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Landtagswahl in Schleswig-Holstein

Peter Stützle6. Mai 2012

In Schleswig-Holstein wird an diesem Sonntag der Landtag neu gewählt. Der Aufstieg der Piratenpartei bringt manche politische Rechnung durcheinander.

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Flagge der Piratenpartei weht vor dem Landtag in Kiel (Foto: dapd)
Schleswig-Holstein / Piratenpartei / KielBild: dapd

Viel ist nicht mehr zu sehen von Haithabu: grasbewachsene Wälle und in einem kleinen Museum als eindrucksvollstes Ausstellungsstück ein rekonstruiertes Wikingerboot. Von Haithabu aus, ihrem bedeutendsten Handelsplatz im frühen Mittelalter, sind die Wikinger bis ins byzantinische Reich und in die arabische Welt gefahren. Und nicht immer haben sie nur friedlichen Handel getrieben, gelegentlich haben sie auch als Freibeuter die Meere unsicher gemacht.

Jetzt kommen die Piraten zurück in diesen Landstrich, der heute den äußersten Norden Deutschlands bildet. Niemand zweifelt mehr daran, dass die Piratenpartei an diesem Sonntag (06.05.2012) in den Landtag von Schleswig-Holstein gewählt wird, gleich im ersten Ansturm, so wie sie es in den Monaten zuvor in Berlin und im Saarland geschafft hat. Letzte Umfragen sehen die Piraten bei neun Prozent.

Koalitionsbildung könnte schwierig werden

Für die anderen Parteien dürfte das bedeuten, dass die klassischen Koalitionen nicht mehr funktionieren, weder die aus Christdemokraten und Liberalen wie zuletzt, noch die aus Sozialdemokraten und Grünen wie zuvor. CDU und FDP kämen nach den letzten Umfragen auf 36 bis 38 Prozent, SPD und Grüne auf 43 bis 45 Prozent. Beide Formationen bräuchten demnach einen dritten Partner, um regieren zu können.

Der liberale Spitzenkandidat Wolfgang Kubicki liebäugelte zuletzt mit einem Bündnis aus CDU, FDP und Grünen. Rechnerisch könnte das funktionieren. Aber die Grünen fühlen sich traditionell mehr zur SPD hingezogen, und SPD-Spitzenkandidat Torsten Albig setzt auf eine Mehrheit mit den Grünen unter Einschluss des Südschleswigschen Wählerverbandes (SSW).

Wolfgang Kubicki (Foto: Reuters)
Hoffnungsträger der FDP: Wolfgang KubickiBild: Reuters

Der Landesteil Schleswig, in dem die Ausgrabungsstätte Haithabu liegt, gehörte Jahrhunderte lang zu Dänemark. Noch heute lebt hier eine dänische Minderheit, und ihre Partei, der SSW, ist von der Fünf-Prozent-Hürde befreit, die andere überspringen müssen, um in den Kieler Landtag zu kommen. Die vier Prozentpunkte, mit denen der SSW rechnen kann, könnten SPD und Grünen zu einer knappen Mehrheit verhelfen.

Die Alternative zu einem solchen Dreierbündnis wäre eine Große Koalition. SPD und CDU liegen nach den letzten Umfragen Kopf an Kopf bei gut 30 Prozent. Derjenige, der am Ende unterliegt, dürfte alles daran setzen, nicht als Juniorpartner in eine Große Koalition zu müssen. Aber vielleicht lassen die nackten Zahlen nichts anderes übrig. Mit den Piraten jedenfalls will niemand ins Geschäft kommen, zumal in Kiel. Das liegt schließlich im südlichen Landesteil Holstein, wo einst erbitterte Feinde der Wikinger saßen.

Piraten rauben der Linken Wähler

Ein Verlierer der Landtagswahl in Schleswig-Holstein scheint schon jetzt festzustehen: die Linkspartei. Die überzeugten Linksaußen-Wähler reichen bei weitem nicht aus, um auch nur in die Nähe der Fünf-Prozent-Hürde zu kommen. Und die Protestwähler, die der Linkspartei bei der letzten Wahl zu sechs Prozentpunkten verholfen haben, werden diesmal wohl von den Piraten entführt.

Einer kann indes schon an der Triumphrede feilen: Wolfgang Kubicki. Endlose Monate dümpelten seine Nord-Liberalen im Zwei-Prozent-Flachwasser, aber mit einer eigenständigen Linie scheint Kubicki den Weg ins Tiefe gefunden zu haben. Ein Erfolg im Norden dürfte der FDP auch in Nordrhein-Westfalen, wo eine Woche später gewählt wird, Wind in die Segel blasen. Und in Berlin würde Bundeskanzlerin Merkel dann sogar verschmerzen können, wenn ihre CDU in Kiel aus der Regierung verdrängt werden sollte. Hauptsache, ihr Koalitionspartner FDP bekäme wieder eine Chance, dem Schicksal der Wikinger zu entgehen. Die nämlich sind aus der Geschichte verschwunden.