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Der lange Weg zum Autor

Janine Albrecht1. Juli 2012

Jedes Jahr werden tausende Romanvorschläge und Manuskripte an deutsche Verlage geschickt. Doch nur ein Bruchteil davon wird veröffentlicht. Der Weg zum Romanautor ist lang und oft niederschmetternd.

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Buchregal, darin der Titel "Mama Cool" (Foto: DW/Janine Albrecht) ***Nur für den Artikel "Debutautoren und Verlage" verwenden***
Bild: DW

In diesen 320 Seiten steckt ein Jahr Arbeit. In diesen 19 Kapiteln stecken viele Erfahrungen aus dem Leben einer hippen Mutter. In diesem Buch steckt ein Lebenstraum. Nicht etwa der, Mutter zu werden, sondern Schriftstellerin. "Jeder Werbetexter will wohl mal ein Buch schreiben", sagt Wiebke Busch, Werbetexterin und, seit kurzem, auch Buchautorin. In ihren Händen hält sie ihren gerade erschienenen Roman "Mama Cool". Während sie darin blättert, huscht ein Lächeln über ihr Gesicht. In ihren Augen blitzt ein wenig Stolz auf.

Denn sie hat geschafft, wovon vielleicht viele ihrer Kollegen noch träumen. Schätzungsweise 98 Prozent der eingeschickten Manuskripte werden in deutschen Verlagen jedes Jahr aussortiert. Dies betrifft vor allem die unaufgeforderten Einsendungen. "Wir führen keine genaue Statistik, aber es sind sicher mehrere hundert Bücher, Manuskripte, Exposees, Leseproben, die jeden Monat in den jeweiligen Verlags-Abteilungen ankommen", erklärt Markus Naegele, Programmleiter der Heyne Taschenbücher, die zur Random House Verlagsgruppe gehören. Durch Email-Einsendungen habe sich die Zahl noch massiv erhöht. Auch beim Hamburger Rowohlt Verlag kommen nach eigener Auskunft allein in der Belletristik-Abteilung pro Jahr etwa 3000 Debut-Manuskripte an. Davon sei in den vergangenen 15 Jahren gerade mal ein Buchtitel veröffentlicht worden.

Buchautorin Wiebke Busch an ihrem Computer (Foto: DW/Janine Albrecht)
Schreiben, schreiben und schreiben - in jeder freien MinuteBild: DW

Debut-Autoren gehen in der Masse unter

An diese beiden Verlage hatte auch Wiebke Busch ihr Exposee und eine Leseprobe geschickt. Ohne Erfolg. Die 36-Jährige sitzt am großen Esstisch ihrer Wohnung im Hamburger Westen, hier lebt sie mit ihrem Mann und den beiden Kindern. Während sie an ihrem Kaffee nippt, merkt man, dass sie es eigentlich noch nicht so richtig glauben kann, dass es ihr Buch ist, das dort vor ihr liegt. Jede freie Minute hat sie an diesem Roman, der stark an ihr eigenes Leben angelehnt ist, geschrieben. Während des Mittagsschlafes ihrer Tochter oder am späten Abend. "Dann wollte ich es natürlich auch als Buch in den Händen halten", sagt Busch. Doch zunächst kamen nur Absagen.

"Vor allem bei den großen Verlagen kann in der Masse der Texte auch mal etwas Gutes untergehen", sagt Imre Török. Der Bundesvorsitzende des Verbandes deutscher Schriftsteller (VS) glaubt zudem, dass man in kleineren Verlagen noch etwas experimentierfreudiger sei. Dort hätten Debut-Autoren größere Chancen, entdeckt zu werden. Das kann Markus Naegele von der Verlagsgruppe Random House so nicht bestätigen. "Die Verlage suchen sich die Autoren und Titel aus, bei denen sie ein literarisches oder kommerzielles Potential sehen", sagt er. Ähnlich äußern sich Kollegen anderer Verlage. "Wir versuchen immer, einen guten Mix von etablierten Autoren und spannenden Neuentdeckungen zu erzielen", betont auch Andrea Müller, Programmleiterin bei der Verlagsgruppe Droemer Knaur.

Ein hoher Stapel Bücher mit einem aufgeschlagenen Buch obendrauf (Foto: Fotolia/silver-john)
Gestapelter BucherfolgBild: Fotolia/silver-john

Potential mit Risiko

Allerdings verweist sie auch auf große Umsatzrückgänge im Buchhandel. "Selbst etablierte Autoren auf dem einmal erreichten Verkaufsniveau zu halten, erfordert schon große Anstrengungen im Verkauf und Marketing; neue Autoren durchzusetzen, gar zu Bestsellern zu machen, ist umso schwieriger", so Müller. Daher sei es für einen Verlag ein großes Risiko, einen Debütanten ins Programm zu nehmen. Wenn sich das Buch als Flopp erweise, verliere der Verlag nicht nur das Geld, das er in Werbung und Marketing investiert habe, sondern auch die Umsätze, die er eigentlich mit diesem Programmplatz erwirtschaften wollte.

"Die Verlage planen ihre Programme bereits ein bis zwei Jahre im Voraus", sagt Török vom Verband deutscher Schriftsteller. "Das macht vor allem große Verlage unbeweglicher." Daher würden auch immer mehr Autoren dazu übergehen, ihre Bücher einfach selbst zu verlegen. Sei es als E-Book oder über andere digitale Plattformen. Auch Wiebke Busch überlegte nach einigen Monaten ihr Buch bei "Books on Demand" zu veröffentlichen. Auf dieser deutschen Internetseite können Autoren ihre Bücher anbieten, die dann auf Kunden-Anfrage gedruckt werden.

Buchautorin Wiebke Busch im Buchladen (Foto: DW/Janine Albrecht)
Stolz auf das eigene Buch - im BüchermeerBild: DW

Zufallstreffer zum Buchglück

Eine Freundin bot sich als Lektorin an. Parallel wagte Busch aber noch einen letzten Versuch bei dem Berliner Verlag Schwarzkopf&Schwarzkopf. Ein Volltreffer. "Wir planten damals gerade eine Reihe, in die das Thema von Wiebke Buschs Buch perfekt passt", erzählt Lektorin Annika Kühn. Noch ein Vorteil für Busch: Sie schrieb über etwas, das sie selber erlebt hat. Der Weg in die Mutterschaft. "Es macht einen Autor natürlich glaubwürdiger, wenn er die Geschichte auch irgendwie verkörpert", sagt Kühn.

Jetzt muss sich "Mama Cool" nur noch verkaufen. Busch schlendert durch eine kleine Buchhandlung in ihrem Viertel. Zwischen Erziehungsratgebern und Schwangerschaftsbüchern findet sie schließlich ihren Roman. Und da ist es wieder dieses kleine stolze Lächeln.