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Günstiger Solarstrom

Gero Rueter16. September 2014

Bislang war Solarstrom in Deutschland nur mit Förderung rentabel. Doch die Preise für Solarmodule sind in den letzten Jahren drastisch gesunken. Und: Solarstrom vom eigenen Dach schützt vor steigenden Energiekosten.

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Eine Siedlung in Freiburg mit Photovoltaik Anlage Copyright: SolarArchitektur/Rolf Disch
Solarsiedlung in Freiburg. Hier wird bereits mehr Strom produziert als die Bewohner selber verbrauchen.Bild: SolarArchitektur/Rolf Disch

Die Entwicklungen auf dem weltweiten Solarenergiemarkt überschlagen sich. Vor allem in China bauen Unternehmer immer größere Fabriken für Photovoltaik-Module. Dadurch sinken die Preise für Solarzellen drastisch. Heute kostet eine Solaranlage nur noch etwa halb so viel wie vor vier Jahren. Diese Dynamik hat Folgen: Solarfabriken, die den internationalen Preiskampf nicht bestehen, verlieren im harten Wettbewerb und müssen schließen. Vor allem deutsche und amerikanische Unternehmen leiden unter dem Preisdruck der Konkurrenz aus Asien.

Gewinner und Verlierer

Das Angebot an billigen Solarmodulen kommt hingegen den Betreibern von Solaranlagen zugute. Wer selbst Solarstrom poduziert, kommt mittlerweile auf Energiekosten, die deutlich günstiger als aus dem öffentlichen Netz sind. Damit wird der Solarstrom für die klassischen Energieversorger zunehmend zur Konkurrenz.

Familie Pauls aus Aachen, mit den Solar-Handwerkern am 13.3.2012 (Copyright: Photon)
Familie Pauls aus Aachen ließ sich eine Solaranlage auf ihr Dach setzen und spart so Geld beim StromeinkaufBild: photon-pictures.com

Trendwende in Deutschland

Mit einer installierten Leistung von ca 34 Gigawatt ist Deutschland der globale Vorreiter bei der Stromversorgung mit Solarenergie. Obwohl die deutsche Industrie einen sehr hohen Energiebedarf hat, werden mittlerweile über sechs Prozent des Strombedarfs mit Solarkraft gedeckt.

Über Jahrzehnte hatten vier große Konzerne die Energieversorgung in Deutschland beherrscht. Durch den Ausbau der erneuerbaren Energien, kommt es nun zu starken Veränderungen im Energiemarkt. Den Ausbau von Wind-, Biogas und Solaranlagen treiben vor allem Privatpersonen und Landwirte voran. Ohne dieses Engagement von unten gäbe es den deutschen Erfolg bei der Energiewende nicht. Möglich wurde das durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz, welches vorschreibt, dass Ökostrom durch eine Umlage auf den Strompreis gefördert wird.

Heute decken die erneuerbaren Energien den deutschen Stromverbrauch zu über 25 Prozent. Bis 2020 wird er nach Prognosen bei über 45 Prozent sein. Mit dieser Entwicklung verlieren die alten Stromkonzerne allerdings auch Umsatz. Und da immer mehr Bürger und Unternehmen den Strom zukünftig selbst erzeugen, schreitet diese Entwicklung sehr dynamisch voran.

Solarstrom wird billiger

Eine so schnelle Entwicklung hatten selbst Branchenkenner nicht erwartet: Dank stark sinkenden Preise für Photovoltaik-Module wird der Strom aus privaten Solaranlagen in Deutschland für die Eigentümer billiger als der Strom aus dem öffentlichen Stromnetz. Legt man die Investitionskosten um, so kostet eine Kilowattstunde (kWh) Solarstrom aus einer neuen Anlage heute (Stand Juli 2014) zwischen zehn und 13 Eurocent. Der Strom vom Energieversorger für Bürger und Gewerbe zwischen 16 und 28 Eurocent.

Noch lukrativer wird der eigen produzierte Solarstrom für die Betreiber der Solaranlagen vor allem langfristig: Betreiber von Solaranlagen schützen sich so vor steigenden Strompreisen. Während der Preis für den Solarstrom vom eigenen Hausdach nicht mehr steigt und nach Abzahlung der Investition sogar umsonst ist, steigen die Strompreise der Energieversorger erheblich. In den letzten 10 Jahren kletterte der deutsche Strompreis für die Verbraucher um über 50 Prozent.

Infografik Solarenergie senkt die Stromkosten DW

Solarkraft übernimmt Stromversorgung

Auch an der deutschen Strombörse sinken die Preise, weil mehr Ökostrom auf dem Markt ist. An der Strombörse wird der Strom aus den verschiedenen Kraftwerken für Großabnehmer gehandelt. Durch eine hohe Stromnachfrage stiegen früher die Strompreise zur Mittagszeit. Da aber die Solaranlagen vor allem zur Mittagszeit Energie liefern, dämpft dies den teuren Strompreis in Spitzenzeiten.

Selbst die Abschaltung von acht Atomkraftwerken in Deutschland unmittelbar nach der Katastrophe von Fukushima, war dank der Solarenergie kein Problem. Sogar in der kalten Winterzeit lieferten die Solarmodule in Spitzenzeiten mehr Strom ins Netz als die acht Atomkraftwerke zusammen.

Das 1 MW Kraftwerk Calama Solar 3 liegt in der Atacamawüste im Norden Chiles. Das Kraftwerk ist das erste solare Großkraftwerk, dass ohne öffentliche Fördermittel gebaut wird. Es soll Strom für einen Bergbaukonzern liefern. Die Atacama gilt als die trockenste Wüste der Erde und hat eine hohe solare Einstrahlung. Foto: Pablo Araneda Pèrez / photon-pictures.com
Günstiger als fossile Energie: PV-Großkraftwerk in chilenischer WüsteBild: Pablo Araneda Pèrez/photon-pictures.com

Die Solarenergie ist eine Alternative und kann zunehmend auch mit konventionellen Kraftwerken konkurrieren. Das erste Beispiel ist ein Solarkraftwerk in der Atacamawüste von Chile. Dort haben die Betreiber eine große Photovoltaikanlage ohne öffentliche Förderung gebaut. Die Anlage liefert den Strom für einen energieintensiven Kupferproduzenten.

Nach Angaben vom Solarforscher Weber, Leiter des Fraunhofer Insitut für solare Energiesysteme ISE, kann dort schon zu einem Preis von unter sieben Eurocent pro kWh Solarstrom produziert. Für die Energieversorgung wird auch im großen Kraftwerksbereich der Solarstrom zu einer "konkurrenzfähigen Energie", betont Kraftwerksbauer Bernhard Beck von BELECTRIC im DW-Interview.

Ausbau von Speichern und Netzen

Mit dem Ausbau der Solarenergie gibt es aber auch neue Herausforderungen. Aus den Solarzellen fließt Strom nur am Tag und vor allem bei Sonnenschein. Bei Bewölkung ist die Stromernte schlecht. Die Folge bekommt Deutschland zunehmend zu spüren: Die Stromeinspeisung ins öffentliche Stromnetz schwankt durch Sonnen- und Windstrom immer mehr. "Wir müssen uns etwas einfallen lassen", sagt Johannes Kindler von der zuständigen Netzaufsichtsbehörde.

Experten fordern deshalb den Ausbau von Energiespeichern und ein intelligentes Strommanagement, welches auf Schwankungen reagieren kann. Dazu gehören flexible Gaskraftwerke, die dann einspringen, wenn Strom gebraucht wird. Auch der Ausbau der Stromnetze im europäischen Energieverbund ist eine Voraussetzung dafür, dass der Umstieg auf eine Erneuerbare Energieversorgung gut funktioniert.