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Grubenunglück im Kriegsgebiet

Inna Kuprianowa/Roman Gonscharenko4. März 2015

Die Sassjadko-Zeche im ostukrainischen Donezk hat einen traurigen Ruf. Weit über 200 Bergleute starben dort bei Unfällen seit 1991. Das jüngste Unglück ereignete sich unter neuen Umständen: mitten im Kriegsgebiet.

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Ukraine Bergunglück in der Kohlemine Sasjadko bei Donezk
Bild: Reuters/B. Ratner

Nach dem schweren Grubenunglück auf der Sassjadko-Zeche im ostukrainischen Donezk am Mittwoch gab es keine genaue Opferzahl. Mindestens 33 Bergleute seien ums Leben gekommen, hieß es am Abend aus diversen Quellen. Es gebe kaum noch Hoffnung, Überlebende bergen zu können. Vieles deutet darauf hin, dass alle bei der Explosion eines Gasgemisches ums Leben kamen. Die genauen Umstände sind noch nicht bekannt.

Die Sassjadko-Zeche befindet sich im Norden von Donezk, einer Millionenstadt, die spätestens seit dem Sommer 2014 vollständig von prorussischen Separatisten kontrolliert wird. Sie sei eine der wenigen Zechen im ganzen Separatistengebiet, wo trotz Krieg weiterhin Kohle gefördert werde, sagte Viktor Akimotschkin von der Unabhängigen Gewerkschaft der Bergleute in der Ukraine der DW. Auch die Löhne seien bisher pünktlich gezahlt worden.

Zeche an der Frontlinie

Die Zeche liegt nicht weit vom bis vor kurzem hart umkämpften Donezker Flughafen und damit an der Frontlinie zwischen prorussischen Separatisten und der ukrainischen Armee. Sie wurde mehrmals beschossen. Diesmal habe es keinen Beschuss gegeben, hieß es aus der Führung der selbsternannten Donezker Volksrepublik. "Man kann aber nicht mit Sicherheit sagen, dass frühere Beschüsse den Zustand der Zeche nicht beeinflusst hätten", sagte Akimotschkin.

Ukraine Bergunglück in der Kohlemine Sasjadko bei Donezk
Angehörige der Bergleute nach dem UnglückBild: AFP/Getty Images/J. Macdougall

Die 1958 in Betrieb genommene Sassjadko-Zeche gilt als eine der größten im ostukrainischen Kohlerevier Donbass und im ganzen Land. Sie befindet sich formell in staatlichem Besitz, wird jedoch seit Jahren von privaten Geschäftsleuten mit Juchym Swjahilski an der Spitze geführt. Der 82-jährige Swjahilski ist ein erfahrener Geschäftsmann und Politiker. Anfang der 1990er Jahre arbeitete er in der ukrainischen Regierung und wurde mehrmals ins Parlament gewählt, zuletzt im Oktober 2014. Swjahilski gilt als ein Vertreter der sogenannten Donezker Gruppe ukrainischer Politiker. Ihr Präsident Viktor Janukowisch flüchtete nach oppositionellen Protesten vor rund einem Jahr nach Russland.

Hunderte Tote bei früheren Unglücken

Der wirtschaftliche Erfolg der Sassjadko-Zeche hatte einen hohen Preis. Es gab immer wieder schwere Unfälle, bei denen insgesamt weit über 200 Menschen starben. Am 18. November 2007 ereignete sich dort auch das bisher schwerste Grubenunglück in der Geschichte der Ukraine seit der Unabhängigkeit des Landes im Jahr 1991. Bei einer Explosion des Methan-Gases starben 101 Bergleute. Seitdem sei die Zeche gründlich modernisiert worden, sagte Boris Hrjaduschi vom Donezker Forschungsinstitut für Bergtechnik der DW.

Dies bestätigte auch Mychajlo Wolynez, Vorsitzender der Unabhängigen Gewerkschaft der Bergleute in der Ukraine. Doch jetzt, wo die Zeche auf einem Gebiet sei, das von der ukrainischen Regierung nicht kontrolliert werde, sei die Lage anders als sonst. "Leider musste man mit so einem Unfall rechnen, wenn nicht auf dieser Zeche, dann woanders", sagte Wolynez. Wenn auf der Erdoberfläche tausende Menschen sterben, kümmere sich kaum jemand um das Leben der Bergleute unter Tage.

Ukraine Kohlemine Sasjadko bei Donezk ARCHIV
Bergleute aus der Zeche SassjadkoBild: AFP/Getty Images/V. Drachev