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Nervenkrieg gegen Griechen-Pleite

8. Februar 2012

Der griechische Ministerpräsident Papademos steht vor einer weiteren Herkules-Aufgabe. Er muss seine Koalitionspartner auf einen noch härteren Sparkurs einschwören. Die Gespräche wurden wieder und wieder vertagt.

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Demonstrant hält griechische Flagge vor dem bewachten Parlamentsgebäude (Foto: Reuters)
Bild: Reuters

Ursprünglich war das Krisentreffen zwischen Regierungschef Lucas Papademos mit den Chefs der drei Regierungsparteien für Dienstagabend angesetzt. Nach mehreren vergeblichen Anläufen musste es aber schon wieder verschoben werden. Um genug Zeit zu haben, um "Feinheiten" des Sparprogramms mit den Finanz-Prüfern der "Troika" aus EU, Europäischer Zentralbank und Internationalem Währungsfonds abzustimmen, hieß es. Nun soll nach dem Willen von Papademos das in der Bevölkerung verhasste Paket mit neuen Sparanstrengungen von allen Koalitionspartnern gebilligt werden.

Der Regierungschef, ein parteiloser Finanzexperte, ist auf eine breite innenpolitische Unterstützung angewiesen. Die nochmals härteren Maßnahmen sind Voraussetzung für das neue 130 Milliarden Euro schwere Hilfspaket zugunsten des pleitebedrohten Landes. Ohne neue Hilfen wäre Griechenland bis Ende März zahlungsunfähig.

Das Sparprogramm

Den Parteichefs liegt jetzt laut Papandreou ein 50-seitiges Dokument vor. Das Sparprogramm darin soll für 2012 weitere Streichungen von 4,4 Milliarden Euro enthalten. Geplant sind unter anderem kräftige Lohnkürzungen im Privatsektor zwischen 20 bis 30 Prozent. Die Regierung will zudem noch in diesem Jahr 15.000 Staatsbedienstete entlassen, bis 2015 sollen es 150.000 weniger werden. Geplant sind auch Kürzungen der Ausgaben für Medikamente, für Rüstung sowie eine Kappung von Zuschüssen für Städte und Gemeinden.

Aus Protest gegen das neue Sparprogramm hatten Dienstag viele tausend Griechen mit einem 24-Stunden-Streik ihrem Ärger Luft gemacht. In Athen demonstrierten nach Schätzungen der Polizei rund 10.000 Menschen bei strömendem Regen gegen die massiven Sparpläne.

Troika unzufrieden

Nach einem Bericht der "Bild"-Zeitung soll die internationale Expertenprüfgruppe höchst unzufrieden mit dem Stand der Reformen in Griechenland sein. In Vorentwürfen des Abschlussberichts attestierten die Fachleute Griechenland "immense Probleme" in der öffentlichen Verwaltung.

Die Behörden seien "kaum fähig zur Umsetzung" auch bereits politisch beschlossener Reformen, rügten die Experten. Offen sei, ob die Fachleute abermals die Schuldentragfähigkeit des Landes als gegeben ansehen. Der Bericht der Troika wird für Donnerstag erwartet.

Fortschritte mit Gläubigern

Unterdessen werden von den Verhandlungen der griechischen Regierung mit ihren privaten Gläubigern über einen Schuldenschnitt verhaltene Fortschritte gemeldet. Ein Sprecher des Internationalen Bankenverbands sagte in Athen, es habe ein "konstruktives Treffen" mit Papademos und Finanzminister Evangelos Venizelos gegeben. Über den Inhalt der vorläufigen Vereinbarung wolle man die EU-Finanzminister in Kürze unterrichten.

Allerdings verlieren die EU-Partner allmählich die Geduld mit den Griechen, da aus organisatorischen Gründen die Zeit drängt. Mittlerweile kursiert selbst in der EU-Spitze das Gedankenspiel einer Euro-Zone ohne Griechenland: EU-Kommissarin Neelie Kroes warnte mit Blick auf einen Austritt vor Horrorszenarien. Der niederländischen Zeitung "Volkskrant" sagte sie, wenn ein Mitglied gehe, heiße das nicht "Mann über Bord".

EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso zeigte sich indessen demonstrativ zuversichtlich: "Ich glaube, dass wir einer Einigung sehr nahe sind", sagte er in Brüssel. Bundeskanzlerin Angela Merkel sprach sich abermals gegen einen Euro-Austritt Griechenlands aus. "Ich will, dass Griechenland den Euro behält. Ich werde mich nicht daran beteiligen, Griechenland aus dem Euro rauszudrängen. Das hätte unabsehbare Folgen", sagte Merkel vor Studenten bei einer Veranstaltung in Berlin. Griechenland habe wesentlich größere Chancen, als das Land heute wahrnehme.

hp/SC (dpa, dapd, rtr)