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Sonnenanbeter adé

Brigitte Osterath9. Februar 2015

Australien hat zusammen mit Neuseeland die höchste Hautkrebsrate der Welt. Krebspräventionsorganisationen wollen das ändern. Im Land der Kängurus wächst das Bewusstsein, dass Sonne töten kann.

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Bondi Beach (Foto: Rainer Dückerhoff).
Bild: Rainer Dückerhoff

Ich gebe es zu: Hin und wieder sonne ich mich ganz gerne. Und das nicht nur, weil es sich so schön anfühlt, die wärmenden Sonnenstrahlen auf der Haut zu spüren - ich sehe auch gerne mein sonnengebräuntes Gesicht im Spiegel. So gefalle ich mir besser als mit kalkweißem Antlitz.

Aber hier in Australien würde ich das nie laut sagen - ich will mich nicht outen. Vielmehr bekomme ich hier ein schlechtes Gewissen, wenn ich mich ungeschützt der vom Himmel brennenden Strahlung aussetze. Doch das liegt sicher nicht daran, dass ich seit meiner Abreise aus Deutschland etwa sechs Wochen älter und damit so viel vernünftiger geworden bin.

Ein tödliches Vergnügen

Weiße gehören eigentlich nicht in diesen Breitengrad mit seiner ungewöhnlich starken UV-Strahlung. In Australien erkranken jedes Jahr pro eine Million Einwohner 349 Menschen an schwarzem Hautkrebs - Tendenz steigend. Zum Vergleich: In Deutschland sind es 114 Fälle pro Million Einwohner. Eine OP kommt in vielen Fällen zu spät: Mehr als 1500 Australier sterben jedes Jahr an schwarzem Hautkrebs.

Vor allem in Sydney sind mir die menschengroßen Plakate an Bushaltestellen und auf Bussen aufgefallen. Krebspräventionsorganisationen wie Cancer Council Australia und Cancer Institute New South Wales warnen damit vor der großen Gefahr, die die Sonne ausübt. Auch in der Fernsehwerbung laufen Clips mit warnendem Inhalt. Sie fordern auf, "sunsmart" zu sein, also mit der Sonne vernünftig umzugehen. Wer sich der Sonne aussetzt, soll sich vor der Strahlung schützen. Und was mich - und sicher auch viele andere - besonders trifft: Eine gesunde Bräune gibt es nicht, warnen sie.

Inzwischen haben die Kampagnen offensichtlich bei vielen Australiern gefruchtet. Mir ist es schon passiert, dass mich Einheimische gelobt haben, als ich im Tierpark anfing, mich einzucremen. Das sei "eine sehr gute Idee", meinte einer von ihnen zu mir.

50+ ist die Regel

In vielen Hostels und Lodges steht für uns Gäste ein Pott Sonnencreme zum kostenlosen Selbstbedienen aus. Das sind immer gewaltige 1-Liter-Packungen - solche Ungetüme gibt es in Deutschland gar nicht zu kaufen.

Regal mit Sonnencreme (Foto: Rainer Dückerhoff).
Die Auswahl an Sonnencremes in Australien ist riesig. Aber Lichtschutzfaktor 30 ist Minimum.Bild: Rainer Dückerhoff

Auch der hohe Lichtschutzfaktor fällt auf: 50+ oder wenigstens 50 ist in Australien Standard. Sonnencreme mit Lichtschutzfaktor 30 stehen auch im Regal. Aber die in Deutschland beliebten 20er oder 15er-Cremes - damit man schön braun wird - habe ich hier noch nirgendwo gesehen. Es sei denn, es handelt sich um pflegende Gesichts-Tagescremes für Frauen. Aber die sind nicht primär für den Sonnenschutz gedacht.

Gut geschützt im Whirlpool

"Die Inhaltsstoffe der australischen Sonnencremes sind mehr oder weniger die gleichen wie in den Cremes in Europa", erzählt mir Wladimir Budnik von Skin Health in Melbourne. Das Unternehmen fertigt Sonnencremes an und vermarktet sie für Cancer Council Australia.

Aber es gibt einen Unterschied: In Australien ist Wasserfestigkeit ein absolutes Muss. Strandvergnügen und Wassersport gehören zum Leben der Australier einfach dazu. Das Land hat in Bezug auf Wasserfestigkeit viel striktere Regeln als Europa, erklärt Budnik. "Eine Sonnencreme mit Lichtschutzfaktor 50 muss auch nach vier Stunden im Whirlpool noch Lichtschutzfaktor 50 haben." In Europa hingegen dürfe der Lichtschutzfaktor nach 80 Minuten ruhig auf 25 heruntergegangen sein.

Surfer am Bondi Beach (Foto: Rainer Dückerhoff).
Die Australier sind verrückt nach Wassersport. Da muss auch die Sonnencreme halten.Bild: Rainer Dückerhoff

Eine neue Generation Australier

Sonnenstudios sind seit Beginn dieses Jahrs in fast allen Bundesstaaten Australiens verboten, die restlichen Staaten haben ein Verbot bereits beschlossen. Schon den Kindern bringt man bei, "sunsmart" zu sein. Schulhöfe seien mit schattenspendenden Sonnensegeln ausgestattet, erzählt Budnik. Die Schüler müssten Hüte tragen. Inzwischen erinnerten seine Enkel ihn daran, Sonnencreme aufzutragen, wenn er nach draußen gehe.

Wladimir Budnik von Vitality Brands in Melbourne im Gespräch mit DW-Reporterin Brigitte Osterath (Foto: Rainer Dückerhoff).
Wladimir Budnik im Gespräch mit DW-Reporterin Brigitte OsterathBild: Rainer Dückerhoff

Aber trotzdem tummeln sich auch an Australiens Stränden viele Menschen, die in der Sonne braten. Ob das Einheimische sind oder Urlauber aus weniger sonnenverwöhnten Ländern, ist schwer zu sagen. Diese Sonnenanbeter stelle ich mir vor, wenn ich mich abends ein Viertelstündchen ungeschützt in die Abendsonne setze. Denn so unvernünftig wie die bin ich lange nicht. Aber so ganz zu verzichten, schaffe ich auch nicht - noch nicht zumindest.