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Die Vermögenssteuer soll wieder her

29. September 2012

Tausende Menschen haben in ganz Deutschland für mehr soziale Gerechtigkeit demonstriert. Ihr Motto lautete "Umfairteilen - Reichtum besteuern". Ob das allein aber hilft?

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Demonstranten mit Banner (Foto: dapd)
Bild: Maja Hitij/dapd

In fast 40 Städten gab es Kundgebungen für eine höhere Besteuerung von Reichen. Nach Angaben der Veranstalter beteiligten sich bundesweit 40.000 Menschen. Allein in Hamburg waren es 7000. Ähnlich große Veranstaltungen fanden in Berlin, Frankfurt, Köln, Saarbrücken und München statt. Die Angaben der Polizei dagegen fielen erheblich niedriger aus.

In Hamburg wurde als Zeichen für Umverteilungen an Handelskammer, Börse und Banken symbolische Geldsäcke eingesammelt, die die Teilnehmer einer Menschenkette weiterreichten zum Rathausmarkt. Dort wurden die "Geldsäcke" vor dem Rathaus gestapelt.

Sozialstaat in Gefahr

Ein Bündnis aus Gewerkschaften, Sozialverbänden und Parteien hatte zu dem Aktionstag aufgerufen. Sie fordern eine Erhöhung des Spitzensteuersatzes sowie der Erbschaftssteuer, die Wiedereinführung einer Vermögenssteuer, höhere Steuern auf Unternehmensgewinne und Kapitalerträge sowie eine Finanztransaktionssteuer.

Der Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes, Ulrich Schneider, sagte in Bochum, ohne Veränderungen in der Steuerpolitik sehe er die Finanzierung des Sozialstaats in Gefahr. Annelie Buntenbach vom Bundesvorstand des Deutschen Gewerkschaftsbundes verlangte, Reiche müssten unter anderem über Erbschaftssteuern und Vermögensabgaben stärker zur Kasse gebeten werden. Mit dem Steuerrecht aus dem Jahr 2000, als noch die Vermögenssteuer erhoben wurde, stünden Deutschland heute jährlich Steuermehreinnahmen von 50 Milliarden Euro zur Verfügung.

Grünen-Chefin Roth fürchtet um das Gemeinwohl

Grünen-Chefin Claudia Roth warnte vor einem zunehmenden Auseinanderdriften der Gesellschaft "Unser Gemeinwesen nimmt deutlichen Schaden, wenn wir nicht bald umsteuern", sagte sie in einem interview der Deutschen Presse-Agentur.

Immer mehr Menschen würden abgehängt, während die Gruppe der Reichen nicht ausreichend in die Verantwortung für das Gemeinwohl genommen werde. "Wir brauchen deshalb endlich eine Vermögensabgabe", forderte Roth.

Einnahmen anders verteilen

Steuerexperten sehen das allerdings anders. "Die Schere zwischen Arm und Reich kann nicht durch eine Steuererhöhungspolitik geschlossen werden", sagte der Präsident des Bundes der Steuerzahler, Reiner Holznagel. Trotz vielerorts leerer Kassen und hoher Verschuldung sprach er sich gegen höhere Steuern für Reiche aus. "In der Gesamtheit sind die Kommunen nicht pleite. Auch sind die öffentlichen Kassen nicht leer."

Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen und Bayern machten beispielsweise keine neuen Schulden. Dennoch gebe es Probleme in manchen Kommunen und Landeshaushalten. Deshalb müsse mit Blick auf die Kommunalfinanzen "auch über die Verteilung der Steuermittel gesprochen werden".

Zielgerichtet spenden und fördern

Kritisch sieht Holznagel auch die "Initiative Vermögender für eine Vermögensabgabe", die das "Bündnis Umfairteilen" unterstützt. Sie werben dafür, Reiche mehr an den Lasten des Staates zu beteiligen. Diese Idee sei falsch, weil damit suggeriert werde, die Probleme, gerade in der Bildung, könnten mit mehr Geld gelöst werden.

Wenn sich diese Bürger engagieren wollten, sollten sie sich an sozialen oder Bildungsprojekten beteiligen oder zielgerichtet spenden, empfahl der Verbandspräsident. Er habe "großen Respekt vor der Einstellung, dass man durchaus mehr Steuern zahlen will", sagte Holznagel. Doch sei es falsch, diese individuelle Einschätzung auf die Steuergesetzgebung umzulegen.

Zugleich betone er, dass die finanzielle Belastung in der Spitze schon heute bei über 50 Prozent liegt: "Neben den 45 Prozent Spitzensteuersatz werden leider immer wieder der Soli mit 5,5 Prozent und die Kirchensteuer von bis zu 9 Prozent vergessen."

uh/kle (dpa, epd)