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Putin-Gegner stark, aber nicht einig

5. Februar 2012

Mit ihren Protesten hat die Anti-Putin-Bewegung Standhaftigkeit bewiesen. Doch auch der unliebsame Präsidentschaftskandidat mobilisiert seine Anhänger. Es wird ein heißer Februar, meint Ingo Mannteufel.

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Symbolbild Kommentar (Foto: DW)

Die Sorgen der Organisatoren der Anti-Putin-Proteste waren unbegründet: Der Unmut über die gefälschten Duma-Wahlen und Putins geplante Rückkehr in den Kreml ist nach wie vor stark genug, um eine eindrucksvolle Protestkundgebung in Moskau zu veranstalten. Und auch die eisigen Temperaturen konnten nicht verhindern, dass mehrere Zehntausend Moskauer erst durch die Straßen zogen und dann auf dem Bolotnaja-Platz ihre politischen Forderungen erhoben - am selben Ort, an dem schon am 10. Dezember 2011 die neue russische Zivilgesellschaft ihr Gesicht gezeigt hat.

Neue Präsidentschaft Putins verhindern

Bei genauer Betrachtung der Protestbewegung offenbart sich aber, dass sich die Demonstranten nur in einem einig sind: in der Forderung nach freien Wahlen und der Ablehnung einer erneuten Amtszeit von Wladimir Putin als Präsident Russlands. Über andere politischen Fragen gehen die Meinungen weit auseinander.

Der Anti-Putin-Protestbewegung fehlt nicht nur ein gemeinsamer Kandidat. Vielmehr findet sich unter den Demonstranten die ganze Bandbreite politischer Ideologien: liberale und sozialdemokratische Kräfte im westlichen Sinne, russische Nationalisten mit fremdenfeindlichen Losungen und linksradikale Kommunisten. Momentan ist es schwer vorstellbar, wie sich diese so unterschiedlichen Gruppen auf eine neue politische Führung und auf eine Reform des politischen Systems in Russland einigen könnten, falls sie mit der Verhinderung Putins als nächstem Präsidenten Russlands überhaupt Erfolg haben sollten. Auch wenn diese Fragen langfristig äußerst wichtig sind und viele Spekulationen eröffnen, so spielen sie doch gegenwärtig keine Rolle.

Ingo Mannteufel (Foto: DW/Per Henriksen)
Ingo Mannteufel, Leiter Russische RedaktionBild: DW

Zweite Runde wäre schon ein Erfolg

Das Ziel der Protestbewegung ist faktisch viel bescheidender - und durchaus realistisch. Es geht darum, einen Sieg von Wladimir Putin in der ersten Runde der russischen Präsidentenwahl am 4. März zu verhindern und ihn in eine Stichwahl gegen einen der anderen Kandidaten zu zwingen. Das wäre aus Sicht der Protestbewegung ein großer Erfolg, denn es würde Putin die von ihm gepflegte Aura des unumstrittenen "nationalen Führers" nehmen und ihn auch in den Augen der ihn unterstützenden Bürokratie schwächen.

Dass Putin genau diese Entwicklung befürchtet, hat er selbst bestätigt: In der vergangenen Woche warnte er, dass eine zweite Runde bei den Präsidentenwahlen angeblich zu einer Destabilisierung der politischen Lage in Russland führe. Mit dieser Aussage bedient er die in der Bevölkerung weit verbreitete Angst vor Chaos und Instabilität.

Sicherlich ist Russland diese Entwicklung nicht zu wünschen. Eine blutige Revolution wäre das letzte, was das Land jetzt braucht. Warum aber angeblich das verfassungsgemäße Verfahren einer Stichwahl destabilisierend wirken soll, sagt eine Menge über das Denken von Putin und das aktuelle politische System aus.

Heißer Februar

Der Anti-Putin-Protestmarsch und die Kundgebung in Moskau haben deutlich gemacht, dass sich die stark verbreitete Unzufriedenheit mit dem System Putin weder in den vergangenen Wochen aufgelöst hat, noch sich von der eisigen Kälte in Moskau abschrecken lässt.

Doch auch der Kreml war am 4. Februar nicht untätig: Im Moskauer Süden organisierte er eine Pro-Putin-Kundgebung, auf der den Gegnern des russischen Ministerpräsidenten vorgeworfen wurde, dass sie das Land durch eine "Orangene Revolution" ins Chaos stürzen würden. Das politische Russland steht vor einem heißen Februar.

Autor: Ingo Mannteufel
Redaktion: Klaus Dahmann