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Uralter Moosfarn mit aufwändiger Bürokratie

Helga Hansen15. Juni 2011

Seit 350 Millionen Jahren haben sich Moosfarne kaum verändert. In dieser Zeit hat ihr Erbgut stark gelitten. Um die vielen Fehler im Erbgut zu kompensieren, betreibt eine dieser uralten Pflanzen einen enormen Aufwand.

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Moosfarn (Selaginella umbrosa)
Bild: picture-alliance/botanikfoto

Pflanzen, die sich seit mehreren hundert Millionen Jahren nur wenig verändert haben, bieten Forschern einen wunderbaren Einblick in die Evolution. So haben sich aus den ersten Gefäßpflanzen im Laufe der Zeit die Samenpflanzen entwickelt, zu denen Bäume, Sträucher und Blumen gehören. Zu diesen ältesten Gefäßpflanzen zählt unter anderem der Moosfarn Selaginella. Mit ihm - beziehungsweise seinem Erbgut - beschäftigen sich Bonner Forscher und fanden dabei Erstaunliches heraus.

Im Mittelpunkt ihrer Forschung stand dabei ein wichtiger Bestandteil der Pflanzenzellen, die sogenannten Mitochondrien. In diesen "Zellkraftwerken" wird Energie produziert, die die Zellen zum Überleben brauchen. Dafür besitzen Mitochondrien sogar ihre eigenen Erbinformationen.

Dieses Erbgut haben sich Volker Knoop und seine Kollegen genau angeschaut und stellten fest, dass es - im Vergleich zu dem anderer pflanzlicher Mitochondrien - relativ klein ist. Gerade einmal 20 Gene finden sich dort. Außerdem fanden die Botaniker über 2000 fehlerhafte Stellen. Um trotzdem überleben zu können, hat sich der Farn einiges einfallen lassen. "Wir haben es hier mit einem sehr komplexen, aber sehr effizienten Korrekturmechanismus zu tun – in einer extremen Form, wie wir es bisher noch nie gesehen haben", erläutert Volker Knoop.

Verrückte genetische Bürokratie

Um ihre Erbinformationen nutzen zu können, stellen die Selaginella-Zellen zunächst mobile Kopien her. Anschließend beginnt der Korrekturmechanismus. Jede Kopie wird auf Fehler geprüft und jeder Fehler wieder korrigiert. Wo was korrigiert werden muss, merkt sich die Zelle dabei an anderer Stelle. Statt einfach die Fehler im Erbgut zu beheben, entstehen immer neue Kontrollen. "Es sieht aus wie eine verrückte genetische Bürokratie, ein überreguliertes, sich selbst erhaltendes System von kafkaeskem Ausmaß", wundert sich Volker Knoop.

Warum der Moosfarn diesen Aufwand betreibt und wie er entstanden ist, wollen die Forscher nun herausfinden. So könnte es sich einfach um eine Sackgasse der Evolution handeln, die entstand, als sich die Gefäßpflanzen aus den Samenpflanzen entwickelten. Vielleicht gibt es aber auch Vorteile, die Erbinformationen fehlerhaft zu lassen und erst kurz vor der Verwendung zu korrigieren.

Autorin: Helga Hansen
Redaktion: Judith Hartl