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Wechsel an der Spitze der Türkischen Gemeinde

Anja Fähnle13. Mai 2014

Der bisherige Vorsitzende der Türkischen Gemeinde in Deutschland, Kenan Kolat, gab am Wochenende auf dem Bundeskongress überraschend sein Amt auf - aus gesundheitlichen Gründen. Er hat zwei Nachfolger.

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Die neuen Vorsitzenden der Türkischen Gemeinde in Deutschland, links Safter Cinar und rechts Gökay Sofuoglu, Foto von der TGD
Bild: TGD

Safter Cinar und Gökay Sofuoglu sind die neuen Vorsitzenden der Türkischen Gemeinde in Deutschland (TGD). "Es ist das erste und letzte Mal, dass zwei grauhaarige Männer die TGD anführen", scherzt Sofuoglu im Gespräch mit der Deutschen Welle. Eigentlich hat der Verband vor zwei Jahren eine Geschlechterquote eingeführt. Aber der Rücktritt des bisherigen Vorsitzenden Kolat sei so überraschend gewesen, dass sich so schnell keine Frau für das Amt gefunden habe. "In Zukunft wird es paritätisch besetzt", erklärt Sofuoglu.

Zwei Jahre lang teilen sich der Berliner Cinar und der Stuttgarter Sofuoglu die Arbeit des Verbandes. Dafür musste der Bundeskongress am Wochenende zunächst einer Satzungsänderung zustimmen, nach der die TGD auch von einer Doppelspitze geführt werden kann. Sowohl Cinar als auch Sofuoglu kennen die Arbeitsweise des Verbandes, beide waren bereits stellvertretende Bundesvorsitzende.

Für die Interessen der Türken in Deutschland

Der Betriebswirt Cinar und der Sozialpädagoge Sofuoglu lobten die Arbeit des bisherigen Vorsitzenden Kolat, der fast neun Jahre an der Spitze des Dachverbandes stand, und wollen daran anknüpfen. "Kenan Kolat hat die Türkische Gemeinde weitergebracht, er hat viel mehr Kontakte, viel mehr strukturelle Verknüpfungen hergestellt", sagte Cinar, bisher Vorsitzender des Türkischen Bundes Berlin-Brandenburg, in einem Interview mit Deutschlandradio Kultur.

Der ehemalige Vorsitzende der Türkischen Gemeinde in Deutschland kann Kolat sitzt zwischen Außenminister Frank-Walter Steinmeier und Altbundespräsident Christian Wulff auf dem Bundeskongress der TGD am 11.05.2014, Foto von der TGD
"Kolat (in der Mitte) hat die türkische Gemeinde weitergebracht"Bild: TGD

Seit fast zwanzig Jahren gibt es die Türkische Gemeinde in Deutschland. Sie setzt sich für die Interessen der etwa 2,5 Millionen in Deutschland lebenden Türken ein.

"Die Türkische Gemeinde ist die stärkste Interessenvertretung der Migranten aus der Türkei in Deutschland, wenn es um Gleichbehandlung, den Kampf gegen Diskriminierung und natürlich auch um den Beitritt der Türkei zur Europäischen Union geht", sagt Sofuoglu im DW-Gespräch. Sie hat etwa 9000 Mitglieder und ist in Landesverbänden organisiert.

Bald in allen Bundesländern vertreten

"Ein Bundesverband kann nur stark sein, wenn auch die Landesverbände stark sind" - und das werde ein wichtiger Schwerpunkt des neuen Vorstandes sein, erklärt Sofuoglu. Zwei neue Landesverbände sollen gegründet werden: im Saarland und in Rheinland-Pfalz. In diesen beiden Bundesländern gibt es bisher noch keine Mitgliedsverbände.

An der Ausrichtung des Verbandes will der neue Vorstand ebenfalls arbeiten. "Die türkische Gemeinde ist keine ideologische Organisation und versucht, Leute unterschiedlicher politischer Gruppen zusammenzubringen", so Cinar im Deutschlandradio-Interview. Allerdings werde sie derzeit vor allem als Gruppe der laizistischen Türken in Deutschland gesehen.

"Wir müssen uns jetzt mehr öffnen für die konservativen und die anderen türkischen Gruppierungen", sagt Sofuoglu. Bei den Themen Rassismus, gleiche Rechte und Mitgliedschaft der Türkei in der EU plädiert der Stuttgarter für gemeinsame Positionen, damit sich alle in Deutschland lebenden Türken von dem Verband vertreten fühlen.

Deutsche und türkische Fahne, Foto von dpa
"Alle in Deutschland lebenden Türken sollen sich von uns vertreten fühlen"Bild: picture-alliance/dpa

"Unsere Vorschläge werden gehört"

Vor der Bundestagswahl im Herbst 2013 hat die Türkische Gemeinde in Deutschland unter anderem Vorschläge zur doppelten Staatsbürgerschaft eingebracht: Sie war für die Abschaffung der Optionspflicht, nach der sich in Deutschland geborene Kinder von Migranten bis zum 23. Geburtstag entweder für die Staatsangehörigkeit ihrer Eltern oder für die deutsche entscheiden mussten. Solche Vorschläge seien von den Parteien zum Teil auch übernommen worden, so Sofuoglu. Tatsächlich einigten sich CDU und SPD darauf, dass die umstrittene Optionspflicht für Kinder ausländischer Eltern, die bis zu ihrem 21. Geburtstag mindestens acht Jahre lang in Deutschland gelebt haben, wegfällt. "Ich denke, dass wir mit allen Parteien sehr gut zusammenarbeiten und dass unsere Vorschläge gehört werden", sagt Sofuoglu. Das sei auch auf der Islamkonferenz und beim Integrationsgipfel der Fall.

Außerdem beobachtet die TGD den Prozess in München gegen die mutmaßliche Rechtsterroristin Beate Zschäpe vom "Nationalsozialistischen Untergrund" (NSU) und ihre Komplizen und erstellt einen Parallelbericht - zusätzlich zu den Berichten des NSU-Ausschusses des Bundestages, so Sofuoglu.