1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Rumänischer Minister beleidigt Holocaust-Opfer

12. August 2012

In Rumänien ist ein Politiker seit Monaten negativ in den Schlagzeilen, weil er die rumänische Beteiligung am Holocaust geleugnet hat. Da der Mann inzwischen Minister wurde, nahm die Kritik zu - auch aus Deutschland.

https://p.dw.com/p/15oF8
Häftlinge auf dem Carachoweg (Copyright: Gedenkstätte Buchenwald)
Bild: Gedenkstätte Buchenwald

Der Außenpolitik-Experte der CDU, Ruprecht Polenz, fordert den Rücktritt des neuen rumänischen Ministers Dan Sova, weil dieser die Judenverfolgung in Rumänien im Zweiten Weltkrieg abgestritten hatte. Der Sozialist Sova war im Zuge der rumänischen Regierungskrise am Montag zum Minister für die Beziehungen zum Parlament ernannt worden. Noch im März hatte Sova behauptet, die Juden hätten in Rumänien während des Regimes des mit dem damaligen Nazideutschland verbündeten Ion Antonescu nicht gelitten. Daraufhin hatten ihn das Bukarester Zentrum zur Bekämpfung des Antisemitismus und die Roma-Organisation Romani Criss verklagt. Massive Kritik kam auch von Nichtregierungsorganisationen, darunter vom Helsinki Committee for Human Rights.

"Untragbar"

Der Außenpolitiker Polenz sagte der "Süddeutschen Zeitung", jemand, der die Verfolgung und Ermordung der rumänischen Juden abstreitet, sei untragbar: "Wer das Leid der rumänischen Juden in Abrede stellt, handelt geschichtsvergessen und verantwortungslos und beleidigt die Angehörigen der Opfer", sagte Polenz, der zugleich den Vorsitz im Auswärtigen Ausschuss des Bundestages inne hat.

Ruprecht Polenz (Foto: Karlheinz Schindler)
CDU-Politiker Polenz fordert den Rücktritt eines umstrittenen rumänischen MinistersBild: picture-alliance/dpa

Kritik an Sova und dessen Berufung zum Minister kam auch aus der FDP. Die Europaabgeordnete der Liberalen, Nadja Hirsch, sagte, sie halte Sova für "nicht ministrabel". Der Fall Sova, aber auch die gesamte politische Situation in Rumänien seien "schädlich" für Demokratie und Rechtsstaatlichkeit.

Sova, ebenso wie Ministerpräsident Victor Ponta Mitglied der Sozialdemokratischen Partei (PSD), hatte im März behauptet, während des mit Hitler-Deutschland verbündeten Regimes von Marschall Ion Antonescu (1940-1944) sei auf rumänischem Boden "kein Jude zu Schaden gekommen". Tatsächlich wurden während der Diktatur in Rumänien mindestens 280.000 Juden getötet - in manchen Quellen ist von 380.000 Ermordeten die Rede. Die meisten von ihnen kamen in Konzentrationslagern in Transnistrien ums Leben, einer sowjetischen Region, die Rumänien 1941 zusammen mit der deutschen Wehrmacht besetzt hatte.

"Absolut dumm"

Ministerpräsident Ponta - zugleich PSD-Vorsitzender - verurteilte Sovas Leugnen des Holocaust in Rumänien als "sehr peinlich" und "absolut dumm". Zudem entließ er ihn als Sprecher seiner Partei. Angesichts des Drucks aus dem In- und Ausland nahm Sova am Freitag seine früheren Behauptungen zurück und erklärte, auf der Basis historischer Daten sei er nun zu der Überzeugung gekommen, dass es mehr als 250.000 jüdische Todesopfer in Rumänien gegeben habe.

Ebenso wie in Deutschland ist in Rumänien das Leugnen des Holocaust verboten. Die Regelung gilt dort seit dem Jahr 2006. Sollte die am Mittwoch bei der obersten Staatsanwaltschaft eingereichte Klage gegen Sova vor Gericht Erfolg haben, drohen dem Minister sechs Monate bis fünf Jahre Haft.

hp/kle (dpa, dapd, afp)