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Käuflicher Sex...

3. Februar 2010

Die Osterweiterung der EU führt zu einer stärkeren Zuwanderung von Prostituierten aus Osteuropa in die westlichen Mitgliedsländer. Das belegt eine EU-finanzierte Studie über Prostitution in Europa.

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Prostituierte im pussy club berlin (Foto: dpa)
Viele Prostituierte kommen aus dem Osten EuropasBild: picture alliance/dpa

Mehr als die Hälfte aller Menschen, die in den EU-Mitgliedsländern käuflichen Sex anbieten, stammt aus dem Ausland. In Deutschland sind sogar 63 Prozent aller Prostituierten eingewandert. Der Anteil der Huren (so nennen sich die Prostituierten in Deutschland selbst) aus Osteuropa steigt dabei stetig an. Das hat das Amsterdamer Institut Tampep für die Europäische Union in einer Studie herausgefunden, die die Auswirkungen der Erweiterung um zwölf Staaten seit 2004 auf die Lage der Prostituierten in Europa untersucht.

Spitzenreiter der Herkunftsländer sind jetzt Rumänien, Russland und Bulgarien. Rumänien und Bulgarien gehören seit 2007 zur EU. Erst danach kommen Länder wie die Ukraine, Weißrussland, Zentralasien und Länder auf dem westlichen Balkan. Abgenommen hat der Anteil von Prostituierten aus Lateinamerika, Afrika und Asien. Das ist der Studie zufolge dadurch zu erklären, dass Sex-Arbeiterinnen aus den EU-Staaten einfacheren Zugang zu den Märkten in Westeuropa und weniger Probleme mit Aufenthaltsrechten haben. Der Zustrom von Prostituierten über den westlichen Balkan, hier vor allem Albanien, hat laut Amsterdamer Studie abgenommen.

Eine Schaufensterpuppe in Reizwäsche sitzt auf einem Balkon zwischen roten Laternen an der Fassade eines Bordells im Rotlichtviertel (Foto: dpa)
Bordellwerbung in Frankfurt am Main: Der EU-Trend geht zu Prostitution in geschlossenen RäumenBild: picture alliance/dpa

Deutschland hat relativ liberale Gesetze

In Deutschland, dem bevölkerungsreichsten EU-Staat, bieten geschätzt rund 400.000 Prostituierte ihre Dienste an. Hier herrscht neben der Schweiz und den Niederlanden die liberalste Gesetzgebung. Prostitution ist als berufliche Tätigkeit anerkannt. Huren müssen Einkommenssteuer abführen und sich krankenversichern.

In den EU-Staaten sind die gesetzlichen Regelungen sehr unterschiedlich. In Schweden ist Prostitution verboten. Vor allem die Freier, also die Kunden, werden belangt. In Frankreich sind Bordelle erlaubt, aber das Ansprechen von Freiern auf der Straße ist verboten. In Italien sind dagegen Bordelle, Liebesdienste in der eigenen Wohnung und Werbung für dieselben verboten. Die italienischen Behörden versuchen, Straßenprostitution durch weiträumige Sperrbezirke zurückzudrängen. Die Mafia ist dazu übergegangen, vor allem rumänische Prostitutierte auf den Straßenstrich zu schicken, weil diese als EU-Bürgerinnen nicht abgeschoben werden können. Huren im Norden Europas arbeiten eher in geschlossenen Räumen, Bars, Klubs und Hotels, während im Süden der Straßenstrich dominiert.

Rotlichtviertel in Amsterdam am Abend (Foto: AP)
Rotlichtviertel wie hier in Amsterdam sind in vielen EU-Staaten verbotenBild: AP

In Litauen gilt Prostitution als Ordnungswidrigkeit. In Polen ist sie grundsätzlich erlaubt. Zuhälter, Barbetreiber und ähnliche Unternehmer dürfen mit ihr aber kein Geld verdienen. In Rumänien ist alles, was mit käuflichem Sex zusammenhängt, illegal.

Viel Geld für Zuhälter

Eine Frau in Unterwäsche von hinten fotografiert (Foto: AP Photo/Thomas Kienzle)
In Deutschland zahlt jede Prostituierte 25 Euro Steuer pro TagBild: AP

Die soziale Situation besonders der eingewanderten Prostituierten ist in der gesamten EU schlecht. Sie werden häufig von Kunden, Zuhältern oder auch der Polizei bedroht. 57 Prozent der eingewanderten und 43 Prozent der einheimischen Prostituierten müssen einen erheblichen Teil ihres Lohnes an Dritte abführen. In Deutschland ist die Situation verschärft: Hier zahlen 80 Prozent der eingewanderten Huren an Zuhälter oder nicht näher genannte "Organisationen".

Oft leben die zugewanderten Prostituierten aus Nicht-EU-Staaten illegal in dem Land, in dem sie arbeiten. Sie sind ständig von Abschiebung bedroht und haben in den meisten Staaten keinen ungehinderten Zugang zum Gesundheitswesen. 87 Prozent der Prostituierten sind Frauen, sieben Prozent Männer und sechs Prozent Transsexuelle. Eine einheitliche Regelung des hochmobilen Geschäfts mit dem Sex ist in der EU noch in weiter Ferne. Die Studie des Tampep-Instituts stellt fest, dass es in den EU-Staaten eine Tendenz zu restriktiverer Gesetzgebung gibt.

Autor: Bernd Riegert
Redaktion: Julia Kuckelkorn