1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Die Beichte eines Ministers

15. Juli 2012

Energiewende verfehlt, Strom zu teuer, zu wenig Elektroautos: Umweltminister Altmaier räumt Fehler über Fehler ein und fürchtet gar soziale Folgen für die Bürger. Soll niemand sagen, er habe nicht gewarnt.

https://p.dw.com/p/15XyU
Umweltminister Altmaier (Foto: AP)
Bild: ap

Der Saarländer Peter Altmaier ist bekannt dafür, dass er gewöhnlich kein Blatt vor den Mund nimmt. Aber seit ein paar Monaten ist er Regierungsmitglied und man könnte erwarten, dass er eher taktieren und die Bilanz der schwarz-gelben Koalition besser verkaufen würde. Nun malte der Bundesumweltminister in einem Interview gar das Horrorszenario sozialer Verwerfungen in Deutschland an die Wand.

"Wenn wir nicht aufpassen, dann kann die Energiewende zu einem sozialen Problem werden", sagte Altmaier der "Bild am Sonntag". Der CDU-Politiker begründete seine Warnung mit vermutlich steigenden Energiekosten. Bei der Ablösung der Atomenergie durch erneuerbare Energien sei die "Bezahlbarkeit aus den Augen verloren worden", räumte er freimütig ein. Die Politik müsse jetzt dafür sorgen, dass die Energiepreise für Bürger und Wirtschaft nicht über das absolut notwendige Maß hinaus steigen, ergänzte er. "Für mich hat höchste Priorität, dass Strom bezahlbar bleibt."

Prognosen für die Strompreise seien teils falsch gewesen, der Bedarf an Koordinierung bei der Energiewende sei unterschätzt worden, zählte er weitere Fehler auf.

Große Skepsis bei der ganzen "Wende"

Ja, der Minister ging noch darüber hinaus: Er zweifelte, ob die Ziele der von Bundeskanzlerin Angela Merkel eingeleiteten Energiewende überhaupt erreicht werden können. Es stelle sich die Frage, ob es noch gelingen könne, den Stromverbrauch bis zum Jahr 2020 um zehn Prozent zu senken, so Altmaier in dem Interview. Wenn man das "noch irgendwie schaffen" wolle, bedürfe es "riesiger Anstrengungen". Möglicherweise werde es auch viel weniger Elektroautos geben als bislang angenommen.

Altmaier empfängt von diesem Montag an Vertreter aus 35 Staaten zum 3. Petersberger Klimadialog. Mit Blick auf das Ziel der Weltgemeinschaft, die Erderwärmung in den nächsten Jahrzehnten auf zwei Grad zu begrenzen, zeigte sich Altmaier ebenfalls durchweg pessimistisch. Das Zwei-Grad-Ziel sei "von Anfang an sehr ehrgeizig" gewesen, da müsse jetzt schon "alles nach Drehbuch verlaufen". Vor allem die USA und China müssten mehr tun. Es habe schon viele Rückschläge gegeben, erklärte der Umweltminister der Deutschen Presse-Agentur.

Innerhalb der Koalition von CDU/CSU und FDP wird gestritten, ob es zur Durchsetzung der Energiewende in Deutschland ein eigenes Energieministerium geben sollte. Die Liberalen halten dies für überflüssig, Unionspolitiker forderten dies für die nächste Legislaturperiode. Die SPD-Opposition plädiert für die Einrichtung einer eigenständigen "Agentur" zur Gestaltung der Energiewende, in der Energiewirtschaft, Industrie, Verbraucher, Bundesländer und kommunale Stadtwerke an einem Tisch sitzen sollen.

SC/gri (dapd, rtr, dpa, epd)