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Draghi macht den Euro schwach

Zhang Danhong30. September 2014

Seit Monaten redet Mario Draghi, Chef der Europäischen Zentralbank, den Euro schwach. Der Erfolg ist beachtlich. Doch mittelfristig könnte der Schuss nach hinten losgehen.

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Die Installation mit dem Euro-Zeichen steht vor der Europäischen Zentralbank (Foto: dpa)
Bild: picture-alliance/dpa

Noch im Mai bekam man für einen Euro rund 1,40 Dollar. Nun bewegt sich der Kurs der europäischen Gemeinschaftswährung in Richtung 1,25 Dollar. "Wir denken, dass sich dieser Trend in den kommenden Monaten fortsetzen wird. Auf Jahressicht sehen wir Kurse um die 1,20 Dollar als möglich", sagt Jürgen Michels, Chefvolkswirt der Bayerischen Landesbank.

Zum einen liegen die Gründe im US-Dollar, meint Nicolaus Heinen von Deutsche Bank Research: "Die Wachstumsperspektiven der USA sind relativ komfortabel." Tatsächlich kommt die Wirtschaft der USA langsam in Fahrt. 4,6 Prozent Wachstum wurden im zweiten Quartal erzielt. Davon kann die Eurozone nur träumen. Vor allem die großen Volkswirtschaften in der Währungsunion schwächeln weiter. Während die französische Wirtschaft auf der Stelle tritt, rutscht Italien sogar in die Rezession. Auch Deutschland wächst weniger dynamisch als erwartet. "Die Ukraine- und Russlandkrise hat negative Wirkungen auf die deutsche Wirtschaft", sagt Michels im Interview mit der Deutschen Welle. Davon ist die US-Wirtschaft kaum betroffen.

Politik der Fed und EZB gehen auseinander

Aus den unterschiedlichen konjunkturellen Lagen ergibt sich auch eine unterschiedliche Geldpolitik. Während die US-Notenbank die Anleihekäufe zurückfährt und bereits über eine Zinserhöhung philosophiert, will die Europäische Zentralbank den letzten Rest des geldpolitischen Pulvers verschießen. "Dadurch kommen mehr Euros auf den Markt und der Außenwert des Euro sinkt", sagt Nicolaus Heinen von der Deutschen Bank. Er rechtet damit, dass die EZB nicht immer mehr Geld in die Märkte pumpen, sondern bald auch den Kauf von Staatsanleihen ankündigen wird.

Nicolaus Heinen, Analyst der Deutschen Bank
Bild: Deutsche Bank

Mit Taten und Worten schwächt EZB-Chef Mario Draghi die Gemeinschaftswährung seit Monaten - ein Novum in der jungen Geschichte der Europäischen Zentralbank. "Zu den Aufgaben von Mario Draghi gehört das Schwachreden des Euro sicherlich nicht. Draghi tut es aber trotzdem, weil er möchte, dass die Konjunktur in der Eurozone wieder auf Kurs kommt, denn sonst drohen deflationäre Gefahren", so Heinen gegenüber der DW.

Höhere Inflation und mehr Exporte

Deflation ist der größte Albtraum von Mario Draghi. Dahinter verbirgt sich der Teufelskreis aus sinkenden Preisen, nachlassender Investition und einem Rückgang der Wirtschaft. Die Inflation in der Eurozone ist gerade auf ein neues Jahrestief von 0,3 Prozent, weit entfernt von der Zielmarke von knapp unter zwei Prozent. Von daher stört es keinen, dass die Kaufkraft in den Euroländern unter dem schwachen Euro leidet. "Derzeit ist das eigentliche Ziel der EZB, durch die schwächere Währung letztendlich die Inflationserwartung und auch die aktuelle Inflationsrate nach oben zu bringen", meint Jürgen Michels.

EZB-Zinssenkung - Mario Draghi's umstrittener Kurs

Ein schwacher Euro macht zudem die Produkte der Euroländer billiger und sorgt dadurch für mehr Export. Das Wachstum vor allem in den Krisenländern soll damit angeschoben werden.

Schwacher Euro löst kein Problem

"Aber es profitieren natürlich auch die Exportnationen Deutschland, Niederlande und Österreich, deren Produkte nicht nur gut, sondern in Zukunft auch noch günstiger werden. Das dürfte die Spannung in der Eurozone in Zukunft noch befeuern", sagt Heinen. Mit anderen Worten: Probleme in der Eurozone löst ein schwacher Euro nicht, im Gegenteil. "Wenn der Euro schwach wird, werden vielleicht Strukturreformen etwas zurückgenommen, Beispiel Frankreich. Von daher könnte der schwache Euro mittelfristig sogar problematisch für diese Länder werden", so Michels.

Die Zeche für die schwache Währung zahlen bereits jetzt Menschen, die im Ausland Urlaub machen oder ausländische Produkte konsumieren möchten. "So werden die günstigen Exporte über kurz oder lang vom privaten Verbraucher subventioniert", fasst Heinen das Ganze zusammen.