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Glaube in und mit der Natur

Christina Beyert24. August 2012

Sie umarmen Bäume und beten Blitz und Donner an. Die Druiden, Anhänger einer vor 2000 Jahren in Europa verbreiteten Naturreligion. Die meisten von ihnen leben in Großbritannien, aber es gibt sie auch in Deutschland.

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Menschen tanzen auf einer Lichtung Copyright: Volkert Volkmann 2012
Bild: Volkert Volkmann

Volkert Volkmann liebt es in der Natur zu sein. Deshalb zog der 55-Jährige auch weg von der Großstadt Frankfurt ins beschauliche, von Wäldern umgebene Bodenrod, im Bundesland Hessen. Der Druide mit den langen Haaren und den wachen Augen lebt den vorchristlichen Glauben aktiv. Er ist  der Leiter der keltischen Glaubensbewegung in Deutschland.

Die Druiden lebten vor 2000 Jahren in Mitteleuropa und waren überwiegend Priester, Magier und Hellseher. Nach der Christianisierung hatten sie es schwer ihren Glauben weiter auszuleben. In den letzten 200 Jahren jedoch erfreut sich die Bewegung wieder steigender Beliebtheit, vor allem in Großbritannien. Hier leben heute schätzungsweise mehr als 10.000 Anhänger. Der heidnische Kult wurde im Herbst 2010 dort sogar offiziell als Religion anerkannt.

Ein Glaube der Freude

Das möchte Volkert Volkmann auch in Deutschland erreichen. Der Musiker, Heilpraktiker und Meditationslehrer erhielt 1979 in Schottland seine naturreligiöse Weihe und die Erlaubnis sein Wissen als Lehrender weiterzugeben. "Das Druidentum ist eine der ältesten Religionen der Welt. Es gab sie vor dem Christentum und vor dem Islam. Es ist  ein Glaube der Freude, wenn sich Menschen in der Natur treffen und gemeinsam tanzen, Bäume pflanzen, meditieren oder musizieren", sagt Volkmann.

Volkert Volkmann mit einer Harfe Copyright: Volkert Volkmann 2012
Volkert Volkmann ist Musiker, Heilpraktiker und DruideBild: Volkert Volkmann

Er selbst spielt bei den Ritualen oft die Harfe, ein Instrument, dass der mündlichen Überlieferung nach bei den Druiden eine große Bedeutung hatte. Keine heiligen Schriften stehen im Vordergrund bei dieser alten Religion, sondern nur die eigene Erfahrung. Druiden fühlen sich mit allem verbunden, was lebt. "Wenn ich Mutter Erde achte, dann werde ich sie nicht mit Füssen treten und sie auch nicht vergiften, sondern auf ihr tanzen", das ist einer der Grundsätze von Volkert Volkmann. Er möchte Menschen, vor allem Jugendliche, wieder zurück führen zur Natur und sie lehren diese zu achten. So führt er mit ihnen zum Beispiel Baumpflanzungen durch. Die Mitglieder der verschiedenen Naturreligionen werden seit zwei Jahren immer wieder als Referenten in den Religionsunterricht an Schulen eingeladen, um Schüler über die alten Religionen aufzuklären.

Rituale in der Natur

Meist werden die verschiedenen Rituale der Naturgläubigen draußen veranstaltet. Auch die sogenannten Übergangsfeste. Die finden an wichtigen Punkten im Leben eines Menschens statt. Dazu zählt der Eintritt ins Erwachsenenalter, die Eheschließung, oder der Tod. Wenn die Naturgläubigen einmal nicht in der Natur sind, nutzen sie den sogenannten Nemeton, einen Kultraum, neben dem Haus von Volkert Volkmann. Darin befinden sich zahlreiche Gegenstände, die eine spirituelle Bedeutung haben. Darunter eine hölzerne Nachbildung eines Keltenkönigs, der bei Ausgrabungen in Hessen gefunden wurde. Hier sitzen Anhänger verschiedener Naturreligionen nach ihren rituellen Treffen beisammen, um Erfahrungen auszutauschen und gemeinsam zu essen.

Ein Raum für Zusammentreffen der Naturreligions-Anhänger Foto: Christina Beyert, DW
Der sogenannte Nemeton ist ein Kultraum für NaturreligiöseBild: DW

Schätzungen zufolge gibt es im Rhein-Main-Raum cirka 500 Anhänger von Naturreiligionen. Nur wenige von ihnen, darunter sind Handwerker genauso wie Banker, Anwälte oder Ärzte, sind in Vereinen organisiert oder bekennen sich aus Angst vor Anfeindungen nicht öffentlich zu ihrem Glauben. Naturgläubige werden oft mit Sekten in Verbindung gebracht. Auch Volkert Volkmann ist in seinem Wohnort schon Anfeindungen ausgesetzt gewesen. Mittlerweile ist das aber Vergangenheit. "Wir teilen uns im Dorf jetzt gemeinsam mit den Christen einen Kultplatz", sagt der Vater von drei Kindern.

Im Verband organisiert

Andrea Groh, ist eine der Mitbegründer des Dachverbands für traditionelle Naturreligion KultURgeister. In dem eingetragenen Verein sind einzelne Gruppen, wie zum Beispiel die Asatru, eine germanische Religion oder der Schamanenbund organisiert. "Es ist zwar nicht zwingend nötig, sich zu organisieren, denn jeder nimmt selbst Kontakt zu dieser göttlichen Kraft auf. Das kann er auch als Eremit im Wald tun", sagt Andrea Groh. Allerdings wollen die Mitglieder der KultURgeister in der Öffentlichkeit "als seriöse Ansprechpartner und Berater zur Verfügung stehen", sagt die Frau mit den langen lockigen Haaren weiter.

Andrea Groh vor der Statur eines Keltenfürsten Foto: Christina Beyert, DW
Andrea Groh vor der Statur eines KeltenfürstenBild: DW

So waren die Mitglieder des Verbandes schon beratend tätig für das Germanische Museem in Nürnberg und für verschiedene TV-Produktionen. Zudem organisieren die KultURgeister seit zwölf Jahren den sogenannten "Heidentag". Das ist eine große Veranstaltung, an der Anhänger verschiedener Religionsgruppen aus Deutschland und anderen Ländern der Welt teilnehmen.

Der Theologe Kai Funkschmidt von der Evangelischen Zentralstelle für Weltanschauung in Berlin hat sich eingehend mit Naturreligionen beschäftigt. "Viele Menschen flüchten in diesen heidnischen Glauben, weil die heutige Welt immer komplexer wird und die Umweltzerstörung zunimmt ", sagt er. "Da über viele Inhalte dieser Religionen nur wenig bekannt ist, können die Anhänger hier all ihre Sehnsüchte und Wünsche hinein interpretieren." Der Theologe sieht jedoch in den Naturreligionen keine Konkurrenz zu den drei Weltreligionen. Dafür gäbe es zu wenige Anhänger und auch zu viele unterschiedliche Gruppen.