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Diese Reformen plant Athen

23. März 2015

Vor dem Antrittsbesuch des griechischen Ministerpräsidenten Tsipras bei Bundeskanzlerin Merkel sind Details seiner Reformliste durchgesickert. Mit den Plänen bricht er ein zentrales Wahlversprechen.

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Alexis Tsipras in Berlin (Foto: dpa)
Bild: picture-alliance/dpa/B. Pedersen

Mit einer Mischung aus Steuererhöhungen, Privatisierungen sowie Nachzahlungen von Steuersündern will Griechenlands Ministerpräsident Alexis Tsipras Geld in die leeren Staatskassen bringen. Das berichtet die Deutschen Presse-Agentur (dpa) unter Berufung auf Regierungskreise. Die Pläne werden beim Treffen mit Kanzlerin Angela Merkel am Nachmittag vermutlich eine wichtige Rolle spielen.

Den Angaben zufolge sollen Arbeitnehmer künftig auch in Griechenland generell erst mit 67 Jahren in Rente gehen. Die Rente mit 62 soll es nur für jene geben, die mindestens 40 Jahre lang gearbeitet haben. Im Wahlkampf hatte es noch zu den zentralen Wahlversprechen von Tsipras' linker Syriza-Partei gehört, dass die Renten nicht angetastet werden. Im Gespräch ist auch eine Erhöhung der Mehrwertsteuer auf Touristeninseln sowie der Steuern auf Tabakwaren und Alkohol.

"Drohung an Steuersünder"

Zudem wollen die Steuerbehörden in den kommenden Tagen alle Griechen mit Schwarzgeld-Konten im Ausland aufrufen, sich zu melden. "Wir wissen, wer sie sind, und geben ihnen eine letzte Chance, sich zu retten", sagte ein hoher Beamter im Finanzministerium der dpa. In Athen liegen Listen mit den Namen Tausender Griechen vor, die in den vergangenen Jahren jeweils mehr als 100.000 Euro ins Ausland überwiesen haben. Laut Finanzministerium schulden rund 3,7 Millionen Griechen und 447.000 Unternehmen dem Staat etwa 76 Milliarden Euro.

Bei dem Treffen mit Merkel wolle Tsipras die Grundrisse des Regierungsprogramms vorstellen, hieß es. Eine konkrete Lösung werde es in dieser Runde aber nicht geben, hatte Merkel im Vorfeld betont. Auch Tsipras dämpfte in einem Interview die Erwartungen an das Treffen: Es sei eine Gelegenheit, "ohne den Druck von Verhandlungen" miteinander zu reden. Vor allem dient das Treffen dazu, die deutsch-griechischen Beziehungen wieder zu entspannen. Sie hatten im Zuge des Schuldenstreits zuletzt erheblich gelitten.

Streit um Reparationen

Belastet wird der Besuch auch durch griechische Forderungen nach weiterer finanzieller Wiedergutmachung für Nazi-Unrecht. Die Bundesregierung stellt sich auf den Standpunkt, dass das Thema Reparationszahlungen juristisch beendet sei. Griechenlands Außenminister Nikos Kotzias schlug vor, einen "Rat der Weisen" mit Experten aus beiden Ländern einzusetzen, um den Streit aus dem Weg zu räumen. "Ich glaube, man muss Wege finden, mit Deutschland rational über bestimmte Probleme zu diskutieren", sagte er der "Süddeutschen Zeitung". Zusammen mit Außenminister Frank-Walter Steinmeier vereinbarte er bei einem Treffen am Sonntagabend eine "Bestandsaufnahme" der bilateralen Beziehungen.

An der Reformliste hatte Tsipras zusammen mit Finanzminister Yanis Varoufakis und Vizeregierungschef Giannis Dragasakis am Wochenende gearbeitet. Das Papier sei aber noch nicht fertig, hieß es. Die internationalen Geldgeber haben die Umsetzung konkreter Reformen zur Bedingung für weitere Zahlungen gemacht. Dabei geht es um insgesamt 7,2 Milliarden Euro, die die Geldgeber wegen nicht eingehaltener Auflagen auf Eis gelegt haben. In den vergangenen Tagen war wieder intensiv über eine Staatspleite Griechenlands und ein Ausscheiden aus der Eurozone ("Grexit") spekuliert worden. Nach Informationen der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" verfügt die griechische Regierung nur noch bis 8. April über genügend Liquidität.

Griechenlands Finanzminister Yanis Varoufakis (Foto: AFP)
Griechenlands Finanzminister Yanis VaroufakisBild: Emmanuel Dunand/AFP/Getty Images

Tsipras warnte die Kanzlerin offenbar davor, dass Athen ohne Finanzhilfen von der EU seine Schulden nicht werde zurückzahlen können. Es werde für Griechenland ohne kurzfristige Hilfen in den kommenden Wochen "unmöglich" sein, seine Kreditverpflichtungen zu bedienen, zitierte die "Financial Times", der nach eigenen Angaben ein Brief von Tsipras an Merkel vom 15. März in Kopie vorlag. Ansonsten werde Athen gezwungen sein, sich zwischen der Rückzahlung von Schulden und der Zahlung von Sozialleistungen zu entscheiden, zitiert die Zeitung weiter aus dem Schreiben. Ein griechische Regierungssprecher bestätigte den Bericht und sagte: "Das ist keine Drohung, das ist die Realität."

stu/djo (afp, dpa, rtr)