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Ebadis Kritik

Ana Lehmann7. März 2007

Während Irans Regierung viel Geld in das Atomprogramm des Landes steckt, wächst die Armut der Menschen. Diesen Vorwurf erhebt die iranische Friedensnobelpreisträgerin Shirin Ebadi gegen Präsident Mahmud Ahmadinedschad.

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Shirin Ebadi, Archivfoto
Shirin Ebadi verurteilt die politische Schwerpunktsetzung im IranBild: AP

Alle Angaben zur Größe, Struktur und Bewaffnung des Militärs werden vom iranischen Staat streng geheim gehalten. Der amerikanische Geheimdienst CIA schätzt jedoch, dass das Militärbudget Irans im Jahr 2003 bei rund 3,4 Milliarden Dollar lag, das entsprach etwa drei Prozent des Bruttoinlandproduktes. Im Jahr 2006, ein Jahr nach der Amtsübernahme von Präsident Mahmud Ahmadinedschad, soll es sich auf rund 6,2 Milliarden Dollar verdoppelt haben.

Shirin Ebadi, Archivfoto
Shirin Ebadi engagiert sich für ihr Land (Archivfoto)Bild: AP

"Das wachsende Militärbudget belastet zunehmend die Entwicklung und das Wohlergehen der Bevölkerung", erklärte die iranische Menschenrechtsaktivistin Shirin Ebadi auf einer Konferenz in Teheran zum Thema Menschenrechte und wirtschaftliche Entwicklung. "Die ständige Erhöhung der Militärausgaben hat dazu geführt, dass das Budget für Gesundheit und Bildung im Iran immer kleiner geworden ist."

Irans Großmacht-Pläne

Die iranische Regierung will das Land nach eigenen Angaben zu einer Großmacht in der Region aufbauen. Sie rechtfertigt die Militärausgaben damit und mit einer angeblich kritischen und gefährlichen außenpolitischen Situation, auf die das Land angemessen reagieren müsse. Das sei jedoch ein falsches Argument, meint Ebadi, "weil das, was ein Land verteidigt und zu Stabilität und Sicherheit führt, die Menschen sind". Ein Beispiel sei der Krieg gegen Irak (1980-1988). Damals habe Saddam Hussein eine der größten militärischen Mächte gestellt und der Iran sei nach der Revolution ein schwaches Land gewesen. "Aber die Menschen im Iran haben gezeigt, dass sie auch mit leerem Händen das Land verteidigen können. Und gerade deshalb bestehe ich darauf, dass das Budget für Militärzwecke reduziert werden muss und für Gesundheit, Bildung, Arbeitsbeschaffung und Wohnung eingesetzt werden muss."

Im Iran leben rund 38 Prozent der Bevölkerung unter der Armutsgrenze, sagt Ebadi, das seien immerhin 25 Millionen Menschen. Und es würden immer mehr. Präsident Ahmadinedschad war angetreten mit dem Versprechen, mehr soziale Gerechtigkeit zu schaffen. Doch nun sei die Regierung dabei, die Gelder für medizinische Versorgung immer weiter zu kürzen, so die Menschenrechtlerin. Viele Ärzte hätten gegen diese Entwicklung bereits Protest erhoben.

Zu Lasten der Zivilbevölkerung

Auf der Konferenz in Teheran zum Thema Menschenrechte und wirtschaftliche Entwicklung verurteilte die Friedensnobelpreis-Trägerin außerdem, dass die Regierung Ahmadinedschad immer häufiger militärischen Organisationen Wirtschaftsaufträge in Milliardenhöhe erteile, zum Beispiel zur Gas- und Ölversorgung im Süden des Landes. Auch dies gehe zu Lasten des Wohlergehens der Zivilbevölkerung:

Iran ist vor allem wegen seiner Öl- und Erdgasexporte ein reiches Land. Doch iranische Ökonomen warnen, dass zwischen 1998 und 2006 die Öl-Einkünfte sich zwar vervierfacht hätten, die Staatsausgaben seien aber um das Achtfache gestiegen. Noch rette der hohe Ölpreis die Staatsfinanzen über den Tag, aber langfristig brauche Präsident Ahmadinedschad frisches Kapital, sagen die Wirtschaftsexperten. Zu seinen wichtigsten Aufgaben gehörten demnach, jährlich rund 700.000 neue Jobs zu schaffen, das Gesundheitssystem zu sanieren und jungen Menschen eine Perspektive zu geben. Ansonsten, so warnen Beobachter, drohe dem Iran eine ökonomische und bedrohliche soziale Krise.