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Doppelpass mit Auflagen

Naomi Conrad, Berlin19. Dezember 2014

Kinder in Deutschland lebender ausländischer Eltern müssen sich nicht mehr für eine Staatsbürgerschaft entscheiden. Doch das gilt nicht ganz uneingeschränkt: Einige Auflagen müssen erfüllt sein.

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Frau hält zwei Pässe in die Kamera (Foto: Daniel Bockwoldt/dpa)
Bild: picture-alliance/dpa

An seinem 18. Geburtstag trudelte ein dicker Brief bei ihm zu Hause in Rüsselsheim ein, so erzählt es Musa Cakilli: Die Behörden forderten ihn darin auf, sich für einen Pass zu entscheiden. Cakillis Eltern stammen aus der Türkei - und deshalb hatte er sowohl die deutsche als auch die türkische Staatsangehörigkeit. Bis zu seinem 23. Geburtstag, so sah es das Gesetz bislang bei Kindern ausländischer Eltern vor, sollte sich der Wirtschaftsstudent also für eine der beiden Staatsbürgerschaften entscheiden. Doch das wollte er nicht: "Die sind doch beide Teil meiner Identität." Cakilli wollte nicht einen seiner Pässe abgeben - und zog stattdessen 2012 vor das Verwaltungsgericht Darmstadt.

Denn viele seiner Freunde sind Griechen, Italiener oder auch Schweizer - und sie alle durften ohne Weiteres ihre zwei Pässe behalten. Denn bei EU-Bürgern gilt seit längerem die doppelte Staatsbürgerschaft. Geduldet wird der Doppelpass auch bei Menschen, deren Herkunftsländer eine Ausbürgerung nicht akzeptieren. Dazu gehören unter anderem der Iran, Algerien, Syrien und etliche lateinamerikanische Staaten. "Ich fand das richtig ungerecht", erinnert sich der heute 21-Jährige. Und: Er habe sich schon ein bisschen "abgestoßen" gefühlt.

Doppelpass mit Auflagen

Im Juli aber zog er seine Klage zurück, nachdem die Regierung die Neuordnung des Staatsbürgerrechts beschlossen hatte. An diesem Samstag (20.12.2014) tritt die Regelung in Kraft - und damit entfällt zukünftig auch "die absurde Situation, dass jemand mit 18 zum Ausländer gemacht wird", so bringt es die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Aydan Özoguz, auf den Punkt. Die SPD-Politikerin schätzt, dass etwa 500.000 junge Menschen von der neuen Regelung profitieren werden, die sie ein "ganz wichtiges Gesetz" nennt.

Allerdings sollen bestimmte Auflagen gelten: Um eine doppelte Staatsbürgerschaft zu erlangen, müssen Kinder ausländischer Eltern in Deutschland aufgewachsen sein. Das heißt, dass sie bis zu ihrem 21. Geburtstag acht Jahre in Deutschland gelebt, sechs Jahre lang eine deutsche Schule besucht oder eine Berufsausbildung gemacht haben müssen. Als Nachweis soll ein Schulzeugnis oder eine Ausbildungsbescheinigung reichen. Wer diese Auflagen nicht erfüllt, für den gilt weiterhin die Optionspflicht.

Diese Auflagen wurden in der Vergangenheit wiederholt von der Opposition kritisiert, die eine völlige Abschaffung der Optionspflicht fordert. Sie könne die Kritik verstehen, sagt auch Aydan Özoguz. Die Auflagen hätte "man meiner Meinung nach nicht machen müssen". Trotzdem: Die Voraussetzung für die doppelte Staatsbürgerschaft erfülle fast jeder Betroffene.

Nicht rückwirkend

Was er von den Auflagen hält? Musa Cakilli überlegt einen Moment: Ja, irgendwie seien sie schon diskriminierend, weil sie nicht für alle gelten. Aber wer die deutsche Staatsangehörigkeit haben wolle, der müsse sie auch verdienen. Ungerecht findet er dagegen, dass die Regelung nicht rückwirkend gilt: Seine ältere Schwester Hatice, die heute 24 Jahre alt ist, habe sich vor ein paar Jahren für einen Pass entscheiden müssen. "Sie findet das natürlich ungerecht und ärgert sich darüber."

Insgesamt aber, sagt Cakilli, sei er glücklich über die neue Regelung und seine beiden Pässe: "Ich fühle mich akzeptiert."