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Durchwachsene Bilanz

Stefan Nestler23. Februar 2014

Mit der Vorgabe von 30 Medaillen lag die Messlatte für die deutschen Olympia-Starter hoch. Es gab Licht und Schatten bei den Spielen in Sotschi. Das Gesamtziel verfehlte das Team deutlich - und schon wird Kritik laut.

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Deutsche Kombinierer behindern sich in der Zielkurve. Foto: dpa-pa
Bild: Reuters

Alle Spiele wieder: Wie schon nach den Olympischen Sommerspielen 2012 in London wird auch nach den Winterspielen in Sotschi über die deutsche Sportförderung diskutiert werden. Dagmar Freitag, die Vorsitzende des Bundestags-Sportausschusses, gab schon einmal einen kleinen Vorgeschmack. "Ich finde, dass es Zeit ist, sich Gedanken zu machen", sagte die SPD-Politikerin. Michael Vesper, Generalsekretär des Deutschen Olympischen Sportbunds (DOSB) und Chef de Mission in Sotschi, habe sich mit der Vorgabe von 30 Medaillen für das deutsche Team "nach London 2012 bereits seine zweite Fehleinschätzung" geleistet.

Vesper: "Nach 4:0 noch 4:4"

Vesper wies Dagmar Freitags Kritik zurück: "Ich finde es ein bisschen seltsam, dass sie jetzt, ohne hier gewesen zu sein, ohne Kontakt zur Mannschaft zu haben oder zu suchen, einen solchen Rundumschlag macht." Doch auch der DOSB-Generalsekretär musste einräumen, dass er sich verschätzt hat. "Ich komme mir vor wie bei einem Fußballspiel, bei dem man 4:0 führt und mit einem 4:4 nach Hause geht", sagte Vesper mit Blick auf den Leistungsknick des deutschen Teams in der zweiten Olympia-Woche. Die Bilanz: 19 Medaillen (achtmal Gold, sechsmal Silber und fünfmal Bronze) und damit lediglich Platz sechs in der Nationenwertung. Vor vier Jahren in Vancouver hatte das deutsche Team noch Rang zwei belegt, mit 30 Medaillen.

Deutsches Team bejubelt den Olympiasieg im Mannschaftswettbewerb. Foto: dpa-pa
Auch Gold als Team: Auf dem Rodel sind die Deutschen SpitzeBild: picture-alliance/dpa

Auf Geisenberger und Co. war Verlass

Eine sichere Bank waren wieder einmal die Rodler. Nathalie Geisenberger, Felix Loch und die Doppelsitzer Tobias Wendl und Tobias Arlt räumten alle Goldmedaillen ab. Auch die alpinen Skifahrer erfüllten die Erwartungen. Maria Höfl-Riesch triumphierte in der Super-Kombination und gewann Silber im Super G. Für Viktoria Rebensburg war Bronze im Riesenslalom fast so viel wert wie der Olympiasieg 2010, hatte sie doch diesmal im Vorfeld wegen einer Lungenentzündung lange pausieren müssen.

Kombinierer und Skispringer im Soll

Im Soll lagen auch die nordischen Kombinierer, die in allen Wettkämpfen Medaillen gewannen. Eric Frenzel wurde Olympiasieger im Wettbewerb von der Normalschanze, die Staffel holte Silber, Fabian Rießle Bronze von der Großschanze. Zweimal Gold bringen die Skispringer nach Hause. Sensationell trug sich Carina Vogt als erste Olympiasiegerin in die Geschichtsbücher ein. Und nach dem Gold-Triumph des deutschen Männer-Teams sprach niemand mehr davon, dass die "Adler" im Einzelwettbewerb nicht auf dem Podest gelandet waren.

Skisprungolympiasiegerin Vogt. Foto: dpa-pa
Überraschungssiegerin Carina VogtBild: picture-alliance/dpa

Eisschnellläufer im historischen Tief

Im Eiskunstlauf holten Aljona Savchenko und Robin Szolkowy mit Bronze zwar wie erwartet eine Medaille, der Traum vom Olympiasieg kurz vor dem Ende der gemeinsamen Karriere platzte jedoch. Noch längere Gesichter gab es bei den Eisschnellläufern. Erstmals seit 50 Jahren kehren die deutschen Kufenflitzer ohne Medaille von Winterspielen zurück. Dass die bereits 42 Jahre alte Claudia Pechstein mit Platz vier über 3000 Meter für das beste Resultat sorgte, spricht für sich. Auch die deutschen Starter im Skeleton, Shorttrack und Curling gingen leer aus. Die deutschen Freestyle-Skifahrer, die ebenfalls ohne Medaille blieben, müssen nach Äußerungen von Vertretern des Deutschen Skiverbands sogar fürchten, aus der Förderung zu fliegen.

Snowboarder-Silbermedaillengewinnerin Anke Karstens beim Rennen. Foto: dpa-pa
Snowboarderin Anke Karstens holte sich Silber im Parallel-SlalomBild: picture-alliance/dpa

Trabi in der Eisbahn

Bei den Snowboardern retteten Anke Karstens und Amelie Kober am vorletzten Wettkampftag mit Silber und Bronze im Parallel-Slalom noch die Bilanz. Die Skilangläufer blieben mit Bronze für die Frauen-Staffel hinter den Erwartungen zurück, hatten jedoch auch Sturzpech. Über schlechtes Material klagten dagegen die erfolgsverwöhnten deutschen Bobfahrer, die keine Medaille vorzuweisen hatten. Anschieber Kevin Kuske brachte es auf den Punkt: "Wenn wir früher in einem Formel-1-Wagen saßen, fahren wir jetzt in einem Trabi." Da gibt es viel aufzuarbeiten.

Tiefschlag durch Sachenbacher-Stehle

Zweimal Silber verbuchten die deutschen Biathleten durch Erik Lesser und die Männer-Staffel. Die Frauen blieben ohne Medaille. Und dann sorgte auch noch Evi Sachenbacher-Stehle für einen absoluten Tiefschlag. Die zweimalige Olympiasiegerin im Skilanglauf, die vor zwei Jahren zu den Biathletinnen gewechselt war, wurde des Dopings überführt. Sachenbacher-Stehle wurde positiv auf ein verbotenes Stimulanzmittel getestet, das häufig in Nahrungsergänzungsmitteln auftaucht. "Es ist die große Frage, ob es Dummheit oder Naivität war", sagte Chef de Mission Vesper. Wie auch immer, der Flurschaden für den deutschen Sport ist immens.

Evi Sachenbacher-Stehle im Gegenlicht. Foto: dpa-pa
Dopingfall Sachenbacher-Stehle wirft SchattenBild: picture-alliance/dpa