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Wehrpflicht in Europa

23. August 2010

Die Wehrpflicht ist in weiten Teilen Europas entweder abgeschafft oder ausgesetzt: 21 der 27 EU-Mitgliedsstaaten kommen bereits ohne Wehrpflicht aus. Braucht man sie in den restlichen Staaten noch?

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Ein französischer Soldaten faltet die Flagge der Europäischen Union (Foto: picture-alliance/dpaweb)
Braucht Europa noch eine Wehrpflicht?Bild: picture-alliance / dpa/dpaweb

Viele Länder Europas und auch die meisten Mitgliedsstaaten des transatlantischen Militärbündnisses NATO verzichten ganz oder fast auf sie: die Wehrpflicht. 23 der 28 NATO-Staaten setzen auf Berufsarmeen und auch 21 der 27 EU-Mitgliedsstaaten kommen ohne Wehrpflicht aus. Schweden hat die Wehrpflicht zum 30.06.2010 in Friedenszeiten ausgesetzt. Neben der Türkei ist Deutschland das letzte große NATO-Land, das junge Männer zum Wehrdienst heranzieht. Wehrpflicht herrscht außerdem noch in Griechenland, auf Zypern, in Österreich, Norwegen, Finnland und in Estland.

Grafik zur Wehrpflicht in der EU (Grafik: DW)

Am längsten dauert der Wehrdienst mit 26 Monaten auf Zypern. Am kürzesten ist er in Dänemark mit nur vier Monaten. Allerdings wird die Wehrpflicht in Dänemark nur angewendet, wenn sich nicht genügend Freiwillige für den Dienst an der Waffe melden. Während des Kalten Krieges zwischen der NATO und dem Warschauer Pakt galt in fast allen europäischen Staaten bis in die 1990er-Jahre hinein Wehrpflicht. Viele europäsiche Staaten haben sie aber nach dem Ende des Kalten Krieges abgeschafft, zum Beispiel Frankreich 2001. Nur ausgesetzt wurde die Wehrpflicht in Italien, in den Niederlanden und dem größten NATO-Mitglied, den Vereinigten Staaten von Amerika. Weil im Vietnamkrieg zahlreiche Wehrpflichtige fielen, dienen seit 1973 in den USA nur noch Freiweillige.

Außerhalb der NATO und der EU besteht der militärische Zwangsdienst in Russland, der Ukraine, Weißrussland, Mazedonien, Moldawien, Serbien und in der Schweiz.

Berufssoldaten bevorzugt

Reservisten der zyprischen Armee während einer Übung (Foto: picture-alliance/dpa)
Soldaten der zyprischen ArmeeBild: picture alliance/dpa

Die meisten Armeen sind als Berufsarmeen verkleinert worden, obwohl die allgemeine Erfahrung ist, dass Berufsarmeen teurer sind als Armeen, die sich auf Wehrpflichtige stützen können.

Genügend freiwillige Soldaten anzuwerben, ist in vielen Ländern aber schwierig. Berufssoldaten sind in der Regel besser ausgebildet, viel spezialisierter und effizienter als Wehrpflichtige. Außerdem sind Berufssoldaten leichter im Ausland einsetzbar.

Ursprungsland Frankreich

Anwerbung von Landsknechten und Bauern als Söldner im Dreißigjährigen Krieg (Foto: picture-alliance/akg-images)
Bauern und Landsknechte werden als Söldner im Dreißigjährigen Krieg angeworbenBild: picture-alliance / akg-images

Die moderne Form der Wehrpflicht wurde nach der französischen Revolution erfunden. 1793 stellte die französische Nationalversammlung ein Heer von 300.000 Soldaten in den Provinzen auf. Formen von Zwangsrekrutierung gab es bereits im Mittelalter. Meist waren die Befehlshaber und Offiziere Berufsoldaten oder adelige Ritter, die Fußtruppen wurden zum Dienst gezwungen. Kriege wurde auch mit Söldnerheeren geführt, die gegen Bezahlung für einen Landesherrn kämpften.

In fast allen Staaten, die heute noch eine Wehrpflicht haben, ist es möglich den Dienst mit der Waffe zu verweigern und einen Ersatzdienst zu leisten. Eine Ausnahme bildet in der NATO die Türkei. Hier ist eine Kriegsdienstverweigerung ausdrücklich ausgeschlossen. Der Wehrdienst dauert dort bis zu 15 Monate.

Autor: Bernd Riegert
Redaktion: Nicole Scherschun