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Rechtsextremismus in Serbien

17. November 2011

In Deutschland hat eine rechtsextreme Mordserie eine heftige Debatte ausgelöst, die auch in anderen europäischen Staaten verfolgt wird. Vor allem in Südosteuropa hat die Politik mit rechtsextremer Gewalt zu kämpfen.

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Graffiti mit nationalistischer Parole: Serbien den Serben (Foto: DW)
Nationalistische Parole: Serbien den SerbenBild: Ivica Petrovic

Der Rechtsextremismus sei auch in Serbien präsent, unterscheide sich aber in einigen Punkten vom Extremismus in Westeuropa, sagt Dragan Popovic, Direktor des Belgrader Think-Tanks "Zentrum für angewandte Politik", gegenüber DW-WORLD.DE. In Serbien seien Angehörige von Minderheiten Ziel rechtsextremistischer Übergriffe. "Die Rechtsextremisten in Serbien haben vorwiegend die nationalen Minderheiten und vor allem die Roma im Visier. In Ost- und Südosteuropa leben sehr viele Roma, die ein häufige Opfer sind. Selbstverständlich darf man - wie andernorts auch - die sexuellen Minderheiten nicht vergessen, die das Feindbild aller rechten Extremisten sind."

Nicht nur Minderheiten im Visier

Frau mit zugeklebtem Mund, auf dem "Freedom of speech" steht (Foto: AP)
Rechtsextreme als Gegner einer offenen GesellschaftBild: AP

Speziell ist beim serbischen Rechtsextremismus auch das Fokussieren auf die so genannten "Volksverräter". Darunter verstünden die Extremisten vornehmlich Leute, die sich für eine offene Gesellschaft einsetzten, für Menschenrechte und bürgerliche Werte, sagt Popovic. "Demzufolge haben wir in Serbien einen stärkeren Druck auch auf Organisationen der bürgerlichen Gesellschaft sowie auf Einzelpersonen oder Intellektuelle, die sich für eine offene und demokratische Gesellschaft einsetzen. Sie sind in letzter Zeit häufiger das Ziel von Übergriffen extremistischer Gruppen als es die nationale Minderheiten sind."

Hass gegen den Westen

Rechtsextremismus nimmt in Serbien einen großen öffentlichen und medialen Raum ein. Rechtsextreme Ideen würden auch zum Teil von der akademischen Elite und der serbisch-orthodoxen Kirche geteilt, so die Einschätzung von Sonja Biserko, Vorsitzende des serbischen Helsinki-Komitees. Die rechtsextremen Gruppierungen hätten eine anti-europäische und anti-westliche Einstellung und lehnten auch Menschenrechte ab. "Sie fokussieren sich überwiegend auf das Serbentum, Heim und Herd, konservative Werte. Ideologisch sympathisieren sie sehr mit der Kirche, weil auch die Kirche selbst diese konservativen, ja archaischen Wertemodelle propagiert", sagt Biserko.

Kirche mit eingebunden

Kirche des Heiligen Sava in Belgrad (Foto: picture alliance / dpa)
Serbische Rechtsextremisten berufen sich gern auf christlich-orthodoxe WerteBild: picture-alliance/ dpa

Dragan Popovic weist auch auf die ideologische Vielschichtigkeit des Rechtsextremismus in Serbien hin. "Da wird einiges aus der Neonazi-Bewegung in der Welt aufgenommen und dies wird dann vermischt zu einer einheimischen extremistischen Version", so Popovic. Ein wichtiges Merkmal sei auch die Nähe zur Kirche. Dies unterscheide den Rechtsextremismus in Serbien von extremistischen Bewegungen im Westen. Rechtsextreme Gruppen in Serbien "nehmen immer einen Teil der kirchlichen Mythologie in ihr Programm auf, übernehmen kirchliche Symbole und versuchen Verbündete unter dem Klerus zu finden und finden sie bedauerlicherweise auch unter den Bischöfen der serbisch-orthodoxen Kirche", meint Popovic.

Radikale Samtpfoten?

Die Rechtsextremen in Serbien sind Popovic zufolge nicht so radikal bei ihren Taten. Es gebe zwar Gewalttaten, aber keine rechten Gruppierungen wie im Westen, die auch vor Morden nicht Halt machten. Allerdings spreche dies auch nicht für Serbien: Im Westen seien diese Gruppierungen Randerscheinungen, in Serbien dagegen würden die politischen Eliten mit ihnen liebäugeln. Aus diesem Grund seien die Extremisten nicht gewaltbereit, sagt Popovic. Die rechten Gruppen würden so in ihrer Annahme gestärkt, Teil des Mainstreams zu sein und einige ihrer Ideen bei den politischen Entscheidungsträgern im Lande einbringen zu können.

Autor: Ivica Petrovic / Mirjana Dikic
Redaktion: Robert Schwartz