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Sorgfalt bei Facebook angemahnt

Kay-Alexander Scholz18. September 2012

In Deutschland kümmert sich der Presserat um die Einhaltung ethischer Normen im Journalismus. Soziale Netzwerke und der Streit um religiöse Gefühle sorgen dafür, dass die Organisation immer mehr zu tun hat.

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Facebook Mobil Smartphone (Foto: AP/dapd)
Bild: dapd

Der Deutsche Presserat, die freiwillige Selbstkontrolle der Presse in Deutschland, erhält zunehmend Beschwerden, bei denen Leser die Verwendung von Fotos oder Postings aus sozialen Netzwerken kritisieren. Genaue Zahlen könne sie aber noch keine nennen, sagte Pressesprecherin Edda Kremer am Rande der Vorstellung des Jahresberichts der Organisation. Deshalb werde nun darüber nachgedacht, zukünftig einen extra Bereich dafür bei der Erfassung der Beschwerden vorzusehen.

Pressecodex gilt auch in der digitalen Welt

Dabei ginge es um grundlegend unterschiedliche Fragen, die einerseits die journalistische Recherche betreffen und andererseits Veröffentlichung von Informationen, erklärte die Sprecherin des Presserats, Ursula Ernst. "Denn grundsätzlich gehört die Recherche in sozialen Netzwerken zum legitimen journalistischen Handwerkszeug, doch dürfen soziale Netzwerke kein Selbstbedienungsladen sein, mit den Inhalten muss sorgsam umgegangen werden." Die eigene Darstellung, zum Beispiel in einem Facebook-Profil, bedeute nicht zwingend eine Medienöffentlichkeit. Das Recht einer Person auf den Schutz des Privatlebens - Ziffer 8 des vom Presserat verfassten Pressekodex - gelte auch in solchen Fällen.

Edda Kremer, Ursula Ernst und Lutz Tillmann vom deutschen Presserat (Foto: DW/André Leslie)
Edda Kremer, Ursula Ernst und Lutz Tillmann vom deutschen PresseratBild: DW

Deshalb wurde zum Beispiel die Beschwerde eines Elternpaares im Jahr 2011 zugelassen, die sich gegen die ungefragte Veröffentlichung eines Facebook-Privatfotos ihres bei einem tragischen Unfall getöteten Sohnes aussprachen. In einem anderen Fall, bei dem ein Facebook-Posting zur Aufklärung des Fähr-Unglücks der "Concordia" beitragen konnte, wies der Presserat die Beschwerde dagegen zurück. "Hier war das öffentliche Interesse höher zu bewerten als der Schutz von privaten Informationen", erklärte der Geschäftsführer des Presserats, Lutz Tillmans, und ergänzte, dass es letztlich "immer auf den Einzelfall ankommt".

Ethische Normen einhalten

Der Presserat hat im Jahr 2011 insgesamt 1323 Beschwerden von Bürgern über Berichte in Zeitungen und Zeitschriften bekommen. Seit Jahren steigt diese Zahl; im Jahr 2005 gab es nur 746 Beschwerden. "Wir sind bekannter geworden", erklärt Ursula Ernst die Zunahme.

Beschweren können sich die Bürger zum Beispiel über mangelnde Sorgfalt in der Presse, über die Verletzung ihrer Persönlichkeitsrechte oder der Menschenwürde allgemein. Danach beraten die Mitglieder des Presserats, der sich zur Hälfte aus Journalisten und Verlegern zusammensetzt, ob diese Beschwerden berechtigt sind und ob eine Rüge oder Missbilligung ausgesprochen wird.

Die Entscheidungen haben meist Signalfunktion. Sie werden deshalb nach eigenen Angaben gut vorbereitet. "Wir haben im vergangenen Jahr kontrovers darüber diskutiert, ob das Foto des schwer zugerichteten getöteten libyschen Diktators Gaddafi abgedruckt werden darf", berichtet Ursula Ernst. Die Entscheidung lautete schließlich, dass das Foto nicht als Sensationslust bedienendes Aufmacherfoto, sondern nur im unteren Teil einer Zeitung oder eingebettet in einen Artikel gedruckt werden dürfe. "Aber man muss das Foto aushalten können", sagte Ursula Ernst.

"Schmähung religiöser Gefühle"

Bei einem anderen breit diskutierten Fall, dem umstrittenen Papst-Foto auf dem Cover des Satire-Magazins "Titanic", hat der Presserat noch keine Entscheidung getroffen. Geprüft würden derzeit Beschwerden, wonach das Foto, das den Papst mit befleckter Soutane zeigt, religiöse Gefühle verletze. "Andererseits sind bei Satire nun einmal viele Dinge möglich", so Ursula Ernst.

Zum Islam-Youtube-Video, das zu Ausschreitungen in vielen islamischen Ländern geführt hat, liegen dem Presserat noch keine expliziten Beschwerden vor. Deshalb könne er auch noch kein Urteil bekanntgeben, sagte Presserat-Geschäftsführer Tillmanns. Allerdings seien seiner persönlichen Meinung nach Berichte über das Video mit entsprechenden Ausschnitten in Ordnung. Es gelte dennoch Ziffer 10 des Pressecodex' zu beachten, wonach die Presse auf die Schmähung von religiösen Gefühlen verzichte. Eine Veröffentlichung des kompletten Videos sei deshalb wohl nicht mit dem Pressecodex vereinbar, meint Tillmanns.