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Dupree: "Einfach nur Mensch bleiben"

Marita Berg11. April 2014

Anfang April konnte der 22-jährige Pianist den Deutschen Musikwettbewerb 2014 in Bonn für sich entscheiden. Mit der DW hat Frank Dupree unter anderem über seine erstaunliche Karriere gesprochen.

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Frank Dupree lächelt vor einem Plakat des diesjährigen Deutschen Musikwettbewerbs in die Kamera (Foto: Deutscher Musikrat/Barbara Frommann)
Bild: Deutscher Musikrat/Barbara Frommann

DW: Frank Dupree, Sie sind erst 22 Jahre alt und können schon auf eine stattliche Anzahl an Erfolgen zurückblicken: Konzerte und internationale Wettbewerbsgewinne. Dahinter steckt natürlich außerordentliches Talent, viel Arbeit und Disziplin. Wann wurde Ihnen klar, dass Sie Musiker werden wollten?

Frank Dupree: Das wurde mir schon sehr früh klar. Ich hatte das Glück, schon mit fünf Jahren zu meiner auch heutigen Klavierprofessorin Sontraud Speidel zu kommen - sie hat den Unterricht von Anfang an professionell angepackt. Und mit zehn, elf Jahren wusste ich, ich möchte Pianist werden.

Wie wichtig ist diese langjährige Beziehung zu Sontraud Speidel für Sie?

Klar, auf der einen Seite ist sie meine Klavierlehrerin, aber auf der anderen Seite ist sie noch viel, viel mehr als das. Ich habe immer noch wöchentlich Unterricht bei ihr. Und im Unterricht erzieht man nicht nur den Pianisten oder seine Spielqualität, sondern den ganzen Menschen, musikalisch, emotional, einfach alles. (Er lächelt) Ja, und sie hat mich ein gutes Stück mit erzogen.

Sie sind Preisträger von vielen nationalen und internationalen Klavierwettbewerben. Wie wichtig sind solche Wettbewerbe für einen jungen Musiker?

Ich habe schon als Kind an Wettbewerben teilgenommen. Für eine Karriere bringt so ein Jugendwettbewerb zwar nicht wirklich viel. Aber es bringt eine Menge Erfahrung und vor allem die Routine, vorzuspielen, auf der Bühne zu stehen und sich völlig auf diesen einen Moment zu konzentrieren.

Frank Dupree (Foto: Rosa-Frank.com)
Kein "Wunderkind"Bild: Rosa-Frank.com

Vor wenigen Tagen erst haben Sie hier in Bonn den Deutschen Musikwettbewerb des Deutschen Musikrats gewonnen. Ist das für Sie eine besondere Auszeichnung?

Als ich eben in Bonn angekommen bin, hatte ich sofort wieder das Finalstück des Wettbewerbs im Ohr, Beethovens 3. Klavierkonzert. Ja, für mich war der Deutsche Musikwettbewerb der größte Wettbewerb, den ich bisher gemacht habe, denn dadurch bieten sich viele Chancen. Der Musikrat organisiert gerade einige Konzerte für mich, vermittelt Kontakte zu Konzertveranstaltern und vermutlich wird es demnächst auch eine CD geben - meine erste CD, ebenfalls organisiert vom Deutschen Musikrat.

Mit elf Jahren wurden Sie schon Jungstudent an der Karlsruher Musikhochschule, also ein Kind unter lauter jungen Erwachsenen. Wie haben Sie das erlebt?

Das Vorstudium an einer Musikhochschule bedeutet, man bekommt Hauptfachunterricht von einer Professorin an der Hochschule. Das heißt: Ich bin ganz normal zur Schule gegangen, wie jeder andere auch, und habe nur zusätzlich Klavierunterricht bekommen.

Ihr erstes internationales Konzert haben Sie 2005 in Frankreich mit dem Orchestre Conservatoire Nancy gegeben - da waren sie gerade erst 13 Jahre alt. Auf dem Programm stand Tschaikowskys 1. Klavierkonzert. Hat Tschaikowskis Konzert auch heute für Sie eine besondere Bedeutung?

Das war für mich das erste große romantische Klavierkonzert, das ich gespielt habe. Ich habe angefangen mit Mozart und Haydn, später kam noch ein kürzeres Liszt-Konzert dazu. Und dann meinte meine Professorin: "Okay, als nächstes machen wir das Tschaikowski-Klavierkonzert!" Ich wollte dieses Tschaikowski-Konzert immer schon spielen und ich weiß noch, ich hatte mir die Noten schon gekauft, durfte es aber noch nicht üben. Und dann kam dieser Augenblick! Für mich ist das Stück - ähnlich wie Beethovens 3. Konzert - ein Schlüsselwerk. Es ist einfach ein Wahnsinns-Stück!

Frank Dupree spielt ein Klavierkonzert (Foto: Rainer Wollenschneider )
Bild: Rainer Wollenschneider

An der Karlsruher Musikhochschule haben Ihre Lehrer schnell erkannt, dass Sie auch ein ausgesprochenes Dirigiertalent sind. Mit 13 Jahren haben Sie erstmals in einem Konzert dirigiert.

Ja, das hat witziger weise auch meine Klavierprofessorin entdeckt. Irgendwann hat sie gesagt: "Probier doch mal zu dirigieren!" Das hab ich dann auch gemacht, ich habe ein kleines Jugendensemble dirigiert. Später kam noch ein Kammerorchester dazu und dann sogar ein größeres Sinfonieorchester und ganz schnell wurde ich in Karlsruhe Vorstudent im Fach Dirigieren - mit 14 Jahren.

Aber sie gehen sogar noch einen Schritt weiter. Sie verbinden beides, dirigieren vom Klavier aus und 2012 haben Sie den "Internationalen Hans-von-Bülow-Wettbewerb" in Meiningen in der Kategorie "Dirigieren vom Klavier aus" gewonnen. Wie haben Sie diese Doppelfunktion für sich entdeckt?

Das hat sich ganz einfach daraus ergeben, Klavier und Dirigieren zu studieren. Ist zwar beides schön, aber ich habe schnell gemerkt, dass ich das nicht trennen möchte, dass ich beide Fächer irgendwie kombinieren sollte: Man kennt ja vor allem Daniel Barenboim als Dirigent vom Klavier aus und zum Beispiel Leonard Bernstein. Und natürlich habe ich das bei den beiden gesehen und habe gedacht, okay, das möchte ich auch machen.

Was ist der besondere Reiz, ein Orchester als Solist vom Klavier aus zu leiten?

Gleichzeitig zu dirigieren und Klavier zu spielen bedeutet, quasi Kammermusik mit 50, 60 oder 70 Musikern zu machen. Das ist eine enorme Herausforderung. Aber mir macht es einfach eine wahnsinnige Freude, auf diese Weise Musik zu machen.

Mittlerweile haben Sie Gershwins "Rhapsody in Blue", alle fünf Beethoven Klavierkonzerte und sogar Tschaikowskys 1. Klavierkonzert auf diese Weise gespielt und dirigiert.

Das waren zum Teil auch Experimente. Ich wollte einfach sehen, ob ich das Tschaikowsky-Klavierkonzert gleichzeitig spielen und dirigieren kann. So viel ich weiß, hat das noch niemand gemacht. Das hängt aber natürlich auch vom Orchester ab. Ich habe das damals mit einem Studentenorchester gemacht und habe mir die Musiker selbst gesucht. Wir haben eine Menge an diesem Stück geprobt und am Ende hat es wunderbar funktioniert.

Frank Dupree spielt einen Flügel (Foto: Rosa-Frank.com)
Das Klavier als BasisBild: Rosa-Frank.com

Pianist und Dirigent - schlagen da zwei Herzen in Ihrer Brust oder werden Sie sich nach dem Klaviererfolg beim Deutschen Musikwettbewerb nun verstärkt auf Ihre Karriere als Pianist konzentrieren?

Zwei Herzen in der Brust - nein, das würde ich nicht sagen. (Er lacht) Da schlägt definitiv nur eines und das sagt: Ich möchte einfach Musik machen. Momentan hat das Klavier zwar tatsächlich den Vorrang, aber ich kann nicht ausschließen, dass ich mich später wieder intensiver auf die Arbeit mit einem Orchester konzentrieren werde. Oder auf Kammermusik oder auf die Arbeit mit Sängern. Für mich ist einfach nur wichtig, Musik zu machen, egal auf welche Weise.

Wie sehen Ihre Pläne für die nächste Zukunft aus?

Im Mai gibt es Konzerte hier in Bonn, in Bayreuth, in Nancy in Frankreich und es ist ein Konzert in Norwegen geplant. Und im Sommer, da freue ich mich schon ganz besonders drauf, geht's für drei Wochen in die Schweiz, zur Akademie des Verbier Festival, auf einen Kurs.

Sie sind 22 Jahre jung und haben das Leben eines Wunderkindes geführt. Blieb Ihnen da überhaupt Zeit für eine "normale" Kindheit, für Spielen, Hobbys und Freunde? Oder haben Sie sich manchmal nach einem Stück Normalität gesehnt?

Ich habe mich nie nach einer "normalen" Kindheit gesehnt, weil ich mich selber nie als Wunderkind gesehen habe und auch meine Eltern haben mich nicht als Wunderkind erzogen. Ich habe mit anderen Kindern auf der Straße Fußball gespielt, Sport und auch ziemlich viel Quatsch gemacht - was man so als Junge macht. Aber ich habe nie die Musik vergessen.

Ich habe Klavier gespielt, Kammermusik gemacht, Schlagzeug gespielt - und bin trotzdem einfach nur Mensch geblieben. Und das ist, glaube ich auch sehr, sehr wichtig. Das darf man als Musiker nie vergessen: Mensch bleiben. Musik ist von Menschen komponiert und meistens drückt Musik Gefühle aus. Und ich finde, man kann Gefühle erst dann ausdrücken, wenn man sie selbst erlebt hat. Und da gehört Liebe dazu, da gehört auch mal Enttäuschung dazu, eben alles, was zum Leben dazugehört.

Das Gespräch mit Frank Dupree führte Marita Berg