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"Afrika kommt!" nach Deutschland

Insa Wrede23. Oktober 2012

Ein Jahr nach Deutschland - für 17 junge Führungskräfte aus der Subsahara-Region geht dieser Wunsch in Erfüllung. Das was sie in deutschen Großkonzernen lernen, wollen sie mit zurück in ihre Heimat nehmen.

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Die Stipendiatin Sandra Ayingono Moussavou, Energieanalystin bei Siemens vor Teilen von Windrädern. Copyright: Siemens Herbst, 2012 ***Nur für den Artikel "Afrika kommt nach Deutschland" verwenden***
Bild: Siemens

Über ein Jahr zog sich die Bewerbungsphase hin, gegen rund 1600 Mitbewerber mussten sie sich durchsetzen. Und dann endlich im Sommer 2011 kam der ersehnte Flug nach Deutschland für 17 junge Führungskräfte. Die acht Frauen und neun Männer stammen aus afrikanischen Ländern südlich der Sahara, von der Elfenbeinküste bis Simbabwe. Sie alle nehmen an dem Programm "Afrika kommt!" teil, das zurzeit von 17 deutschen Großkonzernen, darunter Daimler, SAP und Siemens, durchgeführt wird.

Ein Jahr verbringen die Stipendiaten in den Unternehmen, sammeln Erfahrungen, bauen ihre Fachkenntnisse aus, knüpfen berufliche Kontakte und lernen die deutsche Arbeitswelt kennen. Daneben gibt es Weiterbildungsangebote und Sprachtrainings. Außerdem lernen die Afrikaner die Kultur Deutschlands kennen. Sämtliche Kosten werden von den Unternehmen übernommen. Dazu erhalten die Teilnehmenden für die Dauer ihres Aufenthalts ein Stipendium, das ihre Lebenshaltungskosten deckt.

Wirtschaft als Entwicklungshelfer

Das Programm sei sicherlich ein richtiger Schritt, um seine beruflichen Ziele zu erreichen, meint Opeyemi Anthony Amusan, derzeitiger Stipendiat bei Bosch. Er möchte helfen, die Probleme Afrikas zu lösen. Auch Lillian Kegera Mong'osi hofft, durch das das Programm ihr Kenntnisse zu erweitern, um so einen Beitrag zur weiteren Zusammenarbeit zwischen ihrem Land und Deutschland zu leisten. Sie ist 2011/2012 bei der Deutschen Bahn eingesetzt. Orezi Ajopaoghene Emeotu, aktueller Stipendiat bei Ruhrgas meint, die Afrikaner würden stetig ihre Innovationskapazität ausbauen; für ihn sei "Afrika kommt!" eine Chance daran mitzuwirken.

Stipendiaten von Afrika-kommt! beim damaligen Bundespräsidenten Christian Wulff. Copyright: GIZ Herbst, 2012
Ein Empfang beim Bundespräsidenten gehört zum Programm. Im Herbst begrüßte der damals noch amtierende Christian Wulff die StipendiatenBild: GIZ

Die Idee zu dem Programm "Afrika kommt!" wurde bei einem Treffen des ehemaligen Bundespräsidenten Horst Köhler und Tilman Todenhöfer, geschäftsführender Gesellschafter der Robert Bosch Industrietreuhand geboren. Die deutsche Wirtschaft solle doch etwas für Afrika tun, hieß es dort. Und so schufen deutsche Unternehmen eine gemeinsame Weiterbildungsinitiative, die sich speziell an junge Führungskräfte richtet.

"Beide Seiten profitieren: die Teilnehmer vom Wissen und den Erfahrungen der Arbeitgeber, die Akteure aus der Wirtschaft von den Kontakten nach Afrika", sagt Heiner Boeker, Personalmanager bei Bosch. Er ist in seinem Unternehmen Ansprechpartner für "Afrika kommt!". Durch das Programm werde ein Grundstein für eine dauerhafte Kooperation zwischen afrikanischem Führungsnachwuchs und deutschen Unternehmensvertretern gelegt. "Der deutsch-afrikanische Dialog, auch im wirtschaftlichen Kontext, ist wichtig, wenn wir wechselseitig voneinander lernen und neue Marktaktivitäten weiter entwickeln und umsetzen wollen."

Die Rückkehr nach Afrika

So kamen 2008 im ersten Durchlauf des Programms "Afrika kommt!" 20 junge afrikanische Führungskräfte nach Deutschland. "Die Erfahrung mit den Teilnehmern des ersten Jahrgangs war durchweg positiv," meint Boeker. Elf Teilnehmer seien nach Programmende ins gleiche Unternehmen zurückgekehrt, in dem sie vorher tätig waren, teilweise mit größerer Verantwortung. Neun Teilnehmer hätten sich beruflich neu orientiert. "Mit der Kenianerin, die bei uns im Unternehmen eingesetzt war, stehen wir immer noch Kontakt," so Boeker. Sie arbeite inzwischen für die UN in Haiti.

"Zweifellos hat mein Aufenthalt in Deutschland mein Leben in unzähligen Dingen verändert," schreibt Lucy Wanjiku Mutinda, die bei Continental eingesetzt war, in einem Newsletter der Alumnis. Für ihren beruflichen Werdegang seien ihre in Deutschland gesammelten Erfahrungen unendlich wichtig gewesen. So hätte sie bei ihrer Rückkehr nach Afrika sehr leicht eine neue Arbeit gefunden.

Auch in Deutschland war man zufrieden. "Weil die Erfahrungen so gut waren, haben Bosch und die anderen Unternehmen entschieden, einen weiteren Jahrgang zu starten," sagt Boeker. Beim zweiten Durchlauf von "Afrika kommt!", der im Sommer 2011 begann, haben 17 Unternehmen mitgemacht. Und diesmal scheinen einige Teilnehmer auch eine Zukunft in den deutschen Unternehmen zu bekommen. "Im jetzigen Programm gab es schon einen ersten Teilnehmer, der vom deutschen Unternehmen eingestellt wurde und zwar vor Ablauf des Programms," berichtet Lydia Jebauer-Nirschl von der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ). Die GIZ kümmert sich um die Organisation des "Afrika kommt!" -Programms. Auch zwei andere Unternehmen würden überlegen, ihren aktuellen Teilnehmer einzustellen.

Gruppenbild der Stipendiaten von Afrika-kommt! mit dem damaligen Bundespräsidenten Christian Wulff. Copyright: GIZ Herbst, 2012
Die Stipendiaten beim Empfang des BundespräsidentenBild: GIZ

Alumni -Pflege

Ob sie nun eingestellt werden oder nicht - der Kontakt zu den ehemaligen Teilnehmern soll nicht abbrechen. So werden die Stipendiaten nach etwa einem halben Jahr noch mal nach Deutschland eingeladen. "Außerdem chatten wir monatlich zusammen und wir beziehen die ehemaligen Teilnehmer in das Bewerbungsverfahren der neuen Stipendiaten mit ein," erzählt Jebauer-Nirschl. Beispielsweise berichten die Alumni in den Asseessments über ihre Erfahrungen in Deutschland.

Während die jetzigen Stipendiaten nach Afrika zurückkehren, spricht Tillmann Todenhöfer erneut deutsche Unternehmen an, um die nächsten Führungskräfte aus Afrika nach Deutschland holen zu können. "Wir, die beteiligten Unternehmen, sind vom positiven Wandel Afrikas überzeugt. Wir glauben an die Zukunft und das Potenzial dieses Kontinents", sagt Boeker. Die Kontakte innerhalb Europas, nach Amerika, Asien und Australien seien bereits gut ausgebaut. "Der Bedarf an Unterstützung und enger Zusammenarbeit mit Subsahara-Afrika scheint uns besonders notwendig. Gleichzeitig sind dort die Aussichten für eine positive Entwicklung heute größer als in der Vergangenheit."