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Richter nehmen sich Zeit mit ESM

16. Juli 2012

Gründlichkeit vor Schnelligkeit: Das Bundesverfassungsgericht wird erst am 12. September über die Eilanträge zum Euro-Rettungsfonds ESM und den Fiskalpakt urteilen. Spitzenpolitiker hatten Karlsruhe zur Eile gedrängt.

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Im Bundesverfassungsgericht (Foto: dpa)
Bild: picture-alliance/dpa

Die Richter des Karlsruher Bundesverfassungsgerichtes nehmen sich damit zwei Monate Zeit für ihre Entscheidung über die Eilanträge gegen die Gesetze zum dauerhaften Euro-Rettungsschirm (ESM) und zum Fiskalpakt, deutlich mehr Zeit als sonst üblich bei Entscheidungen über Eilanträge.

Das Verfassungsgericht muss über Klagen und Eilanträge urteilen, die unter anderem der Verein "Mehr Demokratie" um Ex-Bundesjustizministerin Herta Däubler-Gmelin (SPD), die Linken-Fraktion und der CSU-Politiker Peter Gauweiler eingereicht hatten. Sie sehen durch die Verträge zur Eurorettung die Budgethoheit des Bundestages untergraben und die Grenzen des Grundgesetzes zur Integration in Europa weit überschritten. Nach dem Willen der Kläger soll das Verfassungsgericht dem Bundespräsidenten vorerst untersagen, die Zustimmungsgesetze zu unterzeichnen. Diese einstweilige Anordnung würde dann so lange gelten, bis das Gericht die Verfassungsmäßigkeit der Gesetze in einem Hauptsacheverfahren geklärt hat.

Der ESM soll Euro-Ländern mit bis zu 500 Milliarden Euro beistehen können. Dafür steht Deutschland mit 22 Milliarden Euro in bar und weiteren 168 Milliarden Euro an abrufbarem Kapital gerade. Mit dem Fiskalpakt verpflichten sich 25 EU-Staaten, Schuldenbremsen einzuführen.

Eine Sprecherin des Gerichtes begründete die Entscheidung für den 12. September mit der herausragenden Bedeutung des Verfahrens. Eine Entscheidung innerhalb von zwei bis drei Wochen mit einer reinen Folgenabwägung würde der Sache nicht gerecht. Die Richter brauchten "mehr Zeit, um eine eingehendere summarische Rechtsprüfung durchführen zu können".

Spitzenpolitiker drängten zur Eile

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) hatte in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverfassungsgericht am 10. Juli auf einen raschen Richterspruch gedrängt. Auch andere Spitzenpolitiker mahnten, dass sich das Verfassungsgericht nicht Monate Zeit für ein Urteil nehmen sollte. So sagte Euro-Gruppen-Chef Jean-Claude Juncker, es sei nicht hilfreich, wenn sich das Verfassungsgericht bis zum Herbst Zeit lasse. Hintergrund ist, dass die Spitzen der nationalen Regierungen und der Europäischen Union mit unanfechtbaren Maßnahmen die Finanzmärkte beruhigen wollen. Durch das Vertrauen der Finanzmärkte sollen auch die Zinsen für die Kredite sinken, die die Krisenstaaten aufnehmen müssen.

SPD lobt Sorgfalt in Karlruhe

Der parlamentarische Fraktionsgeschäftsführer der SPD, Thomas Oppermann, lobte das Vorgehen der Verfassungsrichter. "Es ist richtig, dass das Gericht bei einer so elementaren Frage Sorgfalt vor Eile gehen lässt". Nicht die Karlsruher Verfassungsrichter hätten zu verantworten, dass der geplante Start für den ständigen Rettungsschirm ESM bereits verstrichen ist. Mit Blick auf die Kanzlerin fügte der SPD-Politiker hinzu: "Es war Angela Merkel, die monatelang nicht mit der Opposition über ESM und Fiskalpakt verhandeln wollte, obwohl sie längst wusste, dass sie unsere Stimmen für das Erreichen der erforderlichen Zweidrittelmehrheit im Bundestag brauchte."

Die deutschen Zustimmungsgesetze zu den Euro-Rettungsmaßnahmen waren am 29. Juni von Bundestag und Bundesrat beschlossen worden.

qu/SC (dpa, dapd, rtr)