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Sport und Faschismus

1. August 2009

Noch bis zum 2. August findet in Rom die Schwimmweltmeisterschaft statt - in einer der größten Sportspielstätte dort: im "Foro Italico". Es wurde extra restauriert.

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Ein Radfahrer fährt im Foro Italico, der Sportspielstätte in Rom (Foto: DW)
Die Mosaike im Foro ItalicoBild: DW

Das "Foro Italico" hieß einst "Foro Mussolini". Der Diktator ließ die Anlagen als Modell faschistischer Kunst und Architektur bauen, ausgestattet mit Symbolen, die dem Sport zu Zeiten der faschistischen Diktatur huldigen. Trotz der Modernisierung haftet dem Stadion eine gewisse Atmosphäre an, die den Italienern noch immer ein mulmiges Gefühl bereitet.

Mussolini ist unübersehbar

Athleten und Zuschauer, die am "Foro Italico" ankommen, wissen sofort, wer dort einmal regiert hat. Die Reiseleiterin Sarah Morgan schaut zu einem 17 Meter hohen Denkmal auf. "Das ist der Obelisk - Mussolinis Obelisk, was immer noch offensichtlich ist. Denn sie haben nicht versucht, seinen Namen zu entfernen, der in den Marmor eingraviert ist", erklärt sie ihrer Reisegruppe.

Benito Mussolini (Foto: AP)
Benito Mussolini 1934Bild: AP

"Mussolini Dux" - zu Deutsch: Mussolini, der Führer. Dieser Schriftzug verläuft in der Mitte des restaurierten, weißen Marmors von oben nach unten. Der Stein, der 1932 aufgestellt wurde, kam aus einer Stadt in der Toskana, die Marmor für viele der alten römischen Denkmäler geliefert hat. Der Duce, wie Mussolini genannt wurde, wollte sein eigenes Forum bauen. Es sollte die von Cäsar und Augustus übertreffen.

Ideen und Symbole des alten Rom als Rechtfertigung

Sarah Morgan, die ihre Doktorarbeit über Geschlechter und Sport im faschistischen Italien geschrieben hat, erklärt, dass der Schritt zurück in die Vergangenheit der Partei damals gut ins Konzept gepasst habe. "Es war eine Zeit, auf die sie zurückgreifen konnten, um zu zeigen, wie großartig Rom zu Zeiten des römischen Imperiums war", erläutert sie.

Die Propaganda ist in dem gesamten Gebäudekomplex, den der Architekt Enrico del Debbio entworfen hat, zu lesen. Natürlich spielt auch der Sport eine Schlüsselrolle. Überall gibt es Mosaike mit muskelbepackten Männern, die Sportarten treiben, die Mussolini mochte: Fechten, Speerwerfen, Werfen und Hockey. Radfahren dagegen gibt es nicht, weil der Duce das für einen Kommunistensport hielt. Die Faschisten hatten ihre eigenen Sportligen, alle anderen waren verboten. Leichtathletik war einer der Pfeiler der Parteiideologie.

Schwimmer Thomas Lurz bei der Schwimm-WM in Rom 2009 (Foto: picture-alliance/dpa)
Schwimmer Thomas Lurz bei der Schwimm-WM im Foro ItalicoBild: picture-alliance/ dpa

Die Alliierten haben Rom 1944 befreit, aber die Erinnerungen sind geblieben. Die Schwimm-WM findet im "Stadio dei Marmi" im "Foro Italico" statt. Das Stadion ist von 60 Marmorstatuen eingefasst. Es sind Figuren von gladiatorenähnlichen nackten Sportlern, eine seltsame Darstellung von Boxern, Basketballspielern oder Skifahrern. Die Lieblingsstatue von Valerio Raschiatore, einem jungen Italiener, steht etwas abseits der anderen. "Mir gefällt Herkules am besten. Er symbolisiert Rom und er sieht von allen am besten aus", schwärmt Valerio.

Rom war das Machtzentrum der Faschisten

Dieses Stadion sei beeindruckend, erklärt Valerio, aber oft wegen seines Nachbarn ignoriert worden. Das Olympiastadion von 1960 sei nur ein paar Schritte entfernt und der Treffpunkt vieler junger Römer, die dorthin kämen, um ihre Fußballmannschaft anzufeuern.

Dennoch, sagt Valerio, könne die Éwige Stadt sich nicht vor ihrer Geschichte verstecken: "Rom und seine Menschen sind mehr als andere Italiener mit dem Faschismus verbunden, weil die Stadt das Machtzentrum der Faschisten war."

Das Foro Italico besticht durch die schöne Architektur

Schwimmer trainieren im Becken vor WM-Plakat (Foto: dpa)
Die Schwimm-WM 2009 im Foro ItalicoBild: DPA

Der Pool des "Foro Italico", der auch mit Mosaiken eingefasst ist, wird während der WM nicht genutzt. Piero Mei erklärt, dass dieses Becken und die anderen Einrichtungen viele Jahre nicht genutzt worden seien und abgerissen werden sollten, weil sie Mussolinis Regime symbolisierten. "Dann wurde das Foro Italico wieder entdeckt, weit entfernt von der Ideologie", erinnert sich Mei.

Und die Schwimmerin Novella Calligaris meint, dass 70 Jahre ausreichen müssen, um das "Foro Italico" von seiner dunklen Vergangenheit zu trennen. Die Ewige Stadt habe das schon vorher getan, sagt Calligaris: "Da ist auch das Kolosseum und darin haben die Römer früher die Christen den Löwen vorgeworfen. Aber das hat nichts mit dem Kolosseum zu tun."

Autor: Nancy Greenlease
Redaktion: Nicole Scherschun