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Diskretion, bitte!

18. August 2011

Vertrauen ist die Grundlage für eine gute Geschäftsbeziehung. Die Mediengruppe Kirch ist vor Jahren durch öffentlich geäußerte Zweifel in die Pleite geschlittert. Was dürfen Geschäftspartner sagen - und was nicht?

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Fahnen der Kirch-Gruppe ProSiebenSat1 (Foto: AP)
Geriet unter Druck: die Kirch-Gruppe ProSiebenSat.1Bild: AP

Am 3. Februar 2002 antwortete der damalige Deutsche Bank-Chef Rolf Breuer in New York auf die Frage der Nachrichtenagentur Bloomberg, ob die Banken der Kirch-Gruppe helfen würden weiterzumachen: "Das halte ich für relativ fraglich. Was alles man darüber lesen und hören kann, ist ja, dass der Finanzsektor nicht bereit ist, auf unveränderter Basis noch weitere Fremd- oder gar Eigenmittel zur Verfügung zu stellen." Diese Aussage, so der mittlerweile verstorbene Medienunternehmer Leo Kirch, habe sein Unternehmen in die Pleite getrieben. Daher klagt er bzw. seine Familie gegen Rolf Breuer. Doch was darf wer eigentlich in Wirtschaftsfragen sagen und was besser nicht?

Vertrauen, Rücksicht und Zurückhaltung

Rechtsanwalt Mark Wilhelm (Foto: Wilhelm)
Rechtsanwalt Mark WilhelmBild: Wilhelm

Im Grunde ist es ganz einfach: Eine Geschäftsbeziehung beruht nicht nur darauf, dass Arbeitsabläufe gut funktionieren, sondern sie beruht in einem nicht unerheblichen Maße auf Vertrauen. Darüber hinaus seien Rücksicht und Zurückhaltung unerlässlich, so der Düsseldorfer Rechtsanwalt Mark Wilhelm zu DW-WORLD.DE: "Wenn eine Geschäftsbeziehung funktionieren soll, dann plaudert man eben nicht über die Geschäftspartner, das ist doch ganz normal."

Bestimmte Berufszweige und Branchen, so Wilhelm, seien ohnehin zu einem sorgsamen Umgang mit Informationen verpflichtet: "Dazu gehören die Banken, dazu gehören natürlich auch wir als Rechtsanwälte."

Öffentliche Äußerungen können Auslöser sein

Der Medienmogul Kirch hatte die Interview-Äußerungen Breuers für den Zusammenbruch seines Unternehmens verantwortlich gemacht. Für Mark Wilhelm ist das eine "klassische Situation". Denn sei ein Unternehmen schon in einer schwierigen Lage, dann könnten öffentliche Äußerungen das "Fass zum Überlaufen" bringen. Und wenn dann auch noch die Medien ausführlich darüber berichteten, sei es ganz natürlich, dass der Geschäftspartner, in diesem Falle die Banken, reagieren müssten: "Wenn die Bank aus der Zeitung erfährt, dass die Insolvenz droht oder ein Unternehmen seit Monaten nicht mehr liquide ist, dann reagieren die Banken, und das Unternehmen bekommt noch mehr Liquiditätsprobleme."

Klaus Nieding, DSW-Geschäftsführer (Foto: Gaby Gerster)
Klaus Nieding, Anwalt und DSW-GeschäftsführerBild: Gaby Gerster

Seit einigen Jahren, so Rechtsanwalt und Geschäftsführer der Deutschen Schutzgemeinschaft für Wertpapierbesitz (DSW), Klaus Nieding im Gespräch mit DW-WORLD.DE, rückten Führungskräfte großer Konzerne immer mehr in den Fokus der Öffentlichkeit. Sie seien im Grunde ebenso wie Politiker Personen des öffentlichen Lebens. Das bedeute, dass auch sie ihre Worte auf die Goldwaage legen müssten: "Sie müssen sich fachkundig beraten lassen von Kommunikationsexperten, die sehr darauf achten, dass nicht durch eine unbedachte Äußerung Vermögenswerte gefährdet werden."

Manche Äußerungen bergen Sprengstoff

Vor 1995, so Nieding, habe es noch einen wesentlich lockereren Umgang mit Informationen über interne Angelegenheiten eines Unternehmens gegeben. Damals habe aber auch noch kein Insider-Strafrecht existiert: "Spätestens seit dieser Regulierung ist klar geworden, welcher Sprengstoff in so mancher Äußerung steckt, wenn sie dann veröffentlicht wird oder wenn sie auf dem Marktplatz der öffentlichen Meinung hinaus posaunt wird." Darüber müssten sich Führungskräfte im klaren sein: "Wenn es eine Tatsache ist, die den Aktienkurs beeinflusst und bislang noch nicht bekannt war, dann darf man darüber einfach nicht reden."

Kombibild Breuer/Kirch (Foto: AP)
Ex-Banker Breuer äußerte sich - Milliardenpleite für Kirch folgteBild: AP

Die meisten Geschäftspartner aber, so der Düsseldorfer Anwalt Mark Wilhelm, seien in der Regel bemüht, schwierige Situationen gemeinsam zu meistern und einvernehmliche Lösungen zu finden: "Die Unternehmen müssen ja auch ganz normal mit den Banken über ihre Situation kommunizieren - und sie tun das ja auch. Gemeinsam mit den Banken werden sie normalerweise auch Lösungen erarbeiten, keine Frage."

Doch griffen die Medien erst einmal öffentlich gemachte Äußerungen auf, dann müssten Geschäftspartner - im Falle Kirch seien es die Banken gewesen - auch reagieren: "Die müssen ja überlegen: welche Risiken habe ich? Bin ich noch bereit, dieses Risiko in Kauf zu nehmen?" Die Situation könne sich dann rasch verschärfen, "wenn die Bank beispielsweise die Konten sperrt, weil sie sagt, ich bekomme meine Kredite nicht zurück, dann sichere ich mir zumindest den Teil der Liquidität, der noch vorhanden ist."

Transparenz ist gut - mit Einschränkungen

Transparenz sei immer gut, sagt Wilhelm, auch in Geschäftsbeziehungen. Allerdings, schränkt der Rechtsanwalt ein: Werde - vor allem in den Medien - zu laut und vor allem zu früh über kritische Situationen eines Unternehmens berichtet, dann könne das unter gewissen Umständen kontraproduktiv sein: "Ich glaube durchaus, dass es für die Unternehmen sinnvoll ist, mit Banken oder Zulieferern eine transparente Situation herzustellen", so Wilhelm. Die Frage sei nur: "Muss das unbedingt über die Öffentlichkeit transparent gemacht werden? Da habe ich ernsthafte Zweifel."

Autorin: Monika Lohmüller
Redaktion: Zhang Danhong