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Von Verlierern und Gewinnern

23. Juni 2012

Mehr Jugendliche in Deutschland machen Abitur und besuchen eine Hochschule. Aber noch immer brechen viele Schule oder Lehre ab. Jeder fünfte Schüler zeigt Schwächen beim Lesen, offenbart der jüngste Bildungsbericht.

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Schüler beim Mathematik-Unterricht (Foto: dpa)
Schüler mit Migrationshintergrund im UnterrichtBild: picture-alliance/dpa

Das Bildungsniveau in Deutschland steigt: Es gibt mehr Abiturienten und Studenten, mehr junge Menschen erreichen den mittleren Bildungsabschluss, weniger brechen die Schule ab. Gleichwohl können nach dem neuen Bildungsbericht von Bund und Ländern fast 20 Prozent der 15-Jährigen immer noch nicht richtig lesen und Texte verstehen. Die Autoren des Berichts sprechen von einem harten Kern von bis zu 20 Prozent "Bildungsverlierern": Sie finden selten eine Lehrstelle, brechen häufig die Ausbildung ab und nehmen später auch selten an Fortbildung teil.

Unter dem Druck sozialer Verhältnisse

Der Präsident der Kultusministerkonferenz, Hamburgs Schulsenator Ties Rabe (SPD), sieht das deutsche Bildungssystem dennoch auf dem richtigen Reformweg. Zu der nach wie vor großen Zahl von Jugendlichen mit Leseschwächen sagte Rabe: "Auch die muss das Bildungssystem alle noch einfangen." Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) sprach von einer "Schere zwischen Bildungsgewinnern und -verlierern", die immer weiter auseinandergehe.

Dem Bericht nach wachsen 29 Prozent aller Kinder und Jugendlichen in einer Familie mit sogenannter Risikolage auf. Dazu zählen mangelnde Bildung der Eltern, Einkommen unter der Armutsgrenze, oder dass kein Elternteil berufstätig ist. Von allen drei Risikolagen sind drei Prozent der Heranwachsenden betroffen. Unter den Bundesländern gibt es deutliche Unterschiede.

Immer mehr Kinder mit Migrationshintergrund

Der Bildungsbericht wurde im Auftrag von Bund und Ländern von einer unabhängigen Wissenschaftlergruppe unter Federführung des Deutschen Instituts für Internationale Pädagogische Forschung (DIPF) erstellt. Die Autoren wiesen daraufhin, dass der Anteil der Kinder mit ausländischen Wurzeln stetig zunimmt. Bei den unter Einjährigen sind dies bereits 35 Prozent, in manchen Metropolen bereits über 60 Prozent.

Der Leiter der Autorengruppe, der Bildungsforscher Horst Weishaupt, sprach in diesem Zusammenhang von großen Herausforderungen für das Bildungssystem. So besuchen unter Dreijährige mit Migrationshintergrund mit nur 14 Prozent weitaus seltener eine Kita als Kinder mit deutscher Abstammung (25 Prozent). Über dreijährige Migrantenkinder besuchen inzwischen auch zu großen Teilen Kindergärten. Insgesamt gehen 94-Prozent aller Drei- bis Sechsjährigen in eine Kita oder einen Halbtags-Kindergarten.

Interkulturelle Schule mit zwei schreibenden Schülerinnen (DW-Archiv)
Immer mehr Kinder, immer mehr Schüler aus AusländerfamilienBild: Ludolf Dahmen

Experten: Erheblicher Kita-Ausbau erforderlich

Laut der Untersuchung hinken Bund, Länder und Kommunen beim Ausbau der Kindertagesstätten für unter Dreijährige ihren Vorgaben weit hinterher. "Wir benötigen einen erheblichen Ausbau, damit der Rechtsanspruch auf Betreuung bis 2013 erfüllt werden kann", sagte Weishaupt. Mit insgesamt 750.000 Plätzen soll es kommendes Jahr für ein Drittel der Kinder einen Krippenplatz geben. Zum Zeitpunkt der Erhebung 2011 fehlten dem Bericht zufolge rund 260.000 Plätze.

Angesichts der Probleme beim Krippenausbau beanstandeten die Experten die geplante Einführung des Betreuungsgeldes, das Eltern erhalten sollen, die ihre Kleinkinder zu Hause betreuen. Es bestehe die Gefahr, durch zusätzliche Leistungen wie dem Betreuungsgeld keines der intendierten Ziele zufriedenstellend realisieren zu können, heißt es in dem Bericht.

GD/SC (dpa/afp)