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Timoschenkos Tochter ruft um Hilfe

28. April 2012

"Retten Sie meine Mutter", fordert Jewgenija Timoschenko von der Bundesregierung. Dabei schlägt der Fall der schwer erkrankten ukrainischen Oppositionspolitikerin nicht nur in Berlin längst hohe Wellen.

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Julia Timoschenko zeigt Verletzungen, die sie bei einer gewaltsamen Verlegung aus der Haft in ein Krankenhaus erlitten haben soll (Foto: Reuters)
Timoschenko UkraineBild: Reuters

Sie habe Todesangst, bekannte Julia Timoschenko in Haft. Jüngste Fotos zeigen sie mit Prellungen, die ihr Wachbeamte zugefügt haben sollen, ihre Familie spricht von Folter. Seit dem 20. April befindet sich Timoschenko im Hungerstreik. Deutsche Mediziner bescheinigen ihr ein schweres Rückenleiden, doch die ukrainische Staatsmacht verunglimpft sie als Simulantin. Entsprechend groß ist im Westen die Sorge um die Gesundheit der prominenten Gefangenen. In Deutschland geht die Empörung quer durch alle Parteien.

"Es ist schwer, einfach zur Tagesordnung zurückzukehren"

Timoschenkos Tochter Jewgenija nimmt die Bundesregierung in einem dramatischen Appell in die Pflicht. "Retten Sie das Leben meiner Mutter, bevor es zu spät ist", fordert sie in der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung". Das Schicksal ihrer Mutter und ihres Landes seien nun eins: "Wenn sie stirbt, stirbt auch die Demokratie". Außenminister Guido Westerwelle (FDP) zeigte sich im selben Blatt schockiert: Timoschenko werde "entgegen aller rechtlichen und moralischen Pflichten in der Ukraine eine angemessene medizinische Behandlung verweigert". Sollten die Berichte über die Misshandlung von Julia Timoschenko zutreffen, falle ihm die Vorstellung schwer, einfach wieder zur Tagesordnung zurückzukehren.

Jewgenija Timoschenko bei der Gerichtsverhandlung ihrer Mutter in Kiew (Foto: dapd)
Jewgenija Timoschenko: "Wenn meine Mutter stirbt, stirbt auch die Demokratie"Bild: picture alliance/dpa

Aus Sicht der Europäischen Union ist das Verhalten der Ukraine eine Hürde auf dem Weg des Landes in die Gemeinschaft. Der Umgang mit Timoschenko sei "ein schmerzhafter Schandfleck für Kiew", sagte der für eine Aufnahme weiterer Länder zuständige Kommissar Stefan Füle der "Welt am Sonntag". "Die Regierung muss beweisen, dass der Vorwurf politisch motivierter Prozesse nicht gerechtfertigt ist." SPD-Chef Sigmar Gabriel hat alle Politiker zum Boykott der Fußball-EM-Spiele im Land aufgefordert, erntet dafür aber nicht nur Zustimmung. So schloss sich der CDU-Politiker Wolfgang Bosbach den Boykott-Appellen nicht an, verlangte aber, dass Europa der Ukraine entschlossen und geschlossen entgegentritt.

Ukraine: Timoschenko-Prozess vertagt

Besser "Public Viewing" als Stadionbesuch?

Der Vorsitzende des Menschenrechtsausschusses im Bundestag, Tom Königs, richtete sich auch an die Fußball-Fans: Sie sollten die in der Ukraine ausgetragenen Begegnungen vom EM-Partnerland Polen aus per Public Viewing verfolgen, sagte der Grünen-Politiker im Deutschlandfunk. Die katholische Kirche in Deutschland äußerte sich ebenfalls besorgt über den Umgang mit Timoschenko in Haft. "Die Prinzipien des Rechtsstaates und der Humanität müssen für jeden und damit auch für Frau Timoschenko gelten", sagte der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Robert Zollitsch, "und zwar unabhängig davon, wie man politisch zu ihr steht."

rb/pg (dapd, dpa, rtr)