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"Ärzte der Welt" helfen in Griechenland

Maria Rigoutsou10. April 2012

In Griechenland hat die Zahl der Armen ohne Zugang zu einem Arzt deutlich zugenommen. "Ärzte der Welt" kritisiert, dass die Wirtschaftskrise sich auf die Gesundheit in der EU ausgewirkt habe.

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Leute warten im Foyer des Gebäudes der "Ärzte der Welt" in Athen (Foto: DW)
Großer Andrang bei den "Ärzten der Welt" in Athen.Bild: DW

Einige hundert Meter vom Omonia-Platz in Zentrum von Athen ist es schmutzig und gefährlich. Drogenabhängige, Prostituierte und Kleinkriminelle haben hier Zuflucht gefunden. Trotzdem warten Dutzende von Menschen geduldig vor dem Eingang der internationalen Nichtregierungsorganisation "Ärzte der Welt". Denn hier befindet sich die griechische Zentrale der NGO in einem siebenstöckigen Gebäude. Die meisten Wartenden sind legale oder illegale Migranten. Sie haben kein Geld und brauchen dringend medizinische Versorgung. Doch auch immer mehr Griechen suchen den Weg zu den "Ärzten der Welt".

Der 40-jährige Vassilis möchte seinen Nachnamen nicht nennen und sich auch nicht fotografieren lassen. Seit einem Monat ist er obdachlos, seit sechs Monaten arbeitslos. Sein Händedruck ist fest, seine Stimme laut und klar. 25 Jahre lang hat er als Kellner gearbeitet. Sein letzter Chef habe ihm immer wieder versprochen, dass er ihn bei der Sozialversicherung anmelden würde, erzählt er. Getan hat er es aber nie. Zum Schluss habe er Vassilis wegen der Finanzkrise entlassen. Vor einiger Zeit erlitt Vassilis dann eine schwere Verbrühung am Fuß, durch kochend heißes Wasser. "Hier hatte ich eine erstklassige Betreuung", sagt er, "Zwei Monate sollte ich hierher kommen, sonst hätte sich meine Wunde infiziert." Jetzt gehe es ihm gut.

Vassilis, ein Obdachloser, bei den Ärzten der Welt, Athen (Foto: DW)
Vassilis ist obdachlos und fand bei den "Ärzten der Welt" medizinische Hilfe.Bild: DW

Kein Geld für die Impfungen der Kinder

Die "Ärzte der Welt" arbeiten seit über 20 Jahren in Griechenland. In letzter Zeit beobachteten sie ein neues Phänomen, sagt Christina Samartzi, die Pressesprecherin der Organisation: "Seit Ende des Jahres 2010 kommen immer mehr Griechen. Das ist etwas ganz Neues und hat mit der Finanzkrise zu tun." Die meisten Griechen, die ihre Hilfe bräuchten, seien entweder Arbeitslose oder Rentner, oder aber Familien, die die Impfungen ihrer Kinder nicht mehr bezahlen könnten.

Christina Samartzi, Pressesprecherin der "Ärzte der Welt" (Foto: DW)
Christina Samartzi ist eine von zehn Mitarbeitern der Athener Zentrale von "Ärzte der Welt".Bild: DW

Die Sozialkassen sind wegen massiver Fehlspekulationen leer. Deshalb müssen die Versicherten seit einiger Zeit ihre Medikamentrechnungen zunächst selbst auslegen. Erst dann bekommen sie einen Teil der Ausgaben erstattet. Eine Zusatzbelastung für die kleinen Renten und Einkommen - neben Lebensmitteln, Mieten, Krankenversicherungen und anderen laufenden Kosten. "Es gibt ältere Patienten, die an Bluthochdruck oder Diabetes leiden und nicht jeden Monat ihre Medikamente kaufen können. Sie kommen zu uns und fragen, ob wir ihnen die Medikamente geben können", sagt der junge Diabetologe Giorgos Papadakis.

Griechenland als medizinisches Krisengebiet?

Auf den engen Korridoren der Zentrale von "Ärzte der Welt" warten viele Patienten. In den kleinen Untersuchungsräumen im Erdgeschoss und im ersten Stock arbeiten die Ärzte und Krankenschwestern. In den anderen Etagen gibt es Zimmer für Asylsuchende. Denn die Organisation "Ärzte der Welt" hilft nicht nur Bedürftigen nach Kriegen, Naturkatastrophen oder anderen Krisen im Ausland. Sie leistet auch die Gesundheitsversorgung für Kranke im eigenen Land, die sonst keine medizinische Hilfe haben.

Giorgos Papadakis, Diabetologe bei "Ärzte der Welt" im Behandlungsraum (Foto: DW)
Kümmert sich nicht nur um Diabetiker - der Diabetologe Giorgos Papadakis.Bild: DW

Früher waren das in Griechenland ausschließlich Asylsuchende und Migranten. Doch in der Athener Zentrale von "Ärzte der Welt" ist derzeit jeder fünfte Patient Grieche. In anderen Filialen der Organisation in Thessaloniki, Perama bei Piräus und Chania auf Kreta steigt die Zahl der behandelten Griechen manchmal auf über 80 Prozent. Nur zehn Personen versorgen in der Athener Filiale etwa 100 Patienten pro Tag. Vassilis ist gekommen, um eine Bestätigung für ein Obdachlosenprogramm zu erhalten: "Ich sollte spezielle Blutuntersuchungen für Aids oder Hepatitis machen lassen, aber ich habe die 50 Euro nicht".

So wie Vassilis geht es immer mehr Griechen. Der Bedarf an kostenloser, medizinischer Versorgung sei so groß, dass die "Ärzte der Welt" lieber in Griechenland bleiben, anstatt in Entwicklungsländer zu fahren, berichtet Christina Samartzi. Das Programm für Algerien sei komplett gestrichen. Es gebe aber noch zwei Missionen nach Tansania und Uganda. Wie lange sie noch aufrecht erhalten bleiben, wagt keiner vorauszusagen, so Samartzi. Denn in Griechenland gäbe es immer mehr Bedürftige.