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Pro Deutschland rudert zurück

Tobias Oelmaier16. September 2012

Die rechte Splitterpartei Pro Deutschland hatte angekündigt, das umstrittene Mohammed-Video in voller Länge zeigen zu wollen. Im DW-Interview rudert der stellvertretende Vorsitzende zurück.

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Mitglieder der rechtspopulistischen Gruppe Pro Deutschland stehen vor der As-Sahaba-Moschee in Berlin (Bild: dpa)
Pro Deutschland Demonstrationen in BerlinBild: picture-alliance/dpa

Politisch eher eine Randerscheinung, macht die "Bürgerbewegung Pro Deutschland" vor allem durch populistische, antiislamische, antisalafistische und ausländerfeindliche Aktionen auf sich aufmerksam. Vor wenigen Tagen hatte die Partei auf ihrer Internetseite angekündigt, sie wolle den umstrittenen Mohammed-Film "Innocence of Muslims" in Berlin zeigen. Das hätten Berliner Parteivertreter entschieden, nachdem es in Ägypten und Libyen zu schweren Ausschreitungen muslimischer Extremisten gekommen war, hieß es dort noch am Sonntag (16.09.2012).

Das Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" zitiert den Bundesvorsitzenden der "Bürgerbewegung Pro Deutschland", Manfred Rouhs, mit den Worten, der umstrittene Mohammed-Film solle in voller Länge gezeigt werden. Es gehe der Gruppe, so Rouhs, "um die Kunst- und Meinungsfreiheit".

Das Video noch gar nicht gesehen

Diese Pläne hat der stellvertretende Bundesvorsitzende, der Heilbronner Stadtrat Alfred Dagenbach, am Sonntag im Interview mit der Deutschen Welle relativiert. Laut Dagenbach gibt es noch gar keinen Beschluss, dass das Video, das als Auslöser für die jüngsten Angriffe auf die US-amerikanische, die britische und die deutsche Botschaft im Sudan gilt, gezeigt werden soll. Er selbst sei nicht der Meinung, "dass man jetzt auf diesen Zug aufspringen sollte, zumal das Video meines Erachtens derart primitiv ist, dass es der Ebene gleichkommt, die aus der arabischen Gegend immer wieder über das Christentum verbreitet wird". Dagenbach bezeichnete die Äußerungen Rouhs als "eine Idee - aber da war der Inhalt offensichtlich noch nicht ganz so bekannt." Jetzt, wo er das Video gesehen habe, finde er es "derart widerlich, dass man so eine Sache eigentlich gar nicht befürworten kann."

Demonstranten, die eine Kundgebung der rechtspopulistischen Gruppierung Pro Deutschland stören, stehen vor der As-Sahaba-Moschee in Berlin (Bild: dpa)
Gegenkundgebung in Berlin - viele Deutsche distanzieren sich von den Pro Deutschland-AktionenBild: picture-alliance/dpa

In seiner Partei gebe es zurzeit durchaus Diskussionen per E-Mail. Diejenigen, mit denen Dagenbach inzwischen Kontakt hatte, seien mittlerweile alle keine großen Befürworter. "Es war ja ursprünglich nur ein ganz kurzer Trailer bekannt, wo man den Eindruck gehabt hat, dass das irgendwie vielleicht vertretbar wäre."

Kleine Partei - großer Schaden?

Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) hatte im Spiegel vor der Provokation durch die Weiterverbreitung des in den USA produzierten Anti-Islam-Videos gewarnt. Friedrich kündigte an, dagegen mit "allen rechtlich zulässigen Mitteln" vorgehen zu wollen. "Pro Deutschland" gösse "grob fahrlässig Öl ins Feuer" mit der Ankündigung, den Film öffentlich vorzuführen. Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) hatte unmittelbar nach Bekanntwerden des Angriffs auf die Deutsche Botschaft im Sudan neben diesem Anschlag auch das "schändliche Video" verurteilt. "Aber das ist keine Rechtfertigung für Gewalt", so Westerwelle weiter.

Bisherige Aktionen von "Pro Deutschland" wurden offenbar selbst im Ausland wahrgenommen. Bereits Anfang September, so berichtet der Spiegel, hätten mehrere radikale Vorbeter in Sudans Hauptstadt Khartum auf Demonstrationen der Partei vor Berliner Moscheen hingewiesen, bei denen Mohammed-Karikaturen in die Höhe gehalten und Schilder mit durchgestrichenen Moscheen gezeigt worden seien. Der Angriff auf die deutsche Botschaft durch mutmaßlich islamistische Extremisten könnte nun die Vergeltung dafür gewesen sein.

Rauch steigt aus der deutschen Botschaft in Khartum (Bild: AFP)
Der Angriff auf die deutsche Botschaft im Sudan könnte eine Folge der Pro-Deutschland-Äußerungen seinBild: AFP/Getty Images

Rechtsextremistische Vergangenheit mehrerer Funktionäre

Die "Bürgerbewegung Pro Deutschland" gilt als rechtspopulistische Gruppierung, die Anfang 2005 aus der "Bürgerbewegung Pro Köln" hervorgegangen ist. Sie wird vom Verfassungsschutz des Landes Nordrhein-Westfalen im Bereich Rechtsextremismus genannt. Das bedeutet, dass es Anhaltspunkte für rechtsextremistische Bestrebungen gibt. Mehrere Funktionäre, darunter der Parteivorsitzende Rouhs, haben eine rechtsradikale Vergangenheit. Rouhs war unter anderem Mitglied der NPD. Öffentliche Auftritte von "Pro Deutschland" machen häufig den Eindruck, man wolle Salafisten geradezu provozieren.

Nach dem "Rechenschaftsbericht politischer Parteien in Deutschland" hatte "Pro Deutschland" Ende 2010 insgesamt 256 Mitglieder. Nach eigenen Angaben sind es mittelerweile 1760. Finanziert wird die Partei größtenteils durch Spenden. Politisch ist sie nahezu bedeutungslos. Bei den Wahlen zum Berliner Abgeordnetenhaus im September 2011 landete "Pro Berlin", der Hauptstadt-Ableger der Partei, bei 1,2 Prozent der Stimmen.