ich hätte gerne Kunst! Bitteschön.Bild: DW

Hinter den Artotheken stehen verschiedene Träger - Bibliotheken, Kulturämter oder Kunstvereine. Wer Bilder leihen will, muss in der Regel Mitglied bei der Artothek sein. Dann kann man seinen aktuellen Favoriten meist auf zwei bis vier Monate befristet ausleihen. Je nachdem für wie lange man das Bild haben möchte, kostet einen zum Beispiel "Die Robbe" von Joseph Beuys nur acht Euro. Im Gegensatz zu traditionellen Ausstellungsorten wie Museum oder Galerie hat man so die Möglichkeit, sich in Ruhe mit einem Werk auseinanderzusetzen. Kunst braucht Zeit. Was würde man zum Beispiel von jemandem denken, der in einer Bücherei in einer Stunde etwa 30 Bücher "anliest"?

Einer leiht – viele freuen sich

Die Leihfristen sind begrenzt, damit alle einmal die Chance haben, die Schätze der Artothek in den eigenen vier Wänden zu genießen. Wartelisten sorgen für Gerechtigkeit. Zuhause wird das Bild nicht nur vom Entleiher selbst, sondern auch von Familie und Freunden "mitbenutzt." So kann es ein viel größeres Publikum als ein entliehenes Buch erreichen. Auch die Künstler wollen, dass ihre Bilder wandern. Das erhöht ihre Chancen, neue Käufer zu finden. Auf Wunsch stellt die Artothek Kontakt zu Künstlern und Galerien her. Allerdings kann man auch nicht alles, was man leihen kann, kaufen.

Artothek Bonn (Foto: DW/Gerd Mörsch)
An der Wand hängen immer die Neuerwerbungen - der Artothek BonnBild: DW

Wer zum Beispiel nach Bonn zieht, erhält von der Stadt einen Gutschein für die Artothek. Auf diesem Wege wurde auch Familie Seebold Mitglied. Befreundete Fotografen versprachen ihnen Bilder für ihre neue Wohnung, doch das ist schon lange her. Deshalb leihen sie regelmäßig Kunst für ihre noch recht leeren Wände aus. Angst, dass den gemieteten Schätzen zuhause oder auf dem Weg dorthin etwas passiert, müssen sie nicht haben: In der Leihgebühr ist die Kunstversicherung enthalten.

Bildernetz für Deutschland

Wer sich einmal ein Original von Künstlern wie Christo, Jörg Immendorf oder Günther Uecker in sein Wohnzimmer hängen will, ist in der Bonner Artothek genau richtig. Unter 1000 Bildern im Angebot findet sich sicher ein passendes Bild für Wohnung oder Büro. Und wer nicht in der Nähe von Bonn wohnt, kann im Internet schnell eine Artothek in seiner Umgebung finden. In ganz Deutschland gibt es über 130 Artotheken, die dafür sorgen, dass zeitgenössische Kunst nicht nur in Museen und Galerien zu sehen ist.

Autor: Gerd Mörsch

Redaktion: Marlis Schaum